5-Fluorouracil mit Mikronährstoffmedizin unterstützen

Wie Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren Nebenwirkungen der Chemotherapie reduzieren

Bei der Behandlung verschiedener bösartiger Tumoren kommt unter anderem der Wirkstoff 5-Fluorouracil zum Einsatz. Er bremst das Zellwachstum der Tumorzellen, hat jedoch wie fast alle Chemotherapeutika auch zahlreiche Nebenwirkungen. Erfahren Sie hier, wie Sie einige dieser Beschwerden mithilfe der Mikronährstoffmedizin lindern können.

Arzt bespricht Ergebnisse mit einer Krebspatientin
Häufig haben Chemotherapien starke Nebenwirkungen wie zum Beispiel Haarausfall, Müdigkeit oder Appetitlosigkeit. Gemeinsam mit dem Arzt sollte besprochen werden, wie diese auch mit der Mikronährstoff-Medizin gelindert werden können. Bild: Ridofranz/iStock/Getty Images Plus

5-Fluorouracil: Wirkung, Anwendung und Nebenwirkungen

Wie wirkt 5-Fluorouracil?

5-Fluorouracil (5-FU) ist ein Wirkstoff, der zur Behandlung verschiedener Krebsarten im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt wird. Das Zytostatikum bremst das Wachstum des Tumors, indem es das Erbgut der Krebszellen schädigt und dadurch ihre Teilung und Vermehrung verhindert. Außerdem behindert es den für die Zelle lebensnotwendigen Eiweißstoffwechsel. 5-FU schädigt allerdings nicht nur Krebszellen, der Wirkstoff greift auch gesunde Zellen an.

Anstelle von 5-FU kommt auch die Vorstufe des Wirkstoffs zum Einsatz, das Capecitabin. Es muss in der Zelle zunächst in 5-FU umgewandelt werden, um seine Wirkung zu entfalten. Da das hierfür verantwortliche Enzym in Tumorzellen wesentlich höher konzentriert ist als im gesunden Gewebe, werden durch Capecitabin vorrangig die Tumorzellen angegriffen, andere Zellen hingegen geschont. Aufgrund dieser Tatsache vertragen viele Menschen Capecitabin wesentlich besser als den aktiven Wirkstoff 5-FU.

5-FU (zum Beispiel Fluorouracil HEXAL®, Fluorouracil-GRY® oder 5-FU medac®) ist vor allem als Injektionslösung erhältlich. Die Vorstufe Capecitabin (zum Beispiel Xeloda®, Ecansya® oder Capecitabin onkovis®) kann dagegen als Tablette eingesetzt werden.

Einsatzgebiete von 5-Fluorouracil

5-FU wird einzeln oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen bei einer Vielzahl von Tumorerkrankungen eingesetzt, insbesondere wenn diese bereits fortgeschritten sind. Hierzu zählen unter anderem:

  • bösartige Tumoren des Magen-Darm-Trakts wie Dickdarmkrebs, Speiseröhrenkrebs oder Magenkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs
  • Brustkrebs
  • Tumoren des Kopf- und Halsbereichs

Nebenwirkungen: 5-Fluorouracil verursacht oft Schleimhautentzündungen, Magen-Darm-Probleme und das Hand-Fuß-Syndrom

Wie bei anderen Krebsmedikamenten kommt es auch unter der Therapie mit 5-FU zu teilweise erheblichen Nebenwirkungen. Diese können unter Umständen so stark sein, dass die Behandlung mit dem Medikament abgebrochen werden muss. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen:

  • Störungen des Magen-Darm-Trakts wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Darmverschluss oder blutiger Stuhl
  • Haut- und Schleimhautentzündungen (Mukositis), insbesondere an der Mundschleimhaut (Stomatitis) und im Verdauungstrakt, Bindehautentzündung
  • Herzerkrankungen wie Herzinfarkt, Vorhofflimmern, Herzstolpern, Herzrhythmusstörungen
  • Blutungen und Blutarmut (Anämie) durch beeinträchtigte oder fehlende Bildung von Blutzellen durch das Knochenmark (Knochenmarksdepression)
  • höhere Infektanfälligkeit, Fieber
  • Schmerzen, zum Beispiel Kopf-, Glieder-, Knochen- oder Gelenkschmerzen
  • Hand-Fuß-Syndrom (schmerzhafte Schwellung und Rötung an Handflächen und Fußsohlen)
  • Schwindel
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)

Einige dieser Nebenwirkungen können mithilfe der Mikronährstoffmedizin gelindert werden – zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden und Schleimhautentzündungen. Zudem kann eine 5-FU-Therapie einen Mangel an einigen Mikronährstoffen hervorrufen:

  • Vitamin B1 hilft, Mangelzuständen durch Capecitabin vorzubeugen.
  • Niacin hilft, einem Niacinmangel und der Folgeerkrankung Pellagra vorzubeugen.
  • Vitamin B6 könnte das Hand-Fuß-Syndrom lindern.
  • Pro- und Präbiotika helfen, die angegriffene Darmschleimhaut zu regenerieren und Magen-Darm-Beschwerden zu lindern.
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Nebenwirkungen vermeiden

Durch 5-Fluorouracil ausgelösten Vitamin-B1-Mangel ausgleichen

Hintergrund und Wirkweise

Menschen, die sich einer 5-FU-Therapie unterziehen, leiden häufig an einem Vitamin-B1-Mangel. Experten vermuten, dass der Wirkstoff den Stoffwechsel von Vitamin B1 stört und so über längere Zeit zu einem Mangel führen kann.

Erste Hinweise auf einen Vitamin-B1-Mangel können Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen und Reizbarkeit sein. In schwereren Fällen ist die Funktion des Nervensystems gestört. Es kommt zu Beschwerden wie Lähmungen, Krämpfen, Muskel- und Nervenschmerzen sowie Herz-Kreislauf-Problemen. Bei manchen Menschen kommt es auch zu einer Erkrankung des Gehirns, der Wernicke-Enzephalopathie. Betroffene leiden dann an Bewusstseinsstörungen, Desorientiertheit oder Gedächtnisschwund sowie an Koordinations- und Sehstörungen.

Erste Berichte über einzelne Patientenschicksale deuten darauf hin, dass Menschen, die durch eine 5-FU-Therapie an einer Wernicke-Enzephalopathie erkranken, von einer hoch dosierten Vitamin-B1-Zufuhr profitieren können. Die Auswirkungen einer hoch dosierten Vitamin-B1-Therapie auf die Krebserkrankung selbst und das Langzeitüberleben der Betroffenen ist allerdings noch nicht in hochwertigen Studien untersucht.

Die Einnahme von hoch dosiertem Vitamin B1 begleitend zur 5-FU-Therapie sollte deshalb nur bei einem nachgewiesenen Mangel erfolgen und auch nur nach Rücksprache mit einem Arzt, der dann die Dosierung festlegt. Die Therapieentscheidung sollte dabei auch von der Stärke des Vitamin-B1-Mangels und der Schwere der Symptome abhängig gemacht werden.

Expertenwissen

Vitamin B1 ist für die Zellteilung nötig. Erste Ergebnisse aus Tierversuchen weisen darauf hin, dass Vitamin B1 in bestimmten Dosierungen das Tumorwachstum fördern könnte. Sehr hohe Dosierungen waren dagegen für die Tumorzellen schädlich: Bei Mäusen führte die Gabe der 12,5- bis 75-fachen empfohlenen Tageszufuhr (20 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) Körpergewicht) gegenüber der Kontrollgruppe (keine Vitamin-B1-Gabe) zu einer deutlichen Zunahme des Tumorwachstums. Das maximale Tumorwachstum wurde bei der 25-fachen empfohlenen Tageszufuhr beobachtet. Im Bereich der 125- bis 250-fachen empfohlenen Tageszufuhr war das Tumorwachstum in beiden Gruppen vergleichbar. Bei sehr hohen Dosen (2.500-fache empfohlene Tagesdosis) kam es dagegen zu einer Hemmung des Tumorwachstums um 36 Prozent.

