Vitamin D einnehmen – täglich, wöchentlich oder monatlich?

Neue Studien zeigen: Vitamin D ist vermutlich bei täglicher Einnahme wirksamer

Person nimmt Vitamin-Präparat ein
Vitamin D gehört zu den meist verkauften Mikronährstoffpräparaten (Nahrungsergänzungsmitteln). Bild: dolgachov/iStock/Getty Images Plus

Vitamin D: Grundlagen werden zunehmend besser verstanden

In den letzten Jahren gab es zu Vitamin D zahlreiche Forschungen. Klar ist, dass ein Mangel mit vielen Erkrankungen verbunden ist. Bei Therapieversuchen gibt es jedoch oft Widersprüche. Wegen seiner komplexen Wirkungen als Hormonvorstufe sind einige Grundlagen noch immer nicht vollständig erforscht. Bisher glaubten Therapeuten, dass es kaum etwas ausmacht, wie man Vitamin D nimmt – solange optimale Spiegel erreicht werden. Doch widersprüchliche Ergebnisse könnten daran liegen, dass es mal täglich, mal wöchentlich oder sogar manchmal monatlich ergänzt wird.

Neuere Studien deuten darauf hin, dass es für die Verstoffwechselung von Vitamin D durchaus eine Rolle spielt, wie häufig und in welcher Dosis es eingenommen wird. Denn im Körper gibt es kurzlebige, aber wichtige Zwischenstufen, die vor allem bei monatlicher Einnahme schnell verschwinden. Möglicherweise ist daher die niedrig dosierte tägliche Einnahme am besten – auch wenn es für viele vermutlich einfacher ist, nur einmal pro Woche oder Monat an die Kapseln oder Tabletten zu denken. Lesen Sie hier die Zusammenfassung der aktuellen Erkenntnisse.

Kurzer Überblick: Vitamin-D-Stoffwechsel

Darstellung des Vitamin-D-Stoffwechsels
Vereinfachte Darstellung des Vitamin-D-Stoffwechsels. Quelle: VitaminDoctor

Vitamin D ist nur in geringen Mengen in der Nahrung enthalten. Das meiste produziert der Körper selbst in der Haut mithilfe von Sonnenlicht. Damit Vitamin D seine Funktionen erfüllen kann, muss es aktiviert werden. Dies geschieht in zwei Schritten: Inaktives Vitamin D (Cholecalciferol) aus der Nahrung oder Haut wird zunächst in der Leber in die Transportform 25(OH)D umgewandelt. Anschließend kann diese bei Bedarf in der Niere in die aktive Form 1,25(OH)2D überführt werden. Das wird durch Hormone streng reguliert. Die aktive Form wird von der Niere aus ins Blut abgegeben und hat eine „Fernwirkung“ im Körper (endokrin). So erfüllt sie die Hauptaufgaben von Vitamin D – und zwar die Regulation des Calcium- und Knochenstoffwechsels.

Inzwischen weiß man, dass auch einzelne Körpergewebe inaktives Vitamin D (Cholecalciferol) direkt vor Ort aktivieren können. Dies nutzt aber nur der unmittelbaren Umgebung etwas (parakrin). Einige Forscher vermuten, dass dies entscheidend sein könnte für die vielen weiteren Wirkungen von Vitamin D außerhalb der Knochen – zum Beispiel für die Muskeln und das Immunsystem.

Vitamin-D-Formen und Verfügbarkeit

Aktives Vitamin D, das aus der Leber und Niere kommt, ist zwar im ganzen Körper verfügbar, es wirkt aber nur sehr kurz im Darm sowie an den Knochen und wird innerhalb weniger Stunden abgebaut.

