Probiotische Präparate können die Wundheilung unterstützen

Eine aktuelle Übersichtsarbeit wertete Studien aus, die lebende oder abgetötete Mikroorganismen oder ihre Stoffwechselprodukte für die Wundbehandlung nutzen

Viele alte und bettlägerige Menschen sind in Deutschland von chronischen Wunden betroffen. Bild: PIKSEL/iStock/Getty Images Plus

Chronische Wunden betreffen weltweit etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung – dadurch sind sie eine bedeutende sozioökonomische Belastung. In Europa leiden daran geschätzt 1,5 bis 2 Millionen Menschen. Da Wundheilung ein komplexer Prozess ist, kann er in vielen Situationen eine Herausforderung darstellen. Forschende aus Brasilien untersuchten in einer Übersichtsarbeit das Potential von Bakterien und ihren Stoffwechselprodukten in Form von auf die Haut aufzutragenden (topischen) Präparaten. Sie kommen zu dem Schluss, dass Probiotika, Synbiotika und Postbiotika Behandlungserfolge verbessern können, da sie antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen.

Die Haut als Lebensraum für Mikroorganismen

Nicht nur im Darm, sondern auch auf der Haut lebt eine vielfältige Bakteriengemeinschaft, die sogenannte Hautflora oder Hautmikrobiota. In Bezug auf die Zellzahl liegt die Haut an vierter Stelle – hinter dem Verdauungstrakt, der Mundhöhle und der Scheide. Dabei variiert die Zahl der Bakterien stark: Von ungefähr 100 Zellen pro Quadratzentimeter auf Fingerspitzen und dem unteren Rücken bis hin zu rund einer Million Zellen pro Quadratzentimeter auf der Stirn und unter den Achseln.

Im besten Fall unterstützt die Hautmikrobiota das Hautmilieu (den pH-Wert), die Hautbarriere und schützt vor schädlichen Einflüssen. Im schlechten Fall befeuern die Bakterien Entzündungen und infizieren Wunden. Insbesondere der Keim Staphylococcus aureus ist ein gefürchteter Erreger. Aber auch Pseudomonas aeruginosaKlebsiella pneumoniae und Acinetobacter baumannii können Wunden besiedeln. Bakterien der Gattungen Clostridium und Bacteroides können zum Absterben von Zellen (Gewebsnekrose) beitragen und dadurch den Heilungsprozess zusätzlich erschweren.

Formulierungen, also Produkte oder Präparate, die Bakterien, Bakterienbestandteile oder ihre Stoffwechselprodukte enthalten, könnten in die Prozesse eingreifen und daher die Wundheilung beeinflussen. Die aktuelle Arbeit untersucht probiotische, synbiotische und postbiotische Ansätze, die helfen sollen, Wunden zu heilen.

Probiotika und abgeleitete Präparate

Nicht nur für die Einnahme gibt es bakterienhaltige oder von Bakterien abgeleitete Präparate, die über die Darm-Haut-Achse auch die Hautgesundheit beeinflussen können: Es gibt sie auch, um sie auf die Haut aufzutragen. Dabei sind folgende „-biotika“ verfügbar:

  • Probiotika sind lebensfähige Mikroorganismen, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben. Dieser kann vorbeugend (präventiv) oder behandelnd (therapeutisch) sein. Oft werden Milchsäurebakterien eingesetzt; es gibt aber auch Formulierungen mit Enterokokken oder Bacillus subtilis.
  • Präbiotika (auch Prebiotika) sind Substanzen, die das Wachstum nützlicher Bakterien fördern. Bei einzunehmenden Präparaten handelt es sich um unverdauliche Nahrungsbestandteile (Ballaststoffe). Für die Haut gibt es keine reinen Präbiotika.
  • Synbiotika sind Kombinationen aus einem Probiotikum und einem Präbiotikum.
  • Postbiotika sind Stoffwechselprodukte von probiotischen Mikroorganismen, die einen gesundheitlichen Vorteil haben. Diese bioaktiven Substanzen gehören unterschiedlichen Stoffklassen an:
    • kurzkettige Fettsäuren (wie Butyrat, Propionat und Acetat) 
    • organische Säuren  
    • Vitamine
    • Peptide 
    • Enzyme
    • andere Stoffwechselprodukte

Die postbiotischen Formulierungen können noch abgetötete Bakterien enthalten oder frei von Zellen sein.

