Das Ergrauen der Haare ist ein Alterungsprozess, der durch Stress befeuert wird. Dabei spielen externe Faktoren wie beispielsweise ultraviolette Strahlung (UV), Luftverschmutzung und der Lebensstil eine Rolle, die unter anderem mit oxidativem Stress zusammenhängen. Auch bestimmte Krankheiten können zum Ergrauen der Haare führen.
Verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe aus ganz verschiedenen Stoffklassen können die Aktivität des entsprechenden Enzyms (Tyrosinase) und darüber die Melanin-Produktion anregen. Das deutet darauf hin, dass ausgewählte pflanzliche Wirkstoffe bei der Behandlung der Ursachen, die zu grauem Haar führen, von therapeutischem Wert sein könnten. Das legt eine Übersichtsarbeit dar.
Was führt zum Ergrauen?
Die Haarzwiebel (Haarbulbus) – der kolbenförmige, in der Haut verankerte Teil der Haarwurzel – ist die eigentliche Wachstumszone des Haars. Hier findet auch die Bildung von Melanin statt, das dem Haar seine Farbe verleiht. Allerdings nimmt die Fähigkeit der Pigmentzellen, der Melanozyten, Melanin zu produzieren, nach 10 Zyklen der Haarfollikel-Rekonstruktion ab. Dabei lässt die Aktivität des Enzyms Tyrosinase in den Pigmentzellen nach, welches die Melaninbildung steuert. Bei der sogenannten Melanogenese wandelt die Tyrosinase die Aminosäure Tyrosin in Melanin um. Die verminderte Melaninherstellung führt zu farblosem Haar, das in einem Ergrauen der Haare – und späterem Weißwerden – resultiert.
Wie Forschende festgestellt haben, sind an dem Prozess des Ergrauens neben den Melanozyten in der Haarzwiebel auch die Pigmentzell-Vorläufer, die Melanozyten-Stammzellen, die in der Wölbung der Haarfollikel sitzen, beteiligt. Mit zunehmendem Alter schaffen es die Stammzellen nicht mehr, in die Haarbildungsregion der Haarwurzel einzuwandern. Nur dort können sie reifen, sich also zu fertigen Melanozyten ausdifferenzieren.
Zudem kommt es zu einem Verlust an Stammzellen. Dieser Verlust wird durch eine stressbedingte Freisetzung des Neurotransmitters Noradrenalin verstärkt: Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems aufgrund starken Stresses führt zu einer umfassenden Mobilisierung ruhender Melanozyten-Stammzellen, die sich differenzieren, in die Haarwurzel wandern und dauerhaft als Reservoir verlorengehen. Dadurch wird das Haupthaar vorzeitig grau beziehungsweise weiß.
Wirkstoffe aus Heilpflanzen können Melanogenese anregen
An der Melanogenese sind verschiedene Signalwege beteiligt. Das eröffnet therapeutische Optionen, mittels natürlicher Substanzen aus unterschiedlichen Heilpflanzen die Tyrosinase-Aktivität und die Melaninbildung anzuregen. Viele pflanzliche Verbindungen aus ganz unterschiedlichen Stoffklassen können nachweislich die Melanogenese und die Aktivität des Schlüsselenzyms fördern. Allerdings sind die meisten Ergebnisse aus Labor- und Tierversuchen gewonnen worden.
Zu den erfolgsversprechenden Wirkstoffen gehören beispielsweise
- Cumarine:
- Isopimpinellin
- Fraxinol (aus der Esche)
- Flavonoide:
- Kaempferol
- Liquiritin und Liquiritigenin (aus der Süßholzwurzel)
- Morin (zum Beispiel aus Maulbeeren)
- Naringenin (hauptsächlich aus Zitrusfrüchten)
- Silibinin (aus der Mariendistel)
- Tribulosid
- Andere Polyphenole
- Rosmarinsäure (zum Beispiel aus dem Echten Salbei): In niedrigen Konzentrationen stimulierend, in höheren Konzentrationen hemmend
- Terpenoide
- Geniposid (aus den Früchten der Gardenie)
- Lupenon (aus Blättern der Vielblütigen Heide)
- Paeoniflorin (wichtigstes Monoterpenoid aus der Wurzel der Pfingstrose)
- Xanthinderivate
- Theophyllin (aus der Teepflanze)
Fazit: Studien am Menschen fehlen
Ganz unterschiedliche sekundäre Pflanzenstoffe könnten bei der Behandlung von grauem Haar eingesetzt werden, da sie über verschiedene Signalwege die Melanin-Bildung und die Aktivität der Tyrosinase anregen können. Allerdings besteht noch weiterer Forschungsbedarf, insbesondere aussagekräftige Studien an Menschen fehlen.
Verzeichnis der Studien und Quellen
Natur + Pharmazie online (o. D.): Colitis ulcerosa: Resveratrol aus Beeren lindert Entzündungsschübe.
https://www.naturpharmazie.de/nachrichten/colitis-ulcerosa-resveratrol-aus-beeren-lindert-entzuendungsschuebe, zuletzt abgerufen am 31.10.2025
Natur + Pharmazie-online (10.2025): Pflanzliche Wirkstoffe gegen das Ergrauen?
https://www.naturpharmazie.de/nachrichten/pflanzliche-wirkstoffe-gegen-das-ergrauen/, zuletzt abgerufen am 31.10.2025
Scinexx.de / MMCD NEW MEDIA GmbH (20.04.2023): Warum unsere Haare im Alter ergrauen.
https://www.scinexx.de/news/biowissen/warum-unsere-haare-im-alter-ergrauen/, zuletzt abgerufen am 31.10.2025
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https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10132989/, zuletzt abgerufen am 31.10.2025
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Trüeb R (Nov 2021): Oxidative stress and its impact on skin, scalp and hair. International Journal of Cosmetic Science, 43 (Suppl 1): S9–S13.
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