Die Körperzellen vor Ort (zum Beispiel im Immunsystem oder Gehirn) dagegen nehmen inaktives Vitamin D auf und aktivieren es selbst – ganz ohne Hilfe von Leber und Niere. Dieses inaktive Vitamin D aus der Nahrung oder aus Präparaten verschwindet jedoch sehr schnell aus dem Blut: Die Niere wandelt es laufend in die Transportform um. Rund einen Tag nach dem Sonnenbaden oder der Einnahme ist bereits ein Großteil verschwunden.

Nur die Transportform ist stabiler und bleibt wochenlang im Blut. Sie ist aber fast vollständig an ein spezielles Eiweiß gebunden: das Vitamin-D-bindende Protein. Gebundenes Vitamin D kann von den meisten Zelltypen weder aufgenommen noch genutzt werden – Ausnahme ist die Niere. Deshalb stehen hohe Einmaldosierungen auf dem Prüfstand.

Vitamin-D-Mangel bei eigentlich guter Versorgung?

Hohe Dosierungen von beispielsweise 50.000 bis 100.000 Internationalen Einheiten Vitamin D pro Monat würden dazu führen, dass nach wenigen Tagen die Versorgung der Gewebe vor Ort mit inaktivem Vitamin D stetig abnimmt (parakrin). Dagegen würde die Menge der Transportform für die Niere und später Knochen zunehmen (endokrin). Somit schließen hohe Spiegel der Transportform einen Mangel der inaktiven, aber für alle Zellen nutzbaren Form (Cholecalciferol) nicht aus.

Übrigens: Auf dem Prüfstand der Forschung steht aktuell auch, ob Cholecalciferol wirklich eine inaktive Form ist. Sie könnte durchaus eine Wirkung haben.

Als weiteres Problem erkannten Forscher, dass eine einmalige hohe Vitamin-D-Dosierung den Abbau von aktivem Vitamin D steigert: Es werden bestimmte Enzyme angeregt, welche den Abbau einleiten (24-Hydroxylase). So erhöhen hohe Einmaldosierungen zwar schnell den Vitamin-D-Spiegel, allerdings könnten dadurch die Funktionen von Vitamin D wochenlang gehemmt sein.

Neue Ansätze für die Praxis

Aufgrund der einfacheren Einnahme werden oft höhere Vitamin-D-Mengen für die Woche oder den Monat verschrieben. Mit den neuen Daten sollte dies aber überdacht werden: Vieles spricht dafür, dass man mehr profitiert, wenn man Vitamin D regelmäßig in geringer Dosierung ergänzt.

Darüber hinaus gibt es bezüglich der Laboruntersuchungen neue Ansätze: Wenn die Beschwerden einer Erkrankung nicht auf eine Vitamin-D-Therapie ansprechen (trotz guter 25(OH)D-Werte), kann es sinnvoll sein, freies oder aktives Vitamin D zu bestimmen.

Strategien zur optimalen Vitamin-D-Einnahme

Bei einer Therapie mit Vitamin D sollten Mikronährstoff-Experten zwei Strategien verfolgen:

  1. In der Anfangsphase steigert eine hohe monatliche Einmaldosis von beispielsweise 50.000 Internationalen Einheiten den Spiegel der Transportform innerhalb weniger Tage. Vor allem bei einem Mangel kann dies von Nutzen sein. Im Vergleich dazu wurden durch eine tägliche Dosis von 2.000 Internationalen Einheiten laut einer Studie vergleichbare Blutwerte etwa zwei Wochen später erreicht.
  2. In der Erhaltungsphase sollte es auch darum gehen, die Menge an freiem Vitamin D durch eine tägliche Zufuhr konstant zu halten. Das wird durch Studien belegt: Die tägliche Einnahme sorgte dafür, dass die Blutspiegel an freiem Vitamin D und der Transportform nach drei bis vier Monaten stabil blieben. Dagegen schwankte die Menge an freiem Vitamin D bei einer hohen Einmaldosis stark und sank schnell wieder.

Auch die Wirksamkeit von Vitamin D außerhalb der Knochen ist wahrscheinlich bei täglicher Einnahme besser:

  • Atemwegserkrankungen: Wird Vitamin D in geringer Dosis täglich eingenommen (400 bis 1.000 Internationale Einheiten), reduziert sich laut einer Studienauswertung das Risiko für Erkältungen. Für höhere Dosierungen und monatliche Einnahmeintervalle gab es keinen Effekt, abgesehen von einer Erhöhung der Blutwerte.
  • Krebserkrankungen: Im Vergleich zu hohen Einmaldosierungen senkte eine tägliche niedrig dosierte Vitamin-D-Einnahme die Sterblichkeit bei Krebserkrankungen. Zu diesen Ergebnissen kamen Forscher durch Auswertungen der Studienlage.
  • Muskelstärke: Die tägliche Vitamin-D-Einnahme (800 Internationale Einheiten) verbesserte in einer Vorstudie die Muskelstärke bei Frauen in den Wechseljahren besser als eine einmalige Ergänzung (300.000 Internationale Einheiten). In den Wechseljahren nehmen Muskelmasse und -kraft ab.

Schlussfolgerungen: Vitamin D täglich einnehmen

Nur wenn man Vitamin D täglich in geringer Dosierung einnimmt, ist sichergestellt, dass regelmäßig ausreichend freies Vitamin D zur Verfügung steht. Dieses kann dann in Leber und Niere, vor allem aber auch in vielen anderen Zellen genutzt werden. Als Faustregel zur Dosierung gilt: 1.000 Internationale Einheiten im Sommer und 2.000 Internationale Einheiten im Winter. Im Winter ist die Sonne zu schwach, um die Vitamin-D-Produktion in der Haut anzuregen. Diese Menge kann man als gesunder Mensch ohne Gefahr einer Überdosierung einnehmen. Hoch dosierte Präparate gehören dagegen in die Hand eines erfahrenen Therapeuten.

Um an die tägliche Einnahme zu denken, ist eine persönliche Routine empfehlenswert. Vitamin D kann zu jeder Tageszeit ergänzt werden. Wichtig ist die Einnahme zum Essen, da für eine gute Aufnahme Fett nötig ist. Ideal ist das Mittag- oder Abendessen. Am besten hat man die Kapseln dann griffbereit am Tisch, zum Beispiel in einer Tablettenbox für eine Woche. Außerdem gibt es Erinnerungs-Apps für das Smartphone.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Apaydin, M. et al. (2018): The effects of single high-dose or daily low-dosage oral colecalciferol treatment on vitamin D levels and muscle strength in postmenopausal women. BMC Endocr Disord. 2018 Jul 21;18(1):48. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30031389/, abgerufen am: 03.03.2023.

Bischoff-Ferrari, H. A. et al. (2016): Monthly High-Dose Vitamin D Treatment for the Prevention of Functional Decline: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2016 Feb;176(2):175-83. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26747333/, abgerufen am: 03.03.2023.

Carrelli, A. et al. (2016): Vitamin D Storage in Adipose Tissue of Obese and Normal Weight Women. J Bone Miner Res. 2017 Feb; 32(2): 237–242. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5577589/, abgerufen am: 03.03.2023.

De Niet, S. et al. (2018): A Randomized Study to Compare a Monthly to a Daily Administration of Vitamin D3 Supplementation. Nutrients. 2018 Jun; 10(6): 659. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6024703/, abgerufen am: 03.03.2023.

Drincic, A. T. et al. (2012): Volumetric dilution, rather than sequestration best explains the low vitamin D status of obesity. Obesity (Silver Spring). 2012 Jul;20(7):1444-8. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22262154/, abgerufen am: 03.03.2023.

Feldman, D. et al. (2013): Chapter 13 - Vitamin D: Biology, Actions, and Clinical Implications, in: Osteoporosis (Fourth Edition) 2013, Pages 283-328. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9780124158535000133, abgerufen am: 03.03.2023.

