Sind Grüntee-Kapseln gefährlich?

Neue Warnhinweise auf Präparaten mit Grüntee-Extrakt – das ist zu beachten

Grünteepräparate und richtiger grüner Tee
Grüntee-Kapseln sind trotz neuer Warnhinweise nicht automatisch gefährlich. Wichtig ist, dass man die Hinweise auf der Verpackung befolgt. Bild: iStock.com/pixura

Ist grüner Tee gesund?

Grüntee hat in vielen Kulturen eine lange Tradition. Aufgrund seiner vielen positiven Wirkungen auf die Gesundheit ist Grüntee auch in der Mikronährstoffmedizin beliebt. Er gilt unter anderem als Anti-Aging-Mittel und könnte das Abnehmen unterstützen. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln bieten Grüntee-Extrakt-Kapseln an, die eine hohe Menge an Pflanzenstoffen wie Catechinen liefern.

Auf dem Etikett von Präparaten mit Grüntee-Extrakt liest man neuerdings jedoch Warnhinweise – wie „Sollte nicht verzehrt werden, wenn am selben Tag andere Erzeugnisse mit grünem Tee konsumiert werden“. Was hat es mit diesen Warnungen auf sich? Ist Grüntee doch nicht so gesund, wie sein Ruf vorgibt, oder ist Grüntee-Extrakt sogar schädlich?

Die gute Nachricht vorab: Teetrinker müssen nicht auf ihr Lieblingsgetränk verzichten. Das Trinken von grünem Tee gilt weiterhin als sicher.  Auch Präparate können unter Einhaltung der Verzehrempfehlung weiterhin eingenommen werden. Was dabei zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Grüner Tee: Inhaltsstoffe

Grüner Tee wird aus den Blättern der Teepflanze (Camellia sinensis) hergestellt. Wichtige Inhaltsstoffe sind vor allem Catechine, die auch für die Wirkung auf die Gesundheit verantwortlich sind. Epigallocatechingallat (EGCG) ist das Wichtigste. Es wirkt antioxidativ sowie antientzündlich und wurde bereits in vielen Studien untersucht. Unter anderem werden Präparate mit grünem Tee bei hohem Cholesterin und hohem Blutdruck getestet sowie zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Förderung der Fettverbrennung.

Doch nicht alle Studien sind ausschließlich positiv: Es gibt Bedenken, dass EGCG in hohen Mengen der Leber schaden könnte.

Grüner Tee: Sind Leberschäden möglich?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Grüntee unter die Lupe genommen. Anlass dafür war, dass bei einzelnen Personen Leberschäden aufgetreten sind, die möglicherweise auf hoch dosierten Grüntee-Extrakt zurückzuführen waren. Dies hat bei Wissenschaftlern für Aufmerksamkeit gesorgt. Auch Verbraucher sind dadurch verunsichert worden.

In den unter die Lupe genommenen Studien stiegen bei den Teilnehmern im Vergleich zu den Kontrollpersonen bestimmte Leberwerte an (Serumtransaminasen). Dies deutet auf eine Leberschädigung hin. Die EFSA folgert, dass Dosierungen von 800 Milligramm EGCG oder mehr pro Tag für die Leber problematisch sein könnten. Welche EGCG-Dosierung unbedenklich ist, konnten die Experten noch nicht eindeutig festlegen. Das liegt unter anderem an unterschiedlichen Herstellungsverfahren und abweichender Zusammensetzung der Extrakte. Zudem fehlen hochwertige Studien.

Als Grüntee-Extrakt-Nebenwirkungen wurden außerdem Verstopfung, Magen-Darm-Probleme und Übelkeit beschrieben.

Die neue „Grüntee-Verordnung“ – ein Überblick

Die Europäische Kommission hat auf die Bedenken der EFSA reagiert und im November 2022 eine Verordnung erlassen mit Vorgaben für Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Seitdem dürfen nur noch Präparate verkauft werden, die den Anforderungen entsprechen.