Dosierung und Einnahmeempfehlung von Vitamin B1

Die bisherigen Studien an Menschen sind noch nicht ausreichend, um allgemeingültige und sichere Empfehlungen für Vitamin B1 bei einer 5-FU-Therapie geben zu können. In jedem Fall sollten Betroffene die Einnahme und Dosierung eines Vitamin-B1-Präparats mit ihrem behandelnden Arzt abklären.

Expertenwissen

In einer kleinen älteren klinischen Studie erhielten Patienten im Rahmen einer 5-FU-Behandlung täglich eine Dosis von 100 Milligramm (mg) Vitamin B1 pro Tag, um einen bestehenden Vitamin-B1-Mangel zu beheben. Dies entspricht der üblichen, von Medizinern im Falle einer Mangelversorgung empfohlenen Dosis und damit etwa der 100-fachen empfohlenen Tageszufuhr.

Erste Ergebnisse aus einer Tierstudie legen aber nahe, dass der Ausgleich eines Vitamin-B1-Mangels bei Krebspatienten eher in einer noch höheren Dosierung erfolgen sollte (2.500-fache empfohlene Tagesdosis), da durch die höhere Dosierung das Tumorwachstum nicht gefördert werden könnte. Grundsätzlich fehlen Daten, um sichere Angaben machen zu können.

Vitamin B1 im Labor bestimmen lassen

Ein Vitamin-B1-Test
Bild: jarun011/iStock/Getty Images Plus

Bei einer Behandlung mit 5-FU sollte der Vitamin-B1-Status im Blut engmaschig kontrolliert werden. Im Labor wird mit einem Test geprüft, ob eine Vitamin-B1-Zugabe zum Blut eine bestimmte Enzymaktivität bessert (Transketolaseaktivität). Ist das der Fall, liegt ein Vitamin-B1-Mangel vor.

Dieser Wert (EKT/EKT0) liegt bei einer ausreichenden Vitamin-B1-Versorgung normalerweise bei 1,15. Steigt der Wert über 1,25, liegt ein Vitamin-B1-Mangel vor.

Niacinmangel behandeln

Hintergrund und Wirkweise

Einzelnen Patientenfällen zufolge, kann die längere Anwendung von 5-FU zu einer Mangelversorgung mit Niacin führen. Eine mögliche Folgeerkrankung ist Pellagra, die sich mit Durchfall, Hautentzündungen (Dermatitis) oder Vergesslichkeit (Demenz) bemerkbar macht. Darüber hinaus können Beschwerden wie Appetitverlust, Schlaflosigkeit, Schwäche oder Gedächtnisstörungen auf einen Niacinmangel hindeuten.

Der Nutzen einer Niacinergänzung im Rahmen der 5-FU-Therapie ist noch nicht in wissenschaftlichen Studien untersucht, allerdings könnte ein Ausgleich des Mangels sinnvoll sein. Ein Arzt sollte daher bei entsprechenden Symptomen auf einen Niacinmangel testen und bei Bedarf ein geeignetes Niacinpräparat empfehlen.

Dosierung und Einnahmeempfehlung von Niacin

Bei einem Niacinmangel (Pellagra) kann je nach Ausprägung eine Dosierung zwischen 50 bis 100 Milligramm Niacin pro Tag versucht werden. Höhere Dosierungen sind bei Krebs bisher nicht getestet. Betroffene sollten vor der Einnahme Rücksprache mit ihrem Arzt halten, um die geeignete Dosierung abzuklären.