Wundheilung: ein komplexer Prozess

Die Wundheilung ist komplex, da sie mehrere Prozesse umfasst:

  • Blutstillung durch Zusammenziehen der Blutgefäße,
  • Blutgerinnung mittels Bluplättchen,
  • Entzündung, bei der spezialisierte weiße Blutkörperchen (Leukozyten) – wie zum Beispiel Makrophagen – eingedrungene Keime abwehren und abgestorbenes Gewebe entfernen,
  • Zellproliferation, also Wachstum und Vermehrung von Zellen, die die Wunde verschließen – dabei entstehen auch neue kleine Blutgefäße (Kapillaren) – und
  • Gewebsumbau, bei dem aus dem provisorischem Ersatzgewebe ein endgültiges Ersatzgewebe (Narbengewebe) entsteht.
Der Prozess der Wundheilung besteht aus mehreren Phasen. Bild: ttsz/iStock/Getty Images Plus

Verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel Infektionen, Zuckerkrankheit (Diabetes), Alterung und eine unzureichende Ernährung können die Heilung beeinträchtigen. Das begünstigt chronische Wunden.

 

Was hat die Studie untersucht?

Die Forschenden fanden bei ihrer Literatursuche in wissenschaftlichen Datenbanken (PubMed, Scopus und Web of Science) 3052 Artikel, von denen sie 44 in ihre Auswertung einschlossen. Die Studien waren von 1986 bis 2024 durchgeführt worden. Ein gutes Viertel stammte aus China (etwa 27 Prozent) und ein Viertel aus dem Iran (25 Prozent).

Dabei wurden

  • Probiotika in 47,7 Prozent der Studien bewertet. Am häufigsten war hier Lactobacillus plantarum vertreten.
  • Postbiotika in 36,4 Prozent der Studien untersucht. Vorwiegend handelte es sich dabei um zellfreie Überstände.
  • Synbiotika in 15,9 Prozent der Studien eingesetzt. Sie enthielten als präbiotischen Anteil insbesondere Fructooligosaccharide (pflanzliche Mehrfachzucker).

Die Verabreichungsformen umfassten Gele (44,4 Prozent), Filme (15,6 Prozent) und Salben (13,3 Prozent).

Bakterienprodukte als neuartiger Ansatz zur Wundheilung

Die Mehrheit der ausgewerteten Studien zeigt: Probiotische Mikroorganismen können das Hautmilieu positiv beeinflussen, die lokale Immunantwort modulieren, mit (potenziellen) Krankheitserregern um Platz und Nährstoffe konkurrieren und nützliche Stoffwechselprodukte wie kurzkettige Fettsäuren und Bakteriozine (wirken für andere Bakterienarten wachstumshemmend oder abtötend) produzieren. Sie besitzen antimikrobielle, entzündungshemmende und immunmodulatorische Eigenschaften. Zudem können Bakterien mit ihren produzierten Verbindungen die Geweberegeneration, die Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese) und die Wiederherstellung der Hautbarriere fördern.

Bakterienstämme wie Lactobacillus und Bifidobacterium stehen besonders im Fokus. Insbesondere Lactobacillus plantarum und Lactobacillus reuteri zeigen antimikrobielle, entzündungshemmende und regenerative Eigenschaften. Bifidobacterium bifidum kann zum Beispiel die Aktivität von Zellen steigern, die für die Herstellung von Fasern wie Kollagen und Elastin (Fibroblasten) zuständig sind, und die bakterielle Belastung reduzieren.
Dabei sind die genauen Mechanismen der Probiotika bei der Wundheilung noch nicht vollständig erforscht – trotz nachgewiesener Wirksamkeit bei der Behandlung von Wundinfektionen.

Der Einsatz verschiedener Verabreichungssysteme kann die Behandlungsergebnisse zusätzlich verbessern, indem der Wundverschluss beschleunigt, die Bakterienlast reduziert und die Immunantwort moduliert wird.

Die Autorinnen und Autoren der Studie schlussfolgern, dass weitere fundierte klinische Studien nötig sind, um die Wirksamkeit und Sicherheit vor einer klinischen Anwendung dieser probiotischen Präparate zu bestätigen.

Fazit: Probiotische Bakterien für Wundheilung positiv

Die überwiegende Mehrheit der von den Forschenden ausgewerteten Studien deutet darauf hin, dass probiotische Bakterien und davon abgeleitete Produkte – also Probiotika, Synbiotika und Postbiotika – einen neuartigen Ansatz zur Wundheilung bieten können.

Quellen und Studien:

Egert M, Simmering R (2016): The Microbiota of the Human Skin. In: Schwiertz A (Hrsg.): Microbiota of the Human Body: Implications in Health and Disease. Adv Exp Med Biol 902: 61–81. Springer Verlag. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-31248-4_5, zuletzt abgerufen am 16.09.2025.

Machado P et al. (09.05.2025): Next-Generation Wound Care: A Scoping Review on Probiotic, Prebiotic, Synbiotic, and Postbiotic Cutaneous Formulations. Pharmaceuticals (Basel) 18 (5): 704. https://www.mdpi.com/1424-8247/18/5/704, zuletzt abgerufen am 16.09.2025.

 

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