Mannose oder Cranberry: Was ist wirksamer bei einer Blasenentzündung?

Cranberry ist altbekannt; neu dagegen ist Mannose. Doch was kann Mannose wirklich? Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit beides gut wirkt?

Illustration einer Blasenentzündung
Meist sind Frauen von Harnwegsinfekten betroffen, da sie eine kürzere Harnröhre als Männer haben. Bakterien können deshalb leichter in die Harnwege bis in die Blase gelangen. Wird ein Harnwegsinfekt nicht richtig behandelt, können die Bakterien weiter aufsteigen und eine Entzündung des Nierenbeckens verursachen. Bild: Milena Shehovtsova/iStock/Getty Images Plus

Wiederkehrende Harnwegsinfekte: Besonders ein Problem für Frauen

Viele leiden an wiederkehrenden Harnwegsinfekten – besonders Frauen, da sie eine kürzere Harnröhre haben als Männer und die krankheitsauslösenden Bakterien so leichter in die Blase gelangen. Zur akuten Behandlung werden meistens Antibiotika eingesetzt – in speziellen Fällen auch als Langzeittherapie zur Vorbeugung. Sie haben jedoch Nebenwirkungen wie Durchfall und können auf Dauer zu Resistenzen führen. Dann sprechen Antibiotika nicht mehr an. Deshalb suchen viele Betroffene nach natürlichen Alternativen.

Seit Langem bekannt ist Cranberry: Die getrockneten Beeren, Säfte oder spezielle Präparate werden häufig bei Harnwegsinfekten empfohlen. Neu ist ein bestimmter Zucker: Mannose kann, ersten Studien zufolge, zur Vorbeugung einer Blasenentzündung beitragen und auch Beschwerden bei einer bestehenden Infektion lindern.

Doch gibt es Unterschiede zwischen Mannose und der altbekannten Cranberry? Und falls ja – was wirkt besser?

Mannose: Ein Zucker, der Bakterien bindet und ausscheidet

Der Zucker Mannose (D-Mannose) wird vom Körper im Gegensatz zu anderen Zuckern kaum zur Energiegewinnung verstoffwechselt. Er gelangt in die Blase und wird von dort aus mit dem Urin ausgeschieden.

Im Falle einer Harnwegsinfektion kann sich Mannose in den Harnwegen an die Bakterien anhaften. Dadurch verhindert Mannose, dass Bakterien an die Schleimhaut der Blase andocken und diese angreifen. Letztendlich werden die an Mannose gebundenen Bakterien mit dem Urin ausgeschieden.

Es gibt bereits drei Vorstudien, in denen die Wirksamkeit von Mannose bei Harnwegsinfekten belegt wurde:

 

Anzahl der Probanden

Tägliche Mannose-Dosierung

Dauer der Einnahme

Ergebnisse

Kranjčec et al. 2014

308

2.000 Milligramm

6 Monate

Erneute Infektion im Studienzeitraum bei 15 Prozent
in der Mannose-Gruppeund bei 60 Prozent in der Gruppe ohne Behandlung

Porru et al. 2014

60

2.000 bis 3.000 Milligramm

6 Monate

Dauer bis erneute Infektion:

200 Tage in der Mannose-Gruppe

53 Tage in Antibiotika-Gruppe

Domenici et al. 2016

43

1.500 bis 3.000 Milligramm

2 Wochen

Verbesserung der Beschwerden,

Antibiotikabedarf nur bei 2 Teilnehmern

Um die Wirksamkeit von Mannose zur Behandlung und Vorbeugung von Blasenentzündungen abschließend zu beweisen, sind jedoch weitere und größere Studien notwendig. Vor allem hochwertige Studien, in denen Mannose mit einem Scheinmedikament (Placebo) verglichen wird, müssen noch durchgeführt werden.

Cranberry: Pflanzenstoffe belegen Andockstellen für Bakterien

Für die Wirkung von Cranberry bei Harnwegsinfekten sind bestimmte Pflanzenstoffe verantwortlich – sogenannte Proanthocyanidine (PAC). Diese Stoffe konkurrieren mit den Bakterien um Andockstellen an der Blasenschleimhaut. Sind die Andockstellen durch PAC besetzt, können die Bakterien nicht mehr an der Schleimhaut andocken und eine Infektion hervorrufen. Mit dem Urin werden die Bakterien dann ausgeschieden.

Ein Vorteil, der für Mannose nicht nachgewiesen wurde, ist: Cranberry-PAC wirken in der Blase direkt entzündungshemmend und können im Falle einer Infektion vermutlich die Entzündung lindern.

