Resistente Stärke bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Neue Übersichtsarbeit zeigt: Resistente Stärke könnte auch Menschen mit Colitis ulcerosa helfen.

Resistente Stärke in einer Schüssel
Resistente Stärke gehört zu den Ballaststoffen, welche den Bakterien im Darm als Nahrungsquelle dienen. Die Abbauprodukte fördern die Darmgesundheit. Bild: minadezhda/iStock/Getty Images Plus

Was wurde untersucht?

Forscher kommen durch eine aktuelle Übersichtsarbeit zu dem Schluss, dass resistente Stärke bei Menschen mit bestimmten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen helfen kann. Sie führt zur Verbesserung der Beschwerden beziehungsweise zum Erhalt der beschwerdefreien Zeit nach einem Schub (Remission). Bisher war dies nur in Tierstudien festgestellt worden.

Resistente Stärke zählt zu den Ballaststoffen und kommt unter anderem in Getreide, Reis, Hülsenfrüchten und Kartoffeln vor. Nach dem Verzehr gelangt resistente Stärke unverdaut in den Dickdarm und wird dort von den Darmbakterien abgebaut. Die Abbauprodukte unterstützen eine gesunde Darmflora.

Info

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) ist ein Überbegriff für wiederkehrende Entzündungen im Darm. Sie treten in Schüben auf. Bemerkbar machen sie sich unter anderem durch Blähungen, Bauchschmerzen, blutigen Stuhl, Durchfälle oder Verstopfungen. Die zwei Hauptformen sind Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

Wie war die Studie aufgebaut?

Die Wissenschaftler bewerteten in der Übersichtsarbeit sieben Studien mit Patienten, die meist von Colitis ulcerosa betroffen waren. Es wurde untersucht, wie sich die Einnahme von resistenter Stärke auf die Beschwerden beziehungsweise die beschwerdefreie Zeit der Patienten auswirkte. Alle Patienten erhielten eine Standardtherapie, ein Teil wurde zusätzlich mit resistenter Stärke behandelt. Dabei unterschieden sich die Studien hinsichtlich der eingesetzten Form der resistenten Stärke (Stärke-Typ).

Insgesamt kamen Daten von 164 Erwachsenen zusammen. Resistente Stärke Typ 1 war die häufigste verwendete Form. Als Quelle für resistente Stärke dienten gekeimte Gerstenprodukte, spezielle Maisstärke, Haferkleie, Kartoffeln und Bananen. Die tägliche Dosierung unterschied sich stark: Sie lag zwischen 0,6 und 34,8 Gramm. Speziell bei Patienten mit Colitis ulcerosa betrug die Dosierung zur Linderung der Beschwerden 5 bis 15 Gramm. Auch die Dauer der Einnahme schwankte zwischen 6 Tagen und 12 Monaten.

Info

Resistente Stärke wird in vier Typen unterteilt.

  • Typ 1 kommt zum Beispiel in Getreidekörnern vor (Hafer, Mais und Reis). Die Stärke kann nur von Verdauungsenzymen abgebaut werden, wenn die Zellwände durch Kauen oder Mahlen zerstört werden.
  • Typ 2 umfasst Stärke, die erst durch das Erhitzen für die Verdauung zugänglich wird (rohe Kartoffeln und Kochbananen). Im rohen Zustand ist sie unverdaulich.
  • Typ 3 wird auch als retrogradierte Stärke bezeichnet. Sie entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel erhitzt werden und sich der Aufbau der Stärke durch das Abkühlen so verändert, dass Verdauungsenzyme sie nicht mehr abbauen können (Kartoffeln, Reis und Cornflakes).
  • Typ 4 wird auch als modifizierte Stärke bezeichnet. Das ist industriell hergestellte Stärke. Sie ist im Vergleich zu natürlich vorkommender Stärke chemisch verändert und somit ebenfalls unverdaulich.

Wie wirkt resistente Stärke bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen?

Resistente Stärke verbesserte bei Colitis ulcerosa die typischen Beschwerden wie Durchfall. Auch verlängerte sie die beschwerdefreien Zeiten bei den Patienten. Dies lässt sich zurückführen auf den Anstieg der kurzkettigen Fettsäuren im Stuhl. Insbesondere die Konzentration an Buttersäure (Butyrat) wurde gesteigert. Kurzkettige Fettsäuren entstehen durch bakterielle Fermentation von resistenter Stärke im Dickdarm. Dort senken sie den pH-Wert. Dadurch wird das Wachstum von guten Bakterien gefördert und die Zusammensetzung der Darmflora positiv beeinflusst. Insbesondere Buttersäure mindert Entzündungen. Außerdem ist sie für die Schleimhautzellen im Dickdarm die wichtigste Energiequelle.

Viele Studien mit Tieren bestätigen die vorteilhaften Wirkungen: Der Zustand der Darmschleimhaut verbesserte sich durch resistente Stärke-reiche Nahrung. Außerdem stieg die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, während die Anzahl an Entzündungsmarkern sank.

Verträglichkeit von resistenter Stärke bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Resistente Stärke war in den Studien für Menschen insgesamt gut verträglich: Nur vereinzelt traten leichte Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen oder Blähungen auf. Diese lassen sich in vielen Fällen umgehen, wenn mit einer geringeren Dosierung begonnen wird. So kann sich der Darm an die höhere Ballaststoffmenge gewöhnen. In einer der Studien schien die Schwere der Bauschmerzen und Blähungen bei einer hohen Menge an resistenter Stärke (15 Gramm pro Tag) sogar geringer zu sein im Vergleich zu einer Ernährung mit wenig resistenter Stärke (5 Gramm pro Tag). In der Summe liegen aber noch zu wenige hochwertige Daten zur Verträglichkeit vor.

Fazit für die Praxis

Resistente Stärke könnte großes Potenzial bei Patienten mit Colitis ulcerosa haben: Sie kann vermutlich die Beschwerden lindern. Tierstudien bestätigen dies und zeigen, dass Entzündungsmarker sinken und die Darmschleimhaut weniger geschädigt ist. Große hochwertige Studien mit mehr Menschen werden nun benötigt, um die Ergebnisse zu bestätigen. Erst dann können auch genaue Dosierungsempfehlungen für Patienten gemacht werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für gesunde Erwachsene mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag. Resistente Stärke kann zur Versorgung mit Ballaststoffen beitragen. Sie ist vor allem enthalten in getreidehaltigen Lebensmitteln, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Nudeln und Reis. Vollkornprodukte liefern dabei mehr als Produkte aus fein gemahlenem Getreide.

In der Mikronährstoffmedizin raten Experten meist zur Verwendung von einem Präparat. Es lässt sich leichter dosieren. Auch wenn hochwertige Studien noch fehlen, haben sich in der Praxis bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen bis zu 25 Gramm resistente Stärke Typ 3 pro Tag bewährt. Momentan liegen nur Studien zu Colitis ulcerosa vor. Auch ein Einsatz bei Morbus Crohn könnte vielversprechend sein, wenn der Dickdarm betroffen ist. Am besten beginnt man mit einer geringeren Dosierung, zum Beispiel 10 Gramm und steigert die Menge langsam, wenn man sie gut verträgt. Bei einem akuten Schub sollte erst mit dem Arzt oder Mikronährstoff-Experten gesprochen werden, bevor resistente Stärke eingesetzt wird.

Tipp

So erhalten Sie resistente Stärke Typ 3 aus Lebensmitteln: Lassen Sie gekochte Kartoffeln, Reis oder Nudeln abkühlen, bevor Sie diese verzehren. Beim Abkühlen wird die enthaltene Stärke in resistente Stärke Typ 3 umgebaut. Sie bleibt auch beim Wiederaufwärmen fast unverändert erhalten.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) (2016): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Aufl. Neuer Umschau Buchverlag GmbH Neustadt / Weinstraße. 

Montroy, J. et al. (2020): The effects of resistant starches on inflammatory bowel disease in preclinical and clinical settings: a systematic review and meta‑analysis. BMC Gastroenterol. 20:372. https://doi.org/10.1186/s12876-020-01516-4, abgerufen am 04.06.2021 

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