Jodmangel in Deutschland wieder häufiger

Sollte man für die Schilddrüse Jodsalz nehmen oder Jodtabletten kaufen?

Jodhaltige Lebensmittel
Jod kommt zwar vor allem in Fisch vor, geringe Mengen stecken aber auch in anderen tierischen Lebensmitteln. Bild: photka/iStock/Getty Images Plus

Jodmangel-Risiko steigt wieder

Jod ist ein unverzichtbarer Mineralstoff für die Schilddrüse. In Deutschland ist die typische Ernährung jodarm: Die Menge an Jod in Lebensmitteln ist gering. Ausnahmen sind Fisch, Meeresfrüchte und Algen. Das essen viele jedoch nicht regelmäßig.

Da ein Jodmangel in Deutschland weit verbreitet war, entschied die Politik in den 1980er Jahren, dass Salz mit Jod angereichert werden kann. Dadurch verbesserte sich die Versorgung und es kam zu weniger Schilddrüsenoperationen. Regelmäßig wird ein Jodmonitoring durchgeführt, um die Situation im Blick zu behalten – die Ergebnisse sind allerdings wieder alarmierend.

Informieren Sie sich in diesem Blogartikel über den aktuellen Stand der Jodversorgung und erfahren Sie, wieviel Jod am Tag wir brauchen und ob Meersalz auch Jod enthält.

Aktuelle Zahlen und Jodmangel-Symptome

Mehrere aktuelle große Untersuchungen zeigen, dass wir in Deutschland nicht gut mit Jod versorgt sind (DONALD-Studie, KiGGS Welle 2 und DEGS). Messen kann man Jod durch einen Urintest. Anhand der Ausscheidung von Jod über den Urin leiten die Forscher dann die tägliche Zufuhr ab.

Folgender Anteil an Personen erreicht den täglichen Jodbedarf nicht:

  • Knapp 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen
  • 47 Prozent der 18- bis 29-Jährigen
  • Rund 40 Prozent der Frauen im Alter von 30 bis 39 Jahren
  • 32 Prozent der Erwachsenen (gesamt)

Ein Anzeichen für einen Jodmangel ist eine vergrößerte Schilddrüse – Kropf oder Struma genannt. Weitere Symptome von Jodmangel sind Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Kälteempfindlichkeit und Haarausfall. Auch kann es bei zu wenig Jod in der Ernährung zu Muskelschmerzen und Herzproblemen kommen.

Warum ist die Jodversorgung wieder schlechter?

Ein Grund für die schlechtere Jodversorgung ist, dass die Industrie Fertigprodukten und verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot, Milchprodukten und Fleischerzeugnissen weniger Jodsalz zusetzt: Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen ermittelten, dass nicht mal ein Drittel der Lebensmittel mit jodiertem Salz produziert wird (28,5 Prozent). Zum Vergleich: Anfang der 2000er Jahre lag der Anteil bei 35 Prozent. Für eine gute Jodversorgung müsste er bei 40 bis 45 Prozent liegen.

In privaten Haushalten verwenden zwar rund 80 Prozent der Menschen nach wie vor Jodsalz, je nach Bildungsstand  und Lebensweise kann sich der Anteil jedoch unterscheiden. Beispielsweise zeigt die DONALD-Studie, dass Kinder inzwischen weniger Jodsalz zuführen als noch vor knapp 20 Jahren, obwohl der Salzkonsum pro Tag insgesamt gestiegen ist.

Bei einigen Menschen ist Gourmet-Salz wie Meersalz oder Himalayasalz beliebt. Dieses wird meistens als natürliches Salz beworben, da keine Zusatzstoffe als Rieselhilfe gegen das Verklumpen eingesetzt werden. Meersalz enthält jedoch kaum Jod. Deshalb empfehlen Behörden und offizielle Stellen Jodsalz. Es wird derzeit sogar diskutiert, ob man die Menge an Jod in Salz erhöhen sollte.

Jodmangel vorbeugen – was kann man tun?

Ob man Meersalz oder Jodsalz verwenden möchte, ist eine individuelle Entscheidung. Für die Gesundheit wichtig ist jedoch, dass der Jodbedarf gedeckt wird.

Jodsalz liefert 15 bis 25 Mikrogramm Jod pro Gramm Salz. Würden Erwachsene die Empfehlung für Salz (6 Gramm pro Tag) ausschließlich mit Jodsalz abdecken, bekäme der Körper 90 bis 150 Mikrogramm Jod. Der Jodbedarf pro Tag für Erwachsene liegt bei 200 Mikrogramm. Die fehlenden 50 Mikrogramm könnte man durch Fisch oder Algen abdecken. Aber Achtung: Achten Sie bei Algen auf den Jodgehalt. Durch nicht gekennzeichnete Algenprodukte kann man auch schnell zu viel Jod aufnehmen.

Da jedoch nicht überall Jodsalz verwendet wird, reicht dies allein nicht aus. Mikronährstoff-Experten empfehlen daher zur Basisabsicherung meistens eine Nahrungsergänzung mit 50 bis 75 Mikrogramm Jod pro Tag.

Verzichtet man komplett auf jodiertes Speisesalz, empfehlen Experten, höher dosierte Jodtabletten für die Schilddrüse einzunehmen – zum Beispiel mit 100 Mikrogramm pro Tagesportion.

Info

Wenn Sie eine Schilddrüsenerkrankung wie Hashimoto [Link] haben, sollten Sie am besten mit Ihrem Arzt oder Mikronährstoff-Experten sprechen. Im Prinzip sollten auch Hashimoto-Patienten den Bedarf decken. Jod ist nicht nur wichtig für die Schilddrüse, sondern beispielsweise auch für das Wachstum. Das gilt besonders für Schwangere, Stillende und Kinder. Nur zu viel Jod nehmen, sollte man nicht.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Arbeitskreis Jodmangel: Meersalz enthält von Natur aus viel Jod – stimmt nicht. https://jodmangel.de/presse/meersalz-enthalt-von-natur-aus-viel-jod-stimmt-nicht/, abgerufen am: 11.10.2023.

Bissinger, L. et al. (2028): Repräsentative Markterhebung zur Verwendung von Jodsalz in handwerklich und industriell gefertigten Lebensmitteln. https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/10491, abgerufen am: 11.10.2023.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2023): Jodversorgung in Deutschland: Ergebnisse des Jodmonitorings bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/degs-jod-studie.html, abgerufen am: 11.10.2023.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2023): "Wenn Salz, dann Jodsalz": BMEL startet Informationsoffensive. Pressemitteilung Nr. 109/2023. https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/109-Jodsalz.html, abgerufen am: 11.10.2023.

Bundesinstitut für Risikobewertung (2020): Jodversorgung in Deutschland wieder rückläufig - Tipps für eine gute Jodversorgung. Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsorge. https://www.bfr.bund.de/cm/343/jodversorgung-in-deutschland-wieder-ruecklaeufig-tipps-fuer-eine-gute-jodversorgung.pdf, abgerufen am: 11.10.2023. 

Feldkamp, J. (2023): Gastbeitrag zur Ernährung. Deutschland ist wieder ein Jodmangelland! Ärztezeitung 30.08.2023. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Deutschland-ist-wieder-ein-Jodmangelland-442289.html, abgerufen am: 11.10.2023.

Kirchhoff, V. K. (2020): Verbrauchereinstellungen zum Salz- und Jodsalzkonsum in Lebensmitteln: Eine Befragungsstudie. Berichte über Landwirtschaft - Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft. Band 98, Heft 2, August 2020. https://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/303, abgerufen am: 11.10.2023.

Remer, T. et al. (2022): The DONALD study as a longitudinal sensor of nutritional developments: iodine and salt intake over more than 30 years in German children. Eur J Nutr. 2022; 61(4): 2143–2151. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9106614/, abgerufen am: 11.10.2023.

Remer, T. & Thamm, M. (2015): Abschlussbericht: Ermittlung der täglichen Jod- und Salzzufuhr Erwachsener in Deutschland: Biomarkerbasierte Datenanalyse der repräsentativen DEGS-Studie und methodologische Basislegung für künftige Gesundheitssurveys. Förderkennzeichen: 2813HS013. https://service.ble.de/ptdb/index2.php?detail_id=38127&site_key=145&zeilenzahl_zaehler=589&NextRow=210&pId=38127&dId=111247, abgerufen am: 11.10.2023.

Robert Koch-Institut (2018): KiGGS Welle 2: Ergebnisse im Journal of Health Monitoring. https://www.kiggs-studie.de/ergebnisse/kiggs-welle-2/johm.html, abgerufen am: 11.10.2023.

Schirmacher, H. (2023): Table Alert: BMEL warnt vor Jodmangel. https://table.media/agrifood/professional-briefing/table-alert-bmel-warnt-vor-jodmangel/, abgerufen am: 11.10.2023.

Verbraucherzentrale (2022): Welches Salz im Haushalt? https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/welches-salz-im-haushalt-11382, abgerufen am: 11.10.2023.

Über den Autor

Niels Schulz-Ruhtenberg

Nils Schulz-Ruhtenberg ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin.  Nach dem Medizinstudium in Göttingen, Hamburg und Südafrika spezialisierte er sich auf Präventivmedizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin. In seiner Hamburger Arztpraxis bietet er seit 2001 modernste medizinische Diagnostik und Therapie an in Sachen Ernährung, Mikronährstoffe, Gewichtsreduktion, funktionelle Medizin und Leistungsoptimierung im Job und Sport an. Schwerpunkte sind die Vermeidung und Linderung von lebensstilbedingten Erkrankungen durch ein effektives Gesundheits- und Selbstmanagement. Im Mittelpunkt stehen dabei oft die Verbesserung der Stresstoleranz sowie die Steigerung der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit durch natürliche nebenwirkungsfreie Methoden, z. B. durch eine optimale Nährstoffversorgung.