Mitochondrien: Dreh- und Angelpunkt unserer Jugendlichkeit

Sind Mikronährstoffe ein Jungbrunnen für unsere Zellen?

Ein älteres Ehepaar sitzt auf einer Couch
Die Gesundheit der Mitochondrien kann darüber entscheiden, wie gesund man altert. Unterstützen Sie sie deshalb mit Mikronährstoffen. Bild: Ridofranz/iStock/Getty Images Plus

Mitochondrien – Kraftwerke unserer Zellen

Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. In ihnen wird ein Großteil der Energie produziert, die unser Körper benötigt. In einem mehrstufigen Prozess produzieren die Mitochondrien aus Zucker und Fetten zusammen mit Sauerstoff die universelle Energieform „Adenosintriphosphat“ (ATP). Das ist die Grundlage für alle energieverbrauchenden Vorgänge. Gewebe, die viel Energie benötigen, sind daher mit besonders vielen Mitochondrien in einer Zelle ausgestattet – so zum Beispiel das Gehirn und die Muskeln.

Mitochondrien besitzen ihr eigenes Erbgut. Das macht sie einzigartig unter den Zellbestandteilen. Gleichzeitig macht es sie aber auch anfälliger für Fehlfunktionen und Veränderungen im Erbgut (Mutationen) durch oxidativen Stress. Deshalb können sie zum Dreh- und Angelpunkt unserer Gesundheit im Alter werden. Das heißt, sie sind an Alterungsprozessen beteiligt.

Was beeinflusst das Altern?

Alterung ist ein unausweichlicher Prozess: Allmählich verschlechtern sich unsere Körperfunktionen. Jedoch scheinen manche Menschen schneller zu altern als andere. Viele Umstände beeinflussen, wie gesund wir alt werden. Hierbei ist ein ausgeglichener Lebensstil entscheidend. Aber auch unsere Gene spielen eine große Rolle. Zudem können verschiedene Krankheiten uns vorzeitig altern lassen. Mit dem Alter selbst steigt das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Alzheimer.

Doch wieso altern wir und was geschieht dabei im Körper? Mit diesen Fragen beschäftigen sich viele Forscher. Sie haben bereits zahlreiche Theorien entwickelt. Auch die Mitochondrien stehen im Fokus der Alterungsforschung.

Was geschieht in den Mitochondrien, wenn wir alt werden?

Mitochondrien sind nicht nur der Hauptproduzent von Energie, sondern auch von freien Radikalen (reaktive Sauerstoffspezies). Diese entstehen natürlicherweise als „Abfallprodukt“ bei der Energiegewinnung und können die Zellen sowie ihre Bestandteile schädigen – speziell die Mitochondrien selbst. Insbesondere das Erbgut der Mitochondrien kann sich schlecht vor freien Radikalen schützen. Fehler im Erbgut sind die Folge. Im Laufe des Lebens häufen sich diese dann an und stören die Funktion der Mitochondrien. Das besagt eine gängige Theorie.

Ein Teufelskreis kann entstehen, wenn man nicht so gut wie möglich gegensteuert – zum Beispiel mit gesunder Ernährung. Durch die Schäden können noch mehr freie Radikale entstehen, welche die Funktion der Mitochondrien weiter einschränken. Darüber hinaus sinkt im Alter die Anzahl der Mitochondrien in einer Zelle. Das ist ein natürlicher Prozess, der jedoch den Teufelskreis weiter antreibt. Die Folge: Der gesamte Körper wird schlechter mit Energie versorgt. Stoffwechselprozesse können schlechter ablaufen und wir altern schneller. Bemerkbar macht sich dies besonders an unseren Muskeln und Nerven, da sie besonders viel Energie benötigen.

Tipp

Achten Sie auf eine kalorienbewusste Ernährung, die tendenziell sogar leicht unterhalb des individuellen Energiebedarfs liegt. Dadurch werden bestimmte Anti-Aging-Regulatoren des Körpers aktiv. Je mehr Zucker und Fette in den Mitochondrien in Energie umgewandelt werden, desto mehr freie Radikale entstehen. Eine dauerhafte sehr kalorienreiche Ernährung kann daher eine vorzeitige Alterung fördern.

Kann gesundes Altern durch Mikronährstoffe unterstützt werden?

Viele Enzyme unterstützen die Arbeit der Mitochondrien. Damit die Enzyme wiederum richtig arbeiten können, sind sie auf Mikronährstoffe angewiesen. Erst wenn die Mitochondrien reibungslos funktionieren, funktionieren auch gewisse Anti-Aging-Regulatoren des Körpers besser. Folgende Mikronährstoffe sind wichtig:

  • Für die Energiegewinnung brauchen die Enzyme der Mitochondrien unter anderem Eisen. In Studien wurde sowohl eine Anti-Aging-Wirkung beobachtet als auch beschleunigte Alterungsprozesse durch zu viel Eisen. Daher lohnt es sich, die Blutwerte für Eisen regelmäßig prüfen zu lassen. Liegt ein Eisenmangel vor, muss ein Fachmann klären, ob eine Einnahme sinnvoll ist, sowie die notwendige Dosierung festlegen.
  • Coenzym Q10 gilt als Anti-Aging-Substanz. Einige Studien zeigen: Coenzym Q10 hält jung. Es schützt als Antioxidans vor Schäden durch freie Radikale. Zwar kann der Körper Coenzym Q10 selbst herstellen, im Alter bildet er jedoch viel weniger. Deshalb empfehlen Mikronährstoff-Experten die Einnahme von täglich 50 bis 100 Milligramm Coenzym Q10.
  • Ein weiterer antioxidativer Mikronährstoff ist Mangan. Es ist wichtig, damit spezielle Enzyme (Superoxid-Dismutase) freie Radikale unschädlich machen können. Meistens kann ausreichend Mangan über Lebensmittel aufgenommen werden. Ist man jedoch, zum Beispiel bei einer chronischen Krankheit, besonders stark durch oxidativen Stress belastet, kann die ergänzende Einnahme sinnvoll sein. Mikronährstoff-Experten empfehlen dann 2 bis 5 Milligramm Mangan pro Tag.
  • Auch Selen ist wichtig für bestimmte Entgiftungsenzyme (wie Glutathion-Peroxidase). Daneben unterstützt es das Immunsystem. Mikronährstoff-Experten empfehlen daher die tägliche Einnahme von 50 bis 60 Mikrogramm Selen. Bei einem nachgewiesenen Mangel ist eine höhere Dosierung nötig (zum Beispiel 200 Mikrogramm). Daher lohnt es sich auch, den Selenspiegel prüfen zu lassen.
  • Einige Studien zeigen einen Anti-Aging-Effekt von Vitamin B12: Gut versorgte Menschen hatten weniger Alterungsanzeichen. Bei schlecht versorgten gab es weniger Kopien des Erbguts in den Mitochondrien sowie verkürzte Enden des Erbguts im Zellkern (Telomere). Auch zeigen Übersichtsarbeiten: Eine gute Versorgung im Alter scheint das Risiko für Herzinfarkte und andere Alterserkrankungen zu senken. Mikronährstoff-Experten empfehlen älteren Menschen daher 15 bis 25 Mikrogramm Vitamin B12 pro Tag.

Für eine gute Magenverträglichkeit und Aufnahme im Darm (vor allem von Coenzym Q10) sollten Mikronährstoff-Präparate zum Essen eingenommen werden.

Altern ist ein komplexer Prozess. Abgesehen von den genannten Vorgängen in den Mitochondrien gibt es noch viele weitere Alterungsvorgänge, die gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen im Körper ablaufen – zum Beispiel in den Knochen. Wie Sie ein gesundes Altern insgesamt unterstützen können, lesen Sie hier.

Info

Paradoxerweise zeigen Tierstudien, dass auch ein Mangel an Antioxidantien wie Coenzym Q10 eine lebensverlängernde Wirkung haben kann. Erklärt wird dies folgendermaßen: Ein Mangel löst in unseren Zellen leichten oxidativen Stress aus. Um die freien Radikale zu neutralisieren, muss unser Körper selbst aktiv werden. Die körpereigenen Abwehrkräfte werden so trainiert. Leichter Stress kann deshalb gesundheitliche Vorteile bedeuten.

Trotz dieses Paradoxons kann die Einnahme von Antioxidantien ein gesundes Altern unterstützen – insbesondere, wenn Sie durch Krankheiten vermehrt von oxidativem Stress betroffen sind. Wichtig ist jedoch, dass man Antioxidantien nicht überdosiert. Lassen Sie sich am besten von einem Mikronährstoff-Experten beraten.

Fazit: So gelingt es, die Zellkraftwerke jung zu halten

 

Das Älterwerden ist ein unausweichlicher Prozess. Unter anderem bestimmt die Gesundheit unserer Mitochondrien die Geschwindigkeit, mit der wir altern. Durch einen aktiven gesunden Lebensstil und eine ausgewogene Ernährung, die reich an Mikronährstoffen und arm an Kalorien ist, kann der Alterungsprozess gebremst werden.

Um die Mitochondrien zu unterstützen, sollte man vor allem folgende Mikronährstoffe ausreichend zuführen: Eisen, Coenzym Q10, Mangan, Selen sowie B-Vitamine – insbesondere Vitamin B12. Dadurch können die Mitochondrien uns auch im Alter gut mit Energie versorgen. Gleichzeitig senken Mikronährstoffe das Risiko für verschiedene Alterserkrankungen.

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Über den Autor

Dr. med. Siddhartha Popat

Herr Dr. med. Popat ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Akupunktur. Seit 2017 betreibt er zusätzlich eine private Zweigstelle mit den Schwerpunkten Integrative und Biologische Medizin. Weitere Schwerpunkte sind Neuraltherapie sowie Kinesiologie nach Klinghardt. Seit 2018  ist er erster Vorsitzender der IGAF e. V. (internationale Gesellschaft für autonome Funktionsdiagnostik und Regulationsmedizin). Die Diagnose und Therapie chronischer Erkrankungen ist ein wesentlicher Aspekt seiner Arbeit, hierbei ist die orthomolekulare Medizin ein wichtiger Aspekt.