Antibabypille (orale Kontrazeptiva) und Mikronährstoffe

Frau hält eine Packung Antibabypillen

Nach aktuellen Schätzungen nehmen über 6 Millionen Frauen in Deutschland regelmäßig orale Kontrazeptiva zur Empfängnisverhütung ein.  Bild: Drkskmn/iStock/Getty Images Plus

Antibabypille: So häufig wird sie eingenommen

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind es von den Frauen im Alter von 20 bis 44 Jahren etwa 55 Prozent und von den Frauen im Alter von 20 bis 29 Jahren sogar 72 Prozent. Orale Kontrazeptiva − umgangssprachlich auch Antibabypillen genannt − sind Hormonpräparate, die aus unterschiedlichen Kombinationen von Estrogenen und Gestagenen bestehen. Eine Ausnahme bildet die Minipille, die nur ein Gestagen enthält, wie zum Beispiel Desogestrel oder Levonorgestrel.

Die Einnahme der Antibabypille greift in den natürlichen Hormonzyklus der Frau ein. Die körpereigenen, am weiblichen Zyklus beteiligten Hormone werden nicht mehr produziert. Dadurch werden der Eisprung und das Einnisten einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter oder die Eireifung gehemmt. Zusätzlich fördert die Antibabypille die Bildung eines für Spermien undurchdringbaren und zähflüssigen Gebärmutterschleims. Dieser verhindert das Hochwandern der Spermien durch den Gebärmutterhals in die Gebärmutter und den Eileiter. Eine Befruchtung und Schwangerschaft werden dadurch verhindert.

Mikronährstoff-Räuber: Antibabypille

Wie alle hormonhaltigen Arzneimittel können auch orale Kontrazeptiva vielfältige

Nebenwirkungen verursachen. Diese reichen von leichten Beschwerden, wie

  • Antriebslosigkeit,
  • Kopfschmerzen, Übelkeit,
  • Brustspannen, Unterleibsschmerzen,
  • Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen,
  • Depressionen,
  • Schmierblutungen,
  • Wassereinlagerungen und Gewichtszunahme

bis hin zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie

  • Migräneanfälle,
  • Blutdruckanstieg,
  • Venenthrombosen, Lungenembolie,
  • Schlaganfall und Herzinfarkt.

Dass die Antibabypille eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen, wie Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen oder ein erhöhtes Thromboserisiko haben kann, ist bekannt. Viel seltener weisen Ärzte allerdings darauf hin, dass die „Pille“ auch den Vitamin- und Mineralstoffhaushalt des weiblichen Körpers aus dem Gleichgewicht bringen kann.

In einer Reihe von Studien wurde beobachtet, dass orale Kontrazeptiva den Haushalt und Stoffwechsel von Vitaminen und Mineralstoffen beeinträchtigen. Die Blutspiegel von Folsäure, Vitamin B2, Vitamin B6, Vitamin B12 und Vitamin C sowie an Magnesium, Selen und Zink waren dabei auffällig verringert.

Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12

Folsäure übernimmt im Organismus zahlreiche lebenswichtige Funktionen, vor allem beim Zellwachstum und der Zellteilung, der Blutzellbildung im Knochenmark und dem gesunden Aufbau unserer Erbsubstanz. Ein Folsäuremangel führt zur Wachstumshemmung aller sich schnell teilenden Zellen, mit der Folge von Entwicklungs- und Reifungsstörungen. Davon betroffen sind vordergründig die Blut- und Schleimhautzellen.

Mütterlicher Folsäuremangel kann während der Schwangerschaft beim ungeborenen Kind zu schweren Störungen in der Entwicklung des Nervensystems, dem sogenannten Neuralrohrdefekt führen („offener Rücken“). Nach einer aktuellen Meta-Analyse der Cochrane-Gruppe aus dem Jahre 2015 senkt die frühzeitige mütterliche Einnahme von Folsäure oder von einem Folsäure-haltigen Multivitaminpräparat vier Wochen vor bis acht Wochen nach der Befruchtung der Eizelle (perikonzeptionelle Einnahme) das Gesamtrisiko für Neuralrohrdefekte um 69 bis 72 Prozent.

Vitamin B6 ist als Steuermann von mehr als 100 enzymatischen Reaktionen für unseren gesamten Stoffwechsel von elementarer Bedeutung. Zusammen mit Folsäure und Vitamin B12 ist Vitamin B6 für den reibungslosen Aufbau von Körpereiweiß und für die Produktion von Nervenbotenstoffen wie Serotonin – den Botenstoff für Ruhe und Ausgeglichenheit – essenziell.

Ein leichter Mangel an diesen B-Vitaminen kann sich daher schon in Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen äußern. Zusammen mit den Vitaminen B12, B2 und B6 ist Folsäure das wichtigste B-Vitamin, um das gefäß- und nerventoxische Homocystein zu entgiften. Dieses gefährliche Stoffwechselprodukt hat in den letzten Jahren immer mehr medizinische Aufmerksamkeit erregt, da ein erhöhter Homocysteinspiegel im Blut mit einem erhöhten Risiko für Venenthrombosen, Schwangerschaftskomplikationen, Schlaganfälle, Osteoporose und Alzheimer-Demenz verbunden ist.

