Eine neue Studie zeigt: Trotz Sonnencreme wird Vitamin D gebildet
Sonnenstrahlen setzen sich aus UV-A- und UV-B-Strahlen zusammen. Beides kann Hautkrebs verursachen. Deshalb schützen Sonnenschutzmittel vor UV-A- und UV-B-Strahlen. Damit der Körper jedoch Vitamin D bilden kann, sind UV-B-Strahlen nötig: Treffen sie auf die Haut, entsteht aus einer Vorstufe Vitamin D.
Fakt ist, Sonnenschutzmittel verhindern in vielen Laborexperimenten die Vitamin-D-Bildung. Dies gilt als eine Erklärung, warum im Sommer ein Vitamin-D-Mangel weit verbreitet ist. Deshalb untersuchen Forscher, ob das auch im Alltag zutrifft – jedoch mit anderen Ergebnissen: Die Vitamin-D-Spiegel im Blut werden durch Sonnenschutzmittel kaum beeinflusst. Eine neue Studie zeigt nun sogar, dass im Urlaub auf Teneriffa trotz Sonnencreme noch genug Vitamin D gebildet wird.
Doch wie kommt es zu den unterschiedlichen Ergebnissen? Das Autorenteam von VitaminDoctor hat sich die Studien genauer angeschaut.
Aufbau und Ergebnisse der Teneriffa-Studie
Es gab vier Gruppen: Gruppe A und B bekamen eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor (LSF) 15 und unterschiedlich hohem UV-A- und UV-B-Schutz. Beide Gruppen erhielten eine Anleitung zum richtigen Auftragen der Creme. Gruppe C trug dagegen ihre mitgebrachte Sonnencreme nach eigenem Ermessen auf – egal, welchen Lichtschutzfaktor sie hatte. Gruppe D diente als Kontrollgruppe: Sie blieb zu Hause.
Gruppe | A | B | C | D |
---|---|---|---|---|
Sonnenschutz | Lichtschutzfaktor (LSF) 15 (hoher UV-A-Schutz) | LSF 15 (niedriger UV-A-Schutz) | eigene Sonnencreme |
keine |
Anwendung | nach Anleitung | nach Anleitung | ohne Anleitung | - |
Teilnehmerzahl | 20 | 20 | 22 | 17 |
Durchschnittlicher 25-OH-Vitamin-D-Spiegel nach dem Urlaub | 34,4 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) | 28,8 ng/ml | 35,2 ng/ml | 18,0 ng/ml |
Durchschnittliche Veränderung von 25-OH-Vitamin-D | + 7,6 ng/ml | + 5,2 ng/ml | + 11,2 ng/ml | - 1 ng/ml |
Vor dem Urlaub gab es keine Unterschiede zwischen den Vitamin-D-Werten im Blut. Nach einer Woche Urlaub sah es jedoch anders aus: Gruppe C hatte mit ihrer eigenen Sonnencreme den größten Anstieg. Allerdings trat bei ihr auch Sonnenbrand auf. Das zeigt, dass die Sonnencreme nicht vor den UV-Strahlen schützte. Die Haut produzierte daher automatisch Vitamin D.
In Gruppe A und B gab es mit den Studien-Cremes keinen Sonnenbrand. Allerdings stieg auch hier der Vitamin-D-Spiegel an. Die Ergebnisse sprechen also auf den ersten Blick dafür, dass Sonnenschutzmittel die Vitamin-D-Bildung nicht vollständig hemmen.
Welche Ergebnisse liefern andere Studien?
Hochwertige Studien gibt es noch nicht. Forscher werteten aber die bisherigen Vorstudien aus – mit folgendem Ergebnis: Sonnenschutzmittel senken vermutlich die Vitamin-D-Spiegel im Blut kaum. Allerdings bemängeln die Wissenschaftler, dass in den Studien nur ein geringer Lichtschutzfaktor von durchschnittlich 16 verwendet wurde.
Erwachsene sollten mindestens Lichtschutzfaktor 20 einsetzen, um die Haut wirksam vor UV-Strahlen zu schützen. Das empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz. Bei einem geringen Lichtschutzfaktor können immer gewisse UV-B-Mengen die Haut erreichen und Vitamin D bilden. Auch der Lichtschutzfaktor in der Teneriffa-Studie war zu niedrig.