Gibson, C. C. et al. (2015): Dietary Vitamin D and Its Metabolites Non-Genomically Stabilize the Endothelium. PLoS One. 2015; 10(10): e0140370. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4607301/, abgerufen am: 03.03.2023.

Heaney, R. P. et al. (2011): Vitamin D(3) is more potent than vitamin D(2) in humans. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Mar;96(3):E447-52. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21177785/, abgerufen am: 03.03.2023. 

Heaney, R. P. et al. (2009): Vitamin D3 distribution and status in the body. J Am Coll Nutr. 2009 Jun;28(3):252-6. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20150598/, abgerufen am: 03.03.2023.

Hollis, B. W. & Wagner, C. L. (2013): The Role of the Parent Compound Vitamin D with Respect to Metabolism and Function: Why Clinical Dose Intervals Can Affect Clinical Outcomes. J Clin Endocrinol Metab. 2013 Dec; 98(12): 4619–4628. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3849670/, abgerufen am: 03.03.2023.

Jolliffe, D. A. et al. (2021): Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory infections: a systematic review and meta-analysis of aggregate data from randomised controlled trials. Lancet Diabetes Endocrinol. 2021 May;9(5):276-292. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33798465/, abgerufen am: 03.03.2023.

Ketha, H. et al. (2019): Comparison of the Effect of Daily Versus Bolus Dose Maternal Vitamin D3 Supplementation on the 24,25-dihydroxyvitamin D3 to 25-hydroxyvitamin D3 Ratio. Bone. 2018 May; 110: 321–325. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5878742/, abgerufen am: 03.03.2023.

Keum, N. et al. (2022): Vitamin D supplementation and total cancer incidence and mortality by daily vs. infrequent large-bolus dosing strategies: a meta-analysis of randomised controlled trials. Br J Cancer. 2022 Sep;127(5):872-878. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35676320/, abgerufen am: 03.03.2023.

Martineau, A. R. et al. (2017): Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ. 2017 Feb 15;356:i6583. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28202713/, abgerufen am: 03.03.2023.

Mazess R. B. et al. (2021): Vitamin D: Bolus Is Bogus—A Narrative Review. JBMR Plus. 2021 Dec; 5(12): e10567. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8674779/, abgerufen am: 03.03.2023.

Piccolo, B. D. et al. (2013): Association between subcutaneous white adipose tissue and serum 25-hydroxyvitamin D in overweight and obese adults. Nutrients. 2013 Aug 26;5(9):3352-66. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24067385/, abgerufen am: 03.03.2023.

Sanders, K. M. et al. (2010): Annual high-dose oral vitamin D and falls and fractures in older women: a randomized controlled trial. JAMA. 2010 May 12;303(18):1815-22. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20460620/, abgerufen am: 03.03.2023.

Scragg, R. et al. (2018): Monthly High-Dose Vitamin D Supplementation and Cancer Risk: A Post Hoc Analysis of the Vitamin D Assessment Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. 2018 Nov 1;4(11):e182178. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30027269/, abgerufen am: 03.03.2023.

Zheng, Y. T. et al. (2015): A meta-analysis of high dose, intermittent vitamin D supplementation among older adults. PLoS One. 2015 Jan 20;10(1):e0115850. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25602255/, abgerufen am: 03.03.2023.

Über den Autor

Dr. med. Rainer Spichalsky

Herr Dr. med. Spichalsky ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Neben der schulmedizinischen Ausbildung erwarb er weitere Fachqualifikationen als Arzt für Applied  Kinesiology, F.X. Mayer Arzt und manuelle Therapie. Zudem ist Herr Dr. med Spichalsky zertifizierter Anti-Aging-Arzt gemäß GSAAM und Orthomolekular-Therapeut. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer ärztlichen Partnerschaftsgesellschaft ist der diplomierte Gesundheitsheitsökonom unter anderem auch Dozent für orthomolekulare Therapie.