Info

Risikofaktor Homocystein: In einer aktuellen Studie an 90 gesunden jungen Frauen hatten diejenigen, die orale Kontrazeptiva einnahmen, mit 13,2 Mikromol pro Liter einen signifikant erhöhten Homocysteinspiegel im Blut gegenüber den Frauen, die keine Antibabypille einnahmen. Der Homocysteinspiegel der Nicht-Pillen-Anwenderinnen lag mit 7,3 Mikromol pro Liter im Normalbereich (Homocystein im Blutplasma: 5 bis 9 Mikromol pro Liter).

Orale Kontrazeptiva können die Aufnahme (Resorption), Verstoffwechslung und/oder Ausscheidung dieser B-Vitamine stören. Der Mangel an B-Vitaminen kann zu einem Anstieg des gefäß- und nervenschädigenden Homocysteins beitragen. Im Vergleich zu Nicht-Pillen-Anwenderinnen konnte man neben Störungen im Haushalt der B-Vitamine auch erniedrigte Blutspiegel an Magnesium, Selen, Zink und Vitamin C nachweisen.

Die Vitamine C und E

Der Stoffwechsel und die Verwertung der antioxidativen Vitamine C und E kann durch orale Kontrazeptiva gestört werden. Beide Vitamine sind essenzielle Antioxidanzien, die lebenswichtige Zellbausteine, Organe und unser Erbgut (DNA) vor oxidativen Schäden durch aggressive Radikale schützen.

Auch die „Tapete“ unserer Gefäße, das Endothel, wird durch die Vitamine C und E vor der Zerstörung durch aggressive Radikale geschützt. Ein intaktes Endothel ist wichtig für eine gesunde Gefäßfunktion, für die Regulation des Blutdrucks und das Herz-Kreislauf-System. Zudem wird die Verfügbarkeit und Produktion des wichtigen Nervenbotenstoffs Serotonin durch Vitamin C gefördert.

Magnesium, Zink und Selen

Orale Kontrazeptiva können Störungen im Magnesiumhaushalt mit einem Abfall des Magnesiumspiegels im Blut auslösen. Das Allroundtalent Magnesium spielt als treibender Aktivator von mehr als 300 Enzymen eine zentrale Rolle im gesamten Stoffwechsel, insbesondere bei der Energiegewinnung, der Nervenfunktion und der Muskelkontraktion. Dieser Antistress-Mineralstoff schützt nicht nur unseren Körper vor einer übermäßigen Stressbelastung. Auch die Bildung von Nervenbotenstoffen wie Serotonin wird von Magnesium gefördert.

Ein Mangel an Magnesium führt zu einem gestörten Verhältnis zwischen Calcium und Magnesium (Anstieg des Calcium-Magnesium-Quotienten), das einen negativen Einfluss auf die Blutfließeigenschaften hat. Magnesium wirkt antithrombotisch, indem es die Fließeigenschaften des Blutes verbessert und erhöhte Blutdruckwerte senkt. Das Risiko für Gefäßkomplikationen wird durch Magnesium verringert. Zusätzlich unterstützt Magnesium einen stabilen Blutzuckerspiegel.

Auch die Aufnahme und Verwertung der Spurenelemente Selen und Zink kann durch orale Kontrazeptiva gestört werden. Störungen im Haushalt der Nervenbotenstoffe (zum Beispiel Serotonin), des Insulinstoffwechsels und des Immunsystems, können die Folge sein.

Mikronährstoff-Empfehlung für die Praxis: Antibabypille

Eine begleitende Supplementierung von B-Vitaminen, Magnesium und Zink zur Antibabypille unterstützt unter anderem die Bildung des „Glücksbotenstoffs“ Serotonin und kann sich in der Folge durch eine bessere Lebensqualität und Abnahme von Symptomen wie Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen bemerkbar machen.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Gröber, U. (2018): Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung. 4. aktualisierte Auflage, 540 S., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2018.

Gröber, U. & Kisters, K (2017): Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, 240 S., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2017.

Über den Autor

Uwe Gröber

Uwe Gröber ist Leiter der Akademie für Mikronährstoffmedizin und zählt zu den führenden Mikronährstoffexperten Deutschlands mit seinen Spezialgebieten Pharmakologie, Mikronährstoffmedizin, Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Mikronährstoffen, Metabolic Tuning, Ernährungs-, Sport- und Präventivmedizin sowie komplementäre Verfahren in der Diabetologie und Onkologie (z.B. Tumoranämie). Er ist europaweit seit Jahren aktiv in der Aus- und Fortbildung von Ärzten, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern tätig, unter anderem als Dozent an der Dresdner International University (DIU). Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).