Ein weiterer Grund für die Vitamin-D-Bildung trotz Sonnenschutzmittel ist: Damit die Haut richtig vor UV-Strahlen geschützt ist, müssten 2 Milligramm Creme pro Quadratzentimeter Haut aufgetragen werden – in der Praxis ohne Laborwaage und Maßband kaum umsetzbar. Es wird also fast immer zu wenig Sonnencreme aufgetragen. Das stellten Forscher durch eine weitere Studienauswertung fest.
Wird die Vitamin-D-Bildung bei einem hohen Lichtschutzfaktor gehemmt?
In einer anderen vorläufigen Studie testeten Forscher einen hohen Lichtschutzfaktor von 50. Im Gegensatz zur Teneriffa-Studie bestimmten sie nicht nur das Vitamin D im Blut (25-OH-Vitamin D), sondern auch die Vorstufe davon – nämlich das direkt gebildete Vitamin D3. Dabei stellten sie fest, dass Vitamin D3 durch die Sonnencreme sehr wohl stark abnahm. Auf 25-OH-Vitamin D gab es jedoch nur einen geringen Einfluss.
Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor verringern also tatsächlich die Vitamin-D-Bildung in der Haut. Kritikpunkt der Studie ist aber: Die Forscher führten nur eine einzige Sonnenbestrahlung durch. Es kann sein, dass die Werte an 25-OH-Vitamin-D erst langsam abnehmen. Künftig müssen daher die Auswirkungen des hohen Lichtschutzfaktors über mehrere Wochen untersucht werden.
Fazit: Vitamin-D-Mangel im Sommer trotzdem weit verbreitet
Da Sonnenschutzmittel nachweislich die Vitamin-D-Bildung verringern, steigern sie das Risiko für einen Mangel – auch wenn Studien andeuten, dass sie nicht komplett gehemmt wird. Ein Vitamin-D-Mangel kann zum Beispiel eine Blasenentzündung durch nasse Badekleidung begünstigen, wenn man ohnehin häufig von Harnwegsinfekten betroffen ist.
Selbst im Sommer hat in Deutschland jeder zweite einen Vitamin-D-Mangel (Werte unter 20 Nanogramm pro Milliliter). Dabei müssten aber unbedingt die Speicher aufgefüllt werden, um den Körper den kompletten Winter lang mit Vitamin D zu versorgen. Denn im Winter ist die Sonne hierzulande zu schwach, um die Vitamin-D-Bildung in der Haut anzuregen.
Um sicherzugehen, dass man auch im Sommer gut versorgt ist, empfehlen Mikronährstoff-Experten, die Vitamin-D-Bildung durch Präparate zu unterstützen: Pro Tag können im Sommer bedenkenlos 1.000 Internationale Einheiten Vitamin D ergänzt werden – ohne das Risiko auf Hautkrebs. Denn auf Sonnenschutzmittel sollte keinesfalls verzichtet werden.
Verzeichnis der Studien und Quellen
Bundesamt für Strahlenschutz (2019): UV-Schutz durch Sonnencreme. http://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/schutz/sonnencreme/sonnencreme_node.html, abgerufen am: 17.07.2019.
Grigalavicius, M. et al. (2016): Layer Thickness of SPF 30 Sunscreen and Formation of Pre-vitamin D. Anticancer Res. 2016 Mar;36(3):1409-15. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26977044, abgerufen am: 17.07.2019.
Libon, F. et al. (2017): Sunscreens block cutaneous vitamin D production with only a minimal effect on circulating 25-hydroxyvitamin D. Arch Osteoporos. 2017 Dec;12(1):66. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28718005, abgerufen am: 17.07.2019.
Neale, R.E. et al. (2019): The effect of sunscreen on vitamin D: a review. Br J Dermatol. 2019 Apr 4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30945275, abgerufen am: 17.07.2019.
Pereira, L.A. et al. (2019): Evaluation of vitamin D plasma levels after mild exposure to the sun with photoprotection. An Bras Dermatol. 2019 Jan-Feb;94(1):56-61. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30726465, abgerufen am: 17.07.2019.
Rabenberg. M &Mensink, G. B. M. (2016): Vitamin-D-Status in Deutschland. Journal of Health Monitoring, 2016:1(2). https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/FactSheets/JoHM_2016_02_ernaehrung4.html, abgerufen am: 17.07.2019.
Rabenberg, M. et al. (2015): Vitamin D status among adults in Germany – results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). BMC Public Health (2015) 15:641. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26162848, abgerufen am: 17.07.2019.
Young, A.R. et al. (2019): Optimal sunscreen use, during a sun holiday with a very high ultraviolet index, allows vitamin D synthesis without sunburn. Br J Dermatol. 2019 May 8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31069787, abgerufen am: 17.07.2019.