Anti-Aging war gestern, Well-Aging ist heute

Wir können das Altern nicht aufhalten, aber wir können gesund altern – zum Beispiel mit Coenzym Q10 für das Herz.

Älteres Ehepaar spielt auf der Schaukel
Coenzym Q10 ist unverzichtbar für den Energiestoffwechsel und eines der wichtigsten Antioxidantien. Mit zunehmendem Alter werden Störungen im Energiestoffwechsel und oxidativer Stress beobachtet. Dies sind zwei der vielen Alterungstheorien, wo Coenzym Q10 helfen kann, damit wir gesund altern. Bild: jacoblund/iStock/Getty Images Plus

Wir werden immer älter, aber nicht gesünder

Die Menschen in Deutschland werden durchschnittlich immer älter, allerdings nicht unbedingt gesünder: Innerhalb von 23 Jahren ist die Lebenserwartung zwar um ungefähr sechs Jahre gestiegen. Mit steigender Lebenserwartung sinkt jedoch die Anzahl der Jahre in guter Gesundheit. Ein im Jahr 2013 geborener Mensch ist rechnerisch 9,2 Jahre seines Lebens krank. Menschen, die 1990 geboren wurden, sind dagegen noch knapp ein Jahr kürzer krank (8,4 Jahre). Zu diesem Ergebnis kommen Forscher durch eine große Auswertung von Daten aus insgesamt 188 Ländern weltweit. Und damit sind die Deutschen sogar länger krank als die Bevölkerung anderer europäischer Länder – zum Beispiel aus Skandinavien, Belgien oder Frankreich. Dies zeigt ein Vergleich aus Europa.

Hinzu kommt, dass viele Menschen ab 65 Jahren nicht nur an einer chronischen Krankheit leiden, die ihnen die gesunden Lebensjahre raubt – viele haben auch zwei oder mehr Erkrankungen gleichzeitig. Schmerzen, Entzündungen und zunehmende Einschränkungen im Alltag sind nur einige der Folgen.

Anti-Aging aus Sicht der Mikronährstoffmedizin

Beim Thema Altern sollte es daher nicht vordergründig darum gehen, dass unsere Haut lange schön und faltenfrei bleibt – sondern vielmehr darum, dass wir lange gesund sind. Die Lebensqualität muss als hohes Gut berücksichtig werden. Es geht also viel mehr darum, „gut“ zu altern (Well-Aging) und nicht per se gegen die Falten des Alterns anzukämpfen (Anti-Aging).

An dieser Stelle setzt die Mikronährstoffmedizin an. Ziel ist es, den vorhandenen biochemischen Baukasten an Mikronährstoffen so optimal wie möglich einzustellen. Das heißt, biochemische Prozesse im Körper sollten so optimiert werden, dass der Alterungsprozess abgeschwächt wird – mit dem Schwerpunkt, die Lebensqualität möglichst lange auf einem hohen Niveau zu halten.

Wodurch wird der Alterungsprozess beeinflusst?

Bis heute ist nicht geklärt, was die genauen Mechanismen des Alterns sind. Forscher diskutieren deshalb verschiedene Alterungstheorien:

  • Lebensstil: Ernährung, Genussmittel wie Alkohol und Nikotin, körperliche Bewegung sowie psychischer Stress sind maßgeblich am Alterungsprozess beteiligt. Vitamine und Mineralstoffe schützen unsere Zellen und sorgen dafür, dass sie ausreichend Stoffwechselenergie (ATP = Adenosintriphosphat) bilden können. Eine nachlassende Produktion an Stoffwechselenergie wird mit dem Altern in Verbindung gebracht. Alkohol, Nikotin, ein Bewegungsmangel und übermäßiger Stress belasten dagegen den Körper.
  • Hormone: Die Bildung der meisten Hormone nimmt mit dem Alter ab. Neben den Sexualhormonen wie Östrogen und Testosteron fallen auch die Konzentrationen an Wachstumshormonen. Wachstumshormone steuern unter anderem die Regeneration der Zellen und Gewebe, während wir schlafen.
  • Entzündungen: Mit dem Alter lässt die Immunfunktion nach. Das hat Folgen für die Ausschüttung von Botenstoffen: Es häufen sich entzündungsfördernde Botenstoffe an. Zwar kommt es nicht zu einer spürbaren Entzündung – man nimmt jedoch an, dass solche „stillen“ Entzündungen mitbeteiligt sind an der Entstehung vieler chronischer Erkrankungen wie Arteriosklerose und Diabetes.
  • Oxidativer Stress: Freie Radikale können DNA-Abschnitte schädigen und damit die Alterung beschleunigen. Solche freien Radikale entstehen natürlicherweise im Stoffwechsel, zum Beispiel im Rahmen der Energiegewinnung und werden durch Antioxidantien abgefangen. Im Alter kommt es vermutlich zu einer Abschwächung der körpereigenen Antioxidantien und Reparaturmechanismen.

