Eine neue Studie behauptet: Vitamin D erhöht die Knochendichte von Senioren nicht

Doch hat Vitamin D wirklich keine Auswirkungen auf die Knochengesundheit im Alter? Die Redaktion von VitaminDoctor hat sich die Studie genauer angeschaut.

 Vergleich eines gesunden und eines Osteoporose leidenen Beckens
Im Rahmen des normalen Alterungsprozesses nimmt die Knochendichte um ca. 0,6% pro Jahr ab. Bild: CreVis2/iStock/Getty Images Plus

Was wurde untersucht?

Eine hohe Knochendichte bedeutet, dass der Knochen fest und stabil ist. Für feste und stabile Knochen ist Vitamin D unverzichtbar: Es sorgt dafür, dass Calcium in die Knochen eingelagert werden kann. Im Alter steigert ein Vitamin-D-Mangel das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose). Forscher haben deshalb bei Senioren in England den Einfluss einer Vitamin-D-Einnahme auf die Knochendichte untersucht.

Diese Studie wurde kürzlich unter dem Namen VDOP (englisch: Vitamin D supplementation in older people) veröffentlicht. Die Wissenschaftler stellten in ihrer Studie zwar eine Steigerung der Blutwerte an Vitamin D fest. Jedoch hatte die Einnahme von Vitamin D laut den Studienergebnissen keinen Einfluss auf die Knochendichte an der Hüfte.

Wie war die Studie aufgebaut?

An der Studie nahmen knapp 400 Senioren teil, die nicht in einer Pflegeeinrichtung lebten und über 70 Jahre alt waren. Das Durchschnittsalter lag bei 75 Jahren. Allen Senioren wurden nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) drei verschiedene Vitamin-D-Dosierungen zugeordnet: 12.000, 24.000 oder 48.000 Internationale Einheiten. Diese Mengen nahmen die Teilnehmer einmal im Monat ein Jahr lang ein.

In allen drei Dosierungsgruppen waren die Blutwerte nach einem Jahr angestiegen und lagen durchschnittlich über dem Normalwert von über 20 Nanogramm pro Milliliter. Mit der höchsten Dosierung wurde auch ein höherer Blutwert erreicht: 48.000 Internationale Einheiten pro Monat erhöhten den Wert auf durchschnittlich 31,6 Nanogramm pro Milliliter, 12.000 Internationale Einheiten jedoch nur auf 22,4 Nanogramm pro Milliliter.

Warum ist die Studie kritisch zu sehen?

Das größte Manko der Studie: Es gab kein  Scheinmedikament (Placebo).  Für eine hochwertige Studie ist ein Vergleich von Vitamin D mit einem Scheinmedikament allerdings Voraussetzung.

Es kommt mit zunehmendem Alter ganz natürlich zu einem Verlust der Knochendichte: Pro Jahr nimmt die Knochendichte ungefähr um 0,6 Prozent ab. Es kann also sein, dass die Einnahme von Vitamin D diesen natürlichen Verlust in der Tat ausgeglichen hat. Ob das so ist, hätten die Forscher durch den Vergleich mit einem Scheinmedikament herausfinden können. Die Studie war also, streng genommen, darauf ausgelegt herauszufinden, welche Dosierung von Vitamin D die Knochendichte beeinflusst und nicht, ob die Knochendichte im Vergleich zu einem Scheinmedikament tatsächlich beeinflusst wird.

Eine vergleichbare hochwertige Studie widerlegt die VDOP-Studie: Vitamin D erhöht die Knochendichte doch

Andere Wissenschaftler haben schon vor einigen Jahren (2013) eine ähnliche, aber hochwertige Studie mit einem Scheinmedikament veröffentlicht. In dieser Studie hatten Seniorinnen, die täglich 1.000 Internationale Einheiten Vitamin D einnahmen, einen geringeren Verlust der Knochendichte an der Hüfte als Senioren, die das Scheinmedikament bekamen. Der Verlust betrug mit Vitamin D durchschnittlich nur 0,05 Prozent im Gegensatz zu 0,6 Prozent mit dem Scheinmedikament.

Insgesamt nahmen knapp 300 Seniorinnen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren an dieser Studie teil. Auch sie bekamen wie in der VDOP-Studie ein Jahr lang Vitamin D. Im Gegensatz zur VDOP-Studie erreichten die Teilnehmer aber keine normalen Blutwerte. Sie lagen mit durchschnittliche 17 Nanogramm pro Milliliter unter dem Normalwert von über 20 Nanogramm pro Milliliter.

Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass Vitamin D den altersbedingten Verlust der Knochendichte doch aufhalten kann – sogar dann, wenn die Normalwerte nur annähernd erreicht werden.

Weitere Einflussfaktoren auf die Knochengesundheit

Eine gute Gesundheit – egal von welchem Organsystem – ist nie nur von einem einzelnen Faktor abhängig. So ist es auch bei Vitamin D und den Knochen. Es gibt also noch viele weitere Faktoren, die bedeutend für gesunde Knochen sind. Zwei der wichtigsten sind:

  • Vitamin K2: Vitamin D erhöht die Calciumaufnahme aus der Nahrung im Darm, sodass gute Calciumspiegel im Blut gewährleistet sind. Damit Calcium jedoch nicht nur im Blut bleibt, sondern auch für stabile Knochen in sie eingelagert wird, ist Vitamin K nötig – insbesondere die Unterform Vitamin K2.
  • Körperliche Bewegung: Entscheidend für die Knochengesundheit ist auch die körperliche Bewegung. Die bei Bewegungen wirkenden physikalischen Kräfte fordern den Knochen. Die Festigkeit nimmt zu. Sitzen wir jedoch die meiste Zeit des Tages, verliert der Knochen Festigkeit. Der Knochen ist also nur so fest, wie der Alltag es erfordert. 

Fazit für die Praxis

Die Einnahme von Vitamin D kann die Knochendichte erhöhen. Das zeigen hochwertige Studien, auch wenn es immer mal wieder Studien gibt, in denen ein solcher Effekt nicht nachgewiesen wurde. Dennoch reicht Vitamin D allein oft nicht aus. Für gesunde Knochen braucht es mehr: Die ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin K2 ist genauso wichtig wie regelmäßige körperliche Bewegung.

Im Rahmen der Mikronährstoffmedizin wird Vitamin D deshalb für gesunde Knochen immer in Kombination mit Calcium, Vitamin K2 und regelmäßiger Bewegung empfohlen. Sinnvolle Dosierungen sind täglich 1.000 bis 2.000 Internationale Einheiten Vitamin D, 500 bis 1.000 Milligramm Calcium und 180 Mikrogramm Vitamin K2.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Aspray, T. J. et al. (2019): Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in older people to optimize bone health. Am J Clin Nutr 2019; 109(1):207–217. https://academic.oup.com/ajcn/article/109/1/207/5280801 abgerufen am: 14.02.2019.

Gröber, U. (2011): Mikronährstoffe. Metabolic Tuning – Prävention – Therapie. 3. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart.

Macdonald, H.M. et al. (2013): Hip bone loss is attenuated with 1000 IU but not 400 IU daily vitamin D3: a 1-year double-blind RCT in postmenopausal women. J Bone Miner Res. 2013 Oct;28(10):2202-13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23585346, abgerufen am: 14.02.2019

Vitamin D3-Gabe verändert Knochendichte kaum. Ärzte Zeitung online, 13.02.2019. https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/skelett_und_weichteilkrankheiten/osteoporose/article/981140/osteoporose-praevention-vitamin-d3-gabe-veraendert-knochendichte-kaum.html, abgerufen am: 14.02.2019.

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