Diese sind: Der EGCG-Gehalt pro Portion muss auf dem Etikett ersichtlich sein und insgesamt unter 800 Milligramm pro Tag liegen. Wenn es um isoliertes Epigallocatechin-3-gallat geht, gilt ein Höchstwert von 150 mg Extrakt pro Portion und der Hersteller muss kenntlich machen, dass 300 Milligramm des Extraktes nicht überschritten werden sollten. Zudem sind Hersteller verpflichtet, auf der Verpackung folgende Warnhinweise anzugeben:

  • „Sollte nicht verzehrt werden, wenn am selben Tag andere Erzeugnisse mit grünem Tee konsumiert werden.“
  • „Sollte nicht von schwangeren oder stillenden Frauen und Kindern unter 18 Jahren verzehrt werden.“
  • „Sollte nicht auf nüchternen Magen verzehrt werden.“

Warum gibt es die Warnungen?

Mit den Warnhinweisen soll erreicht werden, dass es nicht zu einer Überdosierung von Grüntee-Extrakt kommt. Nimmt man Präparate nüchtern ein, steigt der EGCG-Spiegel in der Leber mehr an, als wenn sie zum Essen eingenommen werden. In Tierversuchen hat die Einnahme auf nüchternen Magen die Leberschädigung verschlimmert. Deshalb wird die Einnahme zur Mahlzeit empfohlen. Besser ist auch, wenn die Einnahme der Tagesdosis über den Tag verteilt wird – so wird die Leber weniger belastet.

Da es keine hochwertigen Studien zu Grüntee-Extrakt in der Schwangerschaft und Stillzeit gibt, sollte in dieser Zeit darauf verzichtet werden. Als Getränk kann grüner Tee in der Schwangerschaft in moderaten Mengen getrunken werden. Jedoch sollten Schwangere nicht mehr als 200 Milligramm Koffein am Tag zu sich nehmen. Das entspricht etwa zwei bis drei Tassen Grüntee.

Außerdem sind Grüntee-Kapseln für Kinder unter 18 Jahren nicht gut untersucht. Deshalb sollte ein Arzt über die Einnahme entscheiden.

Info

Für Grüntee als Getränk gibt es keine Sicherheitsbedenken der EFSA. Er ist von der Verordnung ausgenommen. Durch Tee nimmt man in Europa im Durchschnitt zwischen 90 und 300 Milligramm EGCG pro Tag zu sich. Starke Teetrinker können unter Umständen die 800-Milligramm-Grenze erreichen. Teetrinker hatten außerdem in den Studien seltener Leberschäden. Das könnte daran liegen, dass grüner Tee seltener auf nüchternen Magen oder öfter über den Tag verteilt getrunken wird. Im Tee sind außerdem noch andere Stoffe enthalten.

Fazit: Grüntee-Kapseln sind in der Regel sicher

Grüntee-Kapseln sind nicht automatisch gefährlich. Es gibt keinen Anlass, gänzlich auf die gesundheitsfördernde EGCG-Wirkung zu verzichten. Jedoch sollte man nicht mehr als 800 Milligramm EGCG pro Tag einnehmen und die Hinweise auf der Verpackung befolgen.

Zusätzlich zu den Vorgaben auf der Verpackung ist es bei Grüntee-Präparaten wichtig, auf die Qualität zu achten. Seriöse Hersteller führen Laborkontrollen durch, um Verunreinigungen auszuschließen: Schadstoffe in grünem Tee sind eine zusätzliche Belastung für die Leber.

Bei Vorerkrankungen der Leber ist es sinnvoll, die Einnahme von Grüntee-Präparaten mit einem Arzt oder Mikronährstoff-Experten abzusprechen. Dies gilt auch, wenn Leberprobleme in der Familie vorkommen. Der Experte kann gegebenenfalls die Leberwerte kontrollieren. Auch wenn Medikamente eingenommen werden, sollte eine Absprache erfolgen: Es kann zu Wechselwirkungen kommen. Daher wird häufig ein Einnahmeabstand von zwei bis vier Stunden empfohlen.

Verzeichnis der Studien und Quellen

EFSA ANS Panel (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food) et al. (2018): Scientific Opinion on the safety of green tea catechins. EFSA Journal 2018;16(4):5239, 89 pp. https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5239, abgerufen am 20.09.2023.

VERORDNUNG (EU) 2022/2340 DER KOMMISSION vom 30. November 2022 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Grüntee-Extrakte, die (-)-Epigallocatechin-3-gallat enthalten. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32022R2340, abgerufen am 20.09.2023.

Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission vom 20. Dezember 2017 zur Erstellung der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (Text von Bedeutung für den EWR.). https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R2470&qid=1695196437924, abgerufen am 20.09.2023.

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