Allerdings kann keine dieser Theorien allein das Altern erklären. Deshalb geht man davon aus, dass viele Faktoren zusammenkommen und letztendlich in der Gesamtheit dafür sorgen, dass wir altern.

Coenzym Q10 – ein wichtiger Mikronährstoff im Alter

Coenzym Q10 ist eine vitaminähnliche Substanz, die in jeder Zelle unverzichtbar ist. Coenzym Q10 hat im Wesentlichen zwei Aufgaben: Es wird für die Gewinnung von Stoffwechselenergie (ATP) in den Zellkraftwerken benötigt und schützt als Antioxidans unsere Zellen vor oxidativem Stress. Coenzym Q10 setzt also an zwei Alterungstheorien an.

Der Körper kann Coenzym Q10 selbst bilden und bekommt es in geringeren Mengen auch über die Nahrung. Insbesondere Fleisch und Fisch sind Coenzym-Q10-Lieferanten. Zum Beispiel liefern 100 Gramm Hering ungefähr 2 Milligramm Coenzym Q10. Um auf nennenswerte Mengen zu kommen, müssten wir allerdings täglich sehr viel Hering essen: für 20 Milligramm ist ein Kilogramm Hering nötig. Der Körper ist daher unbedingt auf die eigene Produktion angewiesen.

Mit steigendem Alter sinkt jedoch die körpereigene Bildung von Coenzym Q10, sodass die Speicher in den Organen sinken und meist auch die Blutspiegel abnehmen. Zudem wiesen Forscher einen hohen Anteil an verbrauchtem (oxidiertem) Coenzym Q10 nach (Ubiquinon). Dieses entsteht, wenn freie Radikale abgefangen wurden. Es ist ein indirektes Zeichen für oxidativen Stress und erst mal für den Körper nicht mehr nutzbar: Verbrauchtes Coenzym Q10 muss regeneriert werden (zu Ubiquinol). Forscher vermuten, dass dieser Umwandlungsprozess ebenfalls mit dem Alter eingeschränkt ist.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Studien, die zeigen, dass auch Personen mit chronischen Erkrankungen schlechter mit Coenzym Q10 versorgt sind – das verschärft das Problem des Coenzym-Q10-Mangels im Alter zusätzlich. Und nicht zuletzt wird Coenzym Q10 durch viele Medikamente (vor allem cholesterinsenkende Statine) vermindert gebildet. Der Mangel ist dann für Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen verantwortlich.

Illustration der körpereigenen Coenzym-Q10-Bildung im Laufe der Jahre
Das Herz hat ab einem Alter von 40 Jahren 30 Prozent weniger Coenzym Q10 als im Alter von 20 Jahren. Ab 77 Jahren sind es sogar knapp 60 Prozent weniger. Bild: kowalska-art/iStock/Getty Images Plus

Kann Coenzym Q10 den Alterungsprozess aufhalten?

In einigen Tierversuchen führte die Ergänzung von Coenzym Q10 tatsächlich zu einer Lebensverlängerung. So einfach ist es bei Menschen aber nicht: Für Menschen konnte ein direkter lebensverlängernder Effekt bisher nicht nachgewiesen werden. Es scheint also unwahrscheinlich, dass wir zehn oder sogar 20 Jahre länger leben, wenn wir eine bestimmte Menge an Coenzym Q10 ergänzen.

Was die Studien allerdings zeigen ist, dass Coenzym Q10 dabei helfen kann, dass wir gesund altern: Viele hochwertige Studien belegen eine Senkung von Markern für oxidativen Stress bei unterschiedlichen Personengruppen im Gegensatz zu Scheinmedikamenten. Auch eine leichte Senkung der Entzündungswerte durch Coenzym Q10 wurde nachgewiesen. Da oxidativer Stress und Entzündungen maßgeblich in das Krankheitsgeschehen involviert sind, kann die Ergänzung von Coenzym Q10 hier ansetzen.