Illustration der Wirkweisem von Cranberry und Mannose
Escherichia-coli-Bakterien (E. coli) sind meist verantwortlich für einen Harnwegsinfekt. Sie können über verschiedene Mechanismen an die Blasenschleimhaut andocken und eine Infektion verursachen. Die eingenommene Mannose bindet direkt an die Bakterien und verhindert, dass sie an körpereigene Mannose an der Blasenschleimhaut andocken. Cranberry-PAC blockieren dagegen die Andockstellen an der Blasenschleimhaut, sodass die Bakterien dort nicht mehr haften können. Bild: HealthOneMedia GmbH

 

Im Gegensatz zu Mannose gibt es sehr viele Studien zu Cranberry, sodass Forscher bereits mehrere Auswertungen der Studienlage veröffentlicht haben. Zum Beispiel kam eine Forschergruppe im Jahr 2017 durch die Auswertung von sieben hochwertigen Studien zu dem Ergebnis, dass das Risiko eines Harnwegsinfektes bei Frauen um knapp ein Drittel verringert werden kann.

Eine Forschergruppe, die speziell Studien mit Kindern auswertete, schlussfolgerte 2015 ebenfalls, dass Cranberry-Produkte das Risiko für Harnwegsinfekte bei ansonsten gesunden Kindern senken können.

Warum kann Cranberry wirkungslos sein?

Im Gegensatz zu den positiven Studien mit Cranberry gibt es jedoch auch Studien, in denen Cranberry keine Wirkung hatte. Forscher haben dafür verschiedene Erklärungen:

  • PAC Gehalt: Ein Problem ist, dass in Studien oft keine standardisierten Präparate verwendet werden. Der PACGehalt schwankt zum Beispiel in Beeren oder Säften. Laut Studien liegt die wirksame Mindestmenge an PAC bei 36 Milligramm pro Tag.
  • Trinkmenge: Voraussetzung dafür, dass Bakterien aus der Blase gespült werden ist, dass genug getrunken wird – mindestens zwei Liter pro Tag. Liegt die Trinkmenge darunter, wird über den Tag verteilt seltener Urin ausgeschieden und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Bakterien trotz CranberryPAC an die Blasenschleimhaut andocken.
  • Gesundheitszustand: Ist das Immunsystem stark geschwächt, können sanfte Alternativen wirkungslos sein. Bei einem sehr geschwächten Immunsystem verursachen selbst wenige Bakterien schon eine Entzündung. Dann helfen Alternativen nicht und Antibiotika müssen eingesetzt werden.

Mannose oder Cranberry: Was ist besser?

Cranberry ist durch mehr Studien insgesamt besser untersucht – auch wenn es einzelne Studien gibt, in denen Cranberry keine Wirkung hatte. Zu Mannose fehlen grundsätzlich noch hochwertige Studien mit einem Scheinmedikament, die für Cranberry bereits vorliegen. Auch hat Cranberry den Vorteil, dass die Inhaltstoffe selbst entzündungshemmend wirken und Cranberry sozusagen doppelt wirkt: gegen die Bakterien und gegen die Entzündung. Mannose ist aber nichtsdestotrotz eine vielversprechende Alternative zu Antibiotika – besonders, wenn es um die Vorbeugung von Harnwegsinfekten geht.

Inzwischen gibt es auch Präparate, die Cranberry und Mannose in Kombination miteinander enthalten. In einer Vorstudie aus dem Jahr 2018 wurde eine solche Kombination zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten schon getestet: Frauen, die 2.000 Milligramm Mannose, 140 Milligramm Cranberry-PAC und die Vitamine A, C und D sowie Zink einnahmen, hatten weniger Harnwegsinfekte im Studienzeitraum als mit 240 Milligramm Cranberry-PAC allein. In der Kombinationsgruppe bekamen nur 25 Prozent während der sechs Monate eine Infektion, während es in der Cranberry-PAC-Gruppe 45 Prozent waren.

Fazit: Voraussetzungen für eine gute Wirkung

Sowohl Mannose als auch Cranberry können gute Alternativen sein, um Harnwegsinfekten vorzubeugen oder leichte Formen zu behandeln. In schweren Fällen und einem stark geschwächten Immunsystem sind Antibiotika jedoch unverzichtbar. Für eine gute Wirksamkeit von Mannose und Cranberry zählen letztendlich auch unsere Vorlieben: Wird die Behandlung nicht eingehalten, hilft sie nicht.

Cranberry ist nicht jedermanns Sache – besonders getrocknete Beeren schmecken sauer. Säfte enthalten meist viel Zucker und sind deshalb weniger zu empfehlen. Leicht in der Anwendung sind Cranberry-Präparate wie Kapseln. Bei Präparaten sollte jedoch unbedingt auf einen Extrakt geachtet werden, bei dem der PAC-Gehalt angegeben ist. Voraussetzung für eine gute Wirkung ist die PAC-Menge: mindestens 36 Milligramm, laut Studien.

Mannose gibt es in unterschiedlichen Darreichungsformen – zum Beispiel als Kapsel, Pulver oder Granulat. Das ist vielen lieber. In guten Mannose-Präparaten sollten jedoch keine unnötigen Aromastoffe, Farbstoffe oder anderen Zucker als Mannose enthalten sein.

Für eine gute Wirkung von Mannose und Cranberry ist außerdem immer die Trinkmenge entscheidend: Täglich sollten mindestens zwei Liter getrunken werden – idealerweise Wasser und ungesüßte Tees. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können beide – entweder einzeln oder in Kombination miteinander – eine sanfte Alternative zu Antibiotika bei Harnwegsinfekten sein.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Balz-Fritz, A & Dörr, J. (2017): Mannose: Einfachzucker schützt vor Harnwegsinfektionen. Om & Ernährung. 2017(161). https://www.omundernaehrung.com/mannose-einfachzucker-schu-tzt-vor-harnwegsinfektionen.html, abgerufen am: 13.05.2019.

Domenici, L. et al. (2016): D-mannose: a promising support for acute urinary tract infections in women. A pilot study. Eur Rev Med Pharmacol Sci 20(13): 2920-2925. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27424995, abgerufen am: 13.05.2019.

Durham, S.H. (2015): Cranberry Products for the Prophylaxis of Urinary Tract Infections in Pediatric Patients. Ann Pharmacother. 2015 Dec;49(12):1349-56. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26400007, abgerufen am: 13.05.2019.

Fu, Z. et al. (2017): Cranberry Reduces the Risk of Urinary Tract Infection Recurrence in Otherwise Healthy Women: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Nutr. 2017 Dec;147(12):2282-2288.https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29046404, abgerufen am: 13.05.2019.

Jepson, R.G. et al. (2012): Cranberries for preventing urinary tract infections. Cochrane Database Syst Rev. 2012 Oct 17;10:CD001321. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23076891, abgerufen am: 13.05.2019.

Juthani-Mehta, M. et al. (2016): Effect of Cranberry Capsules on Bacteriuria Plus Pyuria Among Older Women in Nursing Homes: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016 Nov 8;316(18):1879-1887. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27787564, abgerufen am: 13.05.2019.

Kranjčec, B. et al. (2014): D-mannose powder for prophylaxis of recurrent urinary tract infections in women: a randomized clinical trial. World J Urol 32(1): 79-84. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23633128, abgerufen am: 13.05.2019.

Mantzorou, M. & Giaginis, C. (2018): Cranberry Consumption Against Urinary Tract Infections: Clinical Stateof- the-Art and Future Perspectives. Curr Pharm Biotechnol. 2018;19(13):1049-1063. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30520372, abgerufen am: 13.05.2019.

Porru, D. et al. (2014): Oral D-mannose in recurrent urinary tract infections in women: a pilot study. J Clin Urol 7(3): 208-213. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/2051415813518332, abgerufen am: 13.05.2019.

Salinas-Casado, J. et al. (2018): Efficacy and safety of D-mannose (2 g), 24h prolonged release, associated with Proanthocyanidin (PAC), versus isolate PAC, in the management of a series of women with recurrent urinary infections. Arch Esp Urol. 2018 Mar;71(2):169-177. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29521263, abgerufen am: 13.05.2019.

Singh, I. et al. (2016): Effect of oral cranberry extract (standardized proanthocyanidin-A) in patients with recurrent UTI by pathogenic E. coli: a randomized placebo-controlled clinical research study. Int Urol Nephrol. 2016 Sep;48(9):1379-86. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27314247, abgerufen am: 13.05.2019.

Über die Autorin

Dr. med. Annette Balz-Fritz

Frau Dr. med Balz-Fritz ist niedergelassene Ärztin mit dem Schwerpunkt Urologie, Proktologie, Ernährungs- und Präventionsmedizin in einer urologischen Gemeinschaftspraxis. Sie erwarb im Februar 2001 die Zusatzqualifikation zur Ernährungsmedizinerin in DAEM/DGEM und qualifizierte sich zum Männerarzt (CMI Institut). Frau Dr. med. Balz-Fritz ist Mitglied bei der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM), bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin und beim Berufsverband Deutscher Ernährungsmediziner.  Wenn ihre Arbeit in der gemeinsamen  Praxis und das Familienleben ihr noch Zeit lassen, treibt sie gerne Sport und ist eine begeisterte Köchin.