Ein Problem, das bei der Einnahme von Niacin als Nicotinsäure ab einer Dosis von 50 bis 100 Milligramm auftreten kann, ist der sogenannte Flush. Dabei weiten sich plötzlich die Blutgefäße, sodass es zu Hautrötungen, Hitzegefühl, Juckreiz und Kribbeln kommt. Um die harmlose, aber unangenehme Nebenwirkung zu vermeiden, sollten Sie bei der Wahl eines Niacinpräparats auf die Form achten: Nicotinamid lässt den Blutspiegel nur langsam ansteigen und verursacht weniger Nebenwirkungen. Dies gilt vermutlich auch für die Form Inositol-Hexaniacinat.

Nehmen Sie Niacinpräparate am besten zusammen mit einer Mahlzeit und mit viel kalter Flüssigkeit ein. Auch hierdurch lässt sich ein Flush eventuell vermeiden.

Niacin im Labor bestimmen lassen

Der Niacinstatus kann entweder im Blut oder im Urin überwacht werden. Bei einem Mangel ist dann im Blutserum weniger als 10 Mikrogramm Niacin pro Liter enthalten. Normale Werte liegen zwischen 10 und 100 Mikrogramm pro Liter.

Im Urin lässt sich ein Abbauprodukt von Niacin (zum Beispiel N1-Methylnicotinamid) nachweisen. Ein Wert von weniger als 5,8 Mikromol pro Tag deutet auf einen Mangel hin; normal sind Werte von über 17,5 Mikromol pro Tag.

Zu beachten bei bestimmten Erkrankungen und Medikamenteneinnahme

Niacin sollte nicht gemeinsam mit bestimmten Antibiotika, den Tetrazyklinen (Fluorex Plus®, Mysteclin®), eingenommen werden, da es deren Aufnahme in den Körper behindert. Empfohlen wird ein Einnahmeabstand von zwei bis drei Stunden.

Hoch dosiertes Niacin als Nicotinsäure steigert die Wirkung von Blutverdünnern (zum Beispiel Marcumar®, Falithrom®) und Blutdrucksenkern (zum Beispiel Delix®, Ramicard®, Ramiclaire®). Eine Einnahme von Niacin als Nicotinsäure sollte daher mit dem behandelnden Arzt besprochen und von ihm kontrolliert werden.

Die Einnahme hoher Dosen Niacin kann eine bestehende Gicht verschlechtern und die Wirkung des Gichtmedikaments Allopurinol (zum Beispiel Zyloric®, Allobeta®) beeinträchtigen. Wer an Gicht leidet, sollte daher eine Einnahme von Niacin mit dem behandelnden Arzt besprechen.

Ist Vitamin B6 gegen das Hand-Fuß-Syndrom bei 5-FU wirksam?

Die chemische Formel für das Vitamin B6
Die Einnahme von hoch dosiertem Vitamin B6 hat mitunter starke Nebenwirkungen. Bis genauere Studien vorliegen, sollte hoch dosiertes Vitamin B6 begleitend zur 5-FU-Therapie nur auf Anraten des Arztes eingenommen werden. Dieser legt dann auch die genaue Dosierung fest. Bild: Zerbor/iStock/Getty Images Plus

Das Hand-Fuß-Syndrom ist eine häufige Nebenwirkung der Capecitabin-Behandlung (Vorstufe von 5-FU). Betroffene leiden dann an einer schmerzhaften Schwellung und Rötung an Händen und Füßen. Vitamin B6 benötigt der Körper zum Schutz des Nervensystems. Eine unterstützende Behandlung mit Vitamin B6 kann daher infrage kommen. Ob Vitamin B6 das Hand-Fuß-Syndrom allerdings immer lindern kann, ist noch nicht eindeutig geklärt.

Vereinzelte, kleinere Vorstudien haben ergeben, dass sich die schmerzhafte Schwellung und Rötung von Händen und Füßen vermutlich durch die Zufuhr von hoch dosiertem Vitamin B6 oder seiner aktiven Form, dem Pyridoxalphosphat, behandeln lässt. Das Thema ist aber umstritten, da eindeutige Beweise fehlen: So litten in einer ersten Vorstudie Patienten mit Dickdarm- oder Brustkrebs, die zusätzlich zur Capecitabin-Therapie täglich 400 Milligramm Vitamin B6 erhielten, seltener am Hand-Fuß-Syndrom als Patienten, die nur 200 Milligramm Vitamin B6 erhielten.

Allerdings führte die hohe Vitamin-B6-Dosis auch zu einer schwerwiegenden Nebenwirkung: Die Tumoren dieser Patienten wuchsen schneller als die Tumoren von Patienten in der Vergleichsgruppe und die Betroffenen sprachen schlechter und weniger lange auf die Capecitabin-Therapie an. Die Auswirkung von hoch dosiertem Vitamin B6 (400 Milligramm) auf das Tumorwachstum und auf die Wirksamkeit von 5-FU wurde bislang nicht in wissenschaftlichen Studien untersucht.

Niedrigere Vitamin-B6-Dosen waren dagegen unwirksam. Eine hochwertige Studie und eine Vorstudie kamen zu dem Ergebnis, dass die vorbeugende Gabe von Pyridoxin in einer Dosierung von bis zu 100 Milligramm keinen Einfluss auf die Häufigkeit des Hand-Fuß-Syndroms hat.

Experten diskutieren auch, ob eine Vorstufe von Vitamin B1 (Benfotiamin, 150 bis 300 Milligramm am Tag) die Wirkung von Vitamin B6 im Zusammenhang mit dem Hand-Fuß-Syndrom unterstützen kann. Dazu liegen bisher aber noch keine Studien vor.

Dosierung und Einnahmeempfehlung von Vitamin B6

Bis genauere Studien vorliegen, sollte hoch dosiertes Vitamin B6 begleitend zur 5-FU-Therapie nur auf Anraten des Arztes eingenommen werden. Der Arzt legt dann auch die genaue Dosierung fest.

Expertenwissen

In einer vorläufigen Studie wurden 200 und 400 Milligramm (mg) Vitamin B6 pro Tag eingesetzt. Mit niedrigeren Dosierungen von 100 bis 200 Milligramm pro Tag wird experimentiert. Die geringe Menge war jedoch unwirksam. Bei den wirksamen höheren Dosierungen ist hingegen große Vorsicht geboten, da diese im Verdacht stehen, das Tumorwachstum zu begünstigen.

Zu beachten bei Erkrankungen und Medikamenteneinnahme

Hoch dosiertes Vitamin B6 schwächt die Wirkung von Medikamenten gegen Epilepsie und Parkinson ab. Deshalb sollten Sie nicht mehr als 5 Milligramm Vitamin B6 am Tag einnehmen, wenn Sie auf diese Medikamente angewiesen sind. Zu den betroffenen Epilepsie-Medikamenten (Antiepileptika) gehören Phenobarbital (Luminal®) und Phenytoin (Phenhydan®, Zentropil®). Zu den Parkinson-Medikamenten mit dem Wirkstoff L-Dopa (Levodopa) zählen unter anderem Levopar®, Madopar®, Duodopa®und Stalevo®.

Darmschleimhaut regenerieren mit Pro- und Präbiotika

Hintergrund und Wirkweise

Wie alle Chemotherapeutika greift 5-FU nicht nur die Krebszellen, sondern auch die gesunden Zellen an. Insbesondere die Schleimhautzellen reagieren empfindlich auf die Chemotherapie. Viele Menschen leiden deshalb während einer 5-FU-Behandlung an schmerzhaften Entzündungen der Schleimhaut (Mukositis), die das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigen können. Ist die Magen-Darm-Schleimhaut betroffen, kommt es zu Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Erbrechen und Durchfall, Schleimhautgeschwüren und Infektionserkrankungen. Um dies zu verhindern, verordnen Ärzte häufig Antibiotika.

Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass auch Pro- und Präbiotika einen wesentlichen Beitrag zur Behandlung von Schleimhautentzündung leisten können. Der positive Einfluss von Probiotika (gesundheitsfördernde Bakterien) geht vermutlich darauf zurück, dass sie die Schleimhautbesiedlung mit Krankheitserregern vermindern und daher die Entzündung zurückdrängen. Nebenbei stärken sie das Immunsystem und fördern die Regeneration der Schleimhaut. Präbiotika (Ballaststoffe) dienen den guten Bakterien dagegen als Nahrungsquelle und sorgen dafür, dass sie sich vermehren können.

Die Wirkung von Pro- und Präbiotika im Rahmen einer 5-FU-Therapie wurde bisher in einer ersten Vorstudie untersucht. Darin zeigte sich, dass Darmkrebspatienten, die zusätzlich zur 5-FU-Chemotherapie täglich Lactobacillus rhamnosus GG und Präbiotika erhielten, seltener an schweren Durchfällen und Bauchschmerzen litten. Zudem mussten weniger Patienten aufgrund der schädlichen (toxischen) Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt die Dosierung ihrer Chemotherapie verringern.

Zahlreiche Tierstudien untermauen den positiven Einfluss von Pro- und Präbiotika: Sie konnten bei Ratten und Mäusen den Schweregrad der Schleimhautentzündung und Beschwerden wie Durchfall und Gewichtsverluste wirksam verringern. Außerdem wirkte sich die Gabe von Probiotika positiv auf die Zusammensetzung der Darmflora aus. Diese gerät unter einer 5-FU-Therapie häufig aus dem Gleichgewicht und kann so zur Entstehung einer geschädigten Schleimhaut beitragen. 

Info

Untersuchungen an Zellkulturen liefern erste Hinweise darauf, dass Probiotika die Wirkung von 5-FU verbessern können. Auch können sie möglicherweise die Entstehung von resistenten Krebszellen verhindern, die nicht mehr auf die 5-FU-Behandlung ansprechen. Am Menschen wurde dies jedoch noch nicht untersucht. Die vielversprechenden Ergebnisse zur Wirkunterstützung aus Tier- und Zellversuchen müssen deshalb in Zukunft durch hochwertige Studien am Menschen abgesichert werden.

Dosierung und Einnahmeempfehlung von Probiotika und Präbiotika

Eine Dose mit probiotischem Pulver
Ob die Einnahme von Probiotika bei 5-FU-Therapie für Sie geeignet ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen. In der Regel sollten Probiotika bei einem sehr stark geschwächten Immunsystem nicht eingenommen werden. Bild: nadisja/iStock/Getty Images Plus

Da Probiotika bei einem sehr stark geschwächten Immunsystem nicht eingenommen werden sollten, besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob Probiotika für Sie bei einer 5-FU-Therapie geeignet sind. Präbiotika sind dagegen auch bei einem geschwächten Immunsystem unproblematisch.

Damit genügend Bakterien aus dem Probiotika-Präparat lebend im Darm ankommen, sind gewisse Mengen notwendig. Deshalb empfehlen Ärzte täglich mindestens eine Milliarde (109), besser 10 bis 20 Milliarden (2 x 1010) Bakterien. Sie werden als koloniebildende Einheiten angegeben. Besonders sinnvoll sind Laktobazillen wie Lactobacillus rhamnosus, Bifidobakterien, Escherichia coli und der Hefepilze Saccharomyces boulardii. Damit ein gesundheitsfördernder Effekt spürbar wird, müssen Probiotika über einen längeren Zeitraum regelmäßig angewendet werden.

Nehmen Sie Probiotika am besten zu den Mahlzeiten oder zusammen mit viel Flüssigkeit ein. Kapseln können Sie mit etwas Wasser zu sich nehmen. Pulverförmige Produkte mischen Sie mit Wasser, Milch oder Joghurt.

Zusätzlich zu den Probiotika empfiehlt sich die Einnahme von Präbiotika wie resistente Stärke oder deren Abbauprodukte (resistente Dextrine). Es eignet sich eine Dosierung von bis zu 25 Gramm pro Tag, verteilt auf die Mahlzeiten. Lösen Sie das Pulver am besten in kalter oder warmer Flüssigkeit auf, zum Beispiel in Wasser, Suppen oder Brühen.

Anfänglich kann es bei der Einnahme von Präbiotika wie resistenter Stärke zu Blähungen kommen. Es empfiehlt sich deshalb, den Darm langsam an die gesteigerte Ballaststoffmenge zu gewöhnen. Beginnen Sie daher zunächst mit einem Drittel der Tagesdosis (8 Gramm über den Tag verteilt) und steigern Sie die Dosis langsam.

Zu beachten bei Erkrankungen und Medikamenteneinnahme

Sehr geschwächte Patienten mit unterdrücktem Immunsystem, Personen mit zentralen Venenzugängen (zum Beispiel bei Chemotherapie), Herzklappenerkrankungen oder Kurzdarmsyndrom sollten keine Probiotika einnehmen. Besprechen Sie vor der Einnahme am besten mit Ihrem Arzt, ob Probiotika für Sie geeignet sind.

Einige probiotische Bakterien bilden möglicherweise Histamin im Darm. Daher kann eine Probiotika-Einnahme bei einer Histaminintoleranz Beschwerden hervorrufen. Dazu gehören folgende Bakterienarten: Lactobacillus casei, Lactobacillus delbrueckii ssp. bulgaricus, Lactobacillus reuteri, Lactococcus lactis und Enterococcus faecium.

Müssen Sie Antibiotika einnehmen, sollte ein zeitlicher Abstand zum Probiotikum von zwei Stunden eingehalten werden: Antibiotika töten nicht nur krankmachende Bakterien, sondern auch die nützlichen Darmbakterien.

Dosierungen auf einen Blick

Mikronährstoff-Empfehlung bei 5-FU-Therapie pro Tag

 

Vitamine

Vitamin B1

Dosierung in Rücksprache mit dem Arzt

Niacin

50 bis 100 Milligramm (mg) in Rücksprache mit dem Arzt

Vitamin B6

Dosierung in Rücksprache mit dem Arzt

  
 

Sonstige

Probiotika (Lakto- und Bifidobakterien)

109 bis 2 x 1010 koloniebildende Einheiten (KBE), in Rücksprache mit dem Arzt

Präbiotika (resistente Stärke)

25 Gramm (g)

 

Sinnvolle Laboruntersuchungen auf einen Blick

Sinnvolle Blutuntersuchungen bei 5-FU-Therapie

 

Normalwerte

Vitamin B1 (EKT/EKT0)

1,15

Niacin (Serum)

10 bis 100 Mikrogramm pro Liter (µg/l)

 

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Zusammenfassung

5-FU wird zur Behandlung bestimmter Krebserkrankungen eingesetzt, wie zum Beispiel bösartigen Tumoren des Magen-Darm-Trakts oder der Brust. Es hemmt das Wachstum und die Vermehrung der Tumorzellen. Da die Wirkung des Medikaments nicht auf die Krebszellen beschränkt ist, sondern auch die gesunden Zellen in Mitleidenschaft zieht, kommt es während der Therapie mit 5-FU zu zahlreichen Nebenwirkungen.

Einige Nebenwirkungen lassen sich mithilfe von Mikronährstoffen abmildern. So können durch die Einnahme von Vitamin B1 Folgeerscheinungen wie eine Wernicke-Enzephalopathie verhindert werden und durch Niacin Symptome der Pellagra. Ob das Auswirkungen auf den Therapieerfolg hat, steht noch nicht fest. Auch ob Vitamin B6 das Hand-Fuß-Syndrom lindern kann, ohne den Erfolg der Krebstherapie zu schmälern, ist noch unsicher. Bei Pro- und Präbiotika liegen jedoch erste vielversprechende Daten vor: Sie können eventuell dabei helfen, die angegriffene Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt zu schützen und zu regenerieren.

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Verzeichnis der Studien und Quellen

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