Betrachtet man allein die gesundheitsbezogene Lebensqualität, ging es Senioren besser, wenn sie 200 Milligramm Coenzym Q10 in Kombination mit Selen (200 Mikrogramm) ergänzten. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher, als sie Daten von 206 Senioren auswerteten, die vier Jahre lang entweder ein Mikronährstoffpräparat einnahmen oder ein Scheinmedikament.

Coenzym Q10 für ein starkes Herz

Besonders Organe, die sehr viel Energie brauchen, haben einen hohen Gehalt an Coenzym Q10. Dazu zählt neben der Muskulatur und der Leber auch das Herz. Es liegt also nah, dass der abnehmende Coenzym-Q10-Gehalt vor allem Auswirkungen auf die Herzgesundheit hat.

Coenzym Q10 unterstützt die Pumpleistung des Herzens. Es sorgt dafür, dass die Herzmuskelzellen genug Energie produzieren, um die alltäglichen Anforderungen an unser Herz bewältigen zu können. Wissenschaftler kamen durch eine Studienauswertung zu dem Ergebnis, dass die Ergänzung von Coenzym Q10 die Auswurffraktion des Herzens steigern kann im Gegensatz zu Scheinmedikamenten. Unter Auswurffraktion versteht man die Menge an Blut, die die linke Herzkammer in den Körper pumpen kann im Verhältnis zur gesamten Blutmenge in der Herzkammer.

Bei Personen mit chronischer Herzschwäche konnte sogar eine Verbesserung der Herzschwäche erreicht werden, nachdem sie zwei Jahre lang täglich 300 Milligramm Coenzym Q10 eingenommen hatten. Gemessen wurde dies anhand der NYHA-Klassifikation. Die NYHA-Klassifikation ist ein offizielles Schema nach der New Yorker Herzgesellschaft (New York Heart Association), das zur Einteilung einer Herzschwäche in verschiedene Stadien verwendet wird.

Daneben gibt es zahlreiche weitere hochwertige Studien und auch Studienauswertungen, mit denen Forscher einen Nutzen von Coenzym Q10 bei Herzerkrankungen belegen. Die Wirkung von Coenzym Q10 ist in der Regel dosisabhängig: Je weiter die Herzerkrankung fortgeschritten ist, desto höher sollte die Dosierung sein. Als Faustregel sind mindestens 200 Milligramm Coenzym Q10 täglich nötig, um eine Verbesserung zu erreichen.

Info

Gerade in Sachen Herz ergänzt L-Carnitin die Wirkung von Coenzym Q10 ideal. L-Carnitin ist ebenfalls unverzichtbar für die Energieproduktion in den Zellen. Es sollte im Rahmen der Mikronährstoffmedizin bei chronischer Herzschwäche in keinem Fall fehlen

Schlussfolgerung

Wir können das Altern nicht aufhalten. Allerdings haben wir enormen Einfluss drauf, wie wir altern – und dabei kann die Mikronährstoffmedizin einen wichtigen Beitrag leisten. Die herausragende Bedeutung von Coenzym Q10 für ein starkes Herz ist nur ein Beispiel von vielen. Coenzym Q10 senkt zum Beispiel auch den Blutdruck oder kann dabei helfen, die Blutzuckerspiegel bei Diabetes im Zaum zu halten.

Oft geben Ärzte alle möglichen Medikamente gegen diese Erkrankungen. Kein Medikament kann allerdings den Coenyzm-Q10-Mangel beheben, der natürlicherweise mit dem Alterungsprozess einhergeht. Im Gegenteil: bestimmte Medikamente (cholesterinsenkende Statine) stören sogar die noch übrig gebliebene körpereigene Coenzym-Q10-Bildung. Coenzym Q10 sollte daher immer Teil der Therapie sein, vor allem bei Herzerkrankungen – denn Coenzym Q10 ist unverzichtbar für ein starkes Herz und dafür, dass wir gesund alt werden.

Verzeichnis der Studien und Quellen

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Über den Autor

Dr. med. Rainer Spichalsky

Herr Dr. med. Spichalsky ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Neben der schulmedizinischen Ausbildung erwarb er weitere Fachqualifikationen als Arzt für Applied  Kinesiology, F.X. Mayer Arzt und manuelle Therapie. Zudem ist Herr Dr. med Spichalsky zertifizierter Anti-Aging-Arzt gemäß GSAAM und Orthomolekular-Therapeut. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer ärztlichen Partnerschaftsgesellschaft ist der diplomierte Gesundheitsheitsökonom unter anderem auch Dozent für orthomolekulare Therapie.