
30 bis 50 Prozent aller Erwachsenen haben im Lauf ihres Lebens Schlafstörungen. Da gestörter Schlaf die Gesundheit gefährden kann, suchen Experten nach einfachen und preisgünstigen Methoden zur Verbesserung der Schlafqualität. Eine aktuelle Übersichtsarbeit hat die Auswirkungen von Probiotika auf Schlafqualität und Stimmung bei Patientinnen und Patienten untersucht, die unter Schlaflosigkeit leiden.
Schlafstörungen machen krank
Schlaf ist ein Zustand reduzierter geistiger und körperlicher Aktivität. In dieser Zeit kann das Gehirn Erlebnisse verarbeiten, und Körper und Geist können sich regenerieren. Viele Krankheiten können unseren Schlaf stören. Andersherum haben Schlafstörungen negative Auswirkungen auf die Gesundheit: Ständige Müdigkeit sorgt nicht nur für Konzentrationsschwäche, sondern kann auch auf die Stimmung schlagen und depressive Symptome verursachen oder verstärken – und sogar das Suizidrisiko erhöhen. Daneben steigert gestörter Schlaf aber auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes.
Für die Behandlung können die kognitive Verhaltenstherapie oder verschiedene Medikamente eingesetzt werden, die entweder mit hohen Kosten oder einer Gefahr der Abhängigkeit verbunden sind. Wie schon länger bekannt ist, kann unsere Darmflora die Schlafqualität beeinflussen. Daher könnten Probiotika eine Therapieoption für Menschen mit Schlaflosigkeit sein.
Was hat die aktuelle Übersichtsarbeit untersucht?
Die aktuelle Übersichtsarbeit einer chinesischen Forschungsgruppe hat mehrere Datenbanken durchsucht und letztendlich sechs Studien ausgewertet, die zwischen 2018 und 2024 durchgeführt wurden. Sie umfassten gemeinsam 424 Patientinnen und Patienten mit Schlaflosigkeit, davon waren knapp 30 Prozent männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 39,3 Jahren. Insgesamt erhielten 223 Betroffene eine probiotische Behandlung, während 201 Personen als Kontrollgruppe dienten. Sie erhielten entweder ein Placebo oder keinerlei Behandlung.
Subjektive und objektive Beurteilung der Schlafqualität
Ein Teil der Studien untersuchte objektive Parameter – wie
- Gesamtschlafdauer (drei Studien mit 226 Betroffenen),
- Einschlafzeit (Schlaflatenz) (ebenfalls drei Studien mit 226 Betroffenen) und
- Schlafeffizienz (Zeit, die schlafend im Bett verbracht wird, im Vergleich zur gesamten Zeit, die man im Bett liegt) (zwei Studien mit 166 Teilnehmenden).
Hier ergaben die Ergebnisse keinen Unterschied zwischen der Probiotika- und der Kontrollgruppe. Auch die Gesamtzahl der Nebenwirkungen war in der Probiotika- und der Placebogruppe vergleichbar. Sie wurde in zwei Studien mit 140 Teilnehmenden abgefragt.
Der Fokus bei der Auswertung der sechs ausgewählten Studien lag allerdings auf den subjektiven Faktoren. Zum Einsatz kam hierfür der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI). Dabei handelt es sich um einen Fragebogen, bei dem die Patienten die Qualität ihres Schlafs selbst beurteilen – meist für einen ganzen Monat. Er umfasst in der Regel 19 Fragen in sieben Kategorien.
Zudem beurteilten Prüfende in zwei Studien mit 140 Teilnehmenden den Schweregrad einer vorliegenden Depression anhand der Hamilton Depression Scale (HAMD). Dazu diente ein etwa 30-minütiges Gespräch mit den Betroffenen. Die Skala ist drei- bis fünf-stufig.
Verbesserung der subjektiven Schlafparameter
Bei der subjektiven Beurteilung der Schlafqualität zeigten sich in der Probiotikagruppe positive Veränderungen:
- Die PSQI-Werte in dieser Gruppe fielen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant niedriger aus. Im Durchschnitt sanken sie um 2,1 Punkte.
Das weist auf weniger Schlafstörungen und eine verbesserte Schlafqualität hin. Besserer Schlaf kann sich vorteilhaft auf die Alltagstauglichkeit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen auswirken. - Die HAMD-Werte waren in der Gruppe, die Probiotika einnahm, ebenfalls signifikant niedriger – und zwar durchschnittlich um 7,72 Punkte – als in der Placebogruppe.
Dieser Rückgang ist bedeutsam, da er auf eine deutliche Verbesserung depressiver Symptome hinweist, die häufig mit Schlaflosigkeit einhergehen.
Probiotische Bakterien können Neurotransmitter-Spiegel regulieren
Mögliche Mechanismen der Probiotika bei Schlafstörungen können die Regulierung von Neurotransmittern, Hormonen und Entzündungsreaktionen sein – beispielsweise durch bakteriell produzierte kurzkettige Fettsäuren (SCFAs). Diese können den Vagusnerv – den direkten Kommunikationsweg zwischen Darm und Gehirn – stimulieren und darüber wahrscheinlich die Nervenaktivität in schlafrelevanten Hirnregionen beeinflussen.
Bestimmte Bakterien, die zur Gruppe der Milchsäurebakterien (Laktobazillen und Bifidobakterien) gehören, können beispielsweise die Produktion der beruhigend wirkenden Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) anregen, beziehungsweise sie selbst bilden. Der Nervenbotenstoff (Neurotransmitter) GABA dämpft die Erregbarkeit des zentralen Nervensystems und fördert so tieferen Schlaf.
Darmbakterien können auch die Herstellung der schlafrelevanten Hormone Serotonin und Melatonin beeinflussen.
Mit Probiotika den Entzündungs-Teufelskreis durchbrechen
Zudem nehmen Bakterien Einfluss auf das Entzündungsgeschehen. Entzündungen beziehungsweise entzündungsfördernde Botenstoffe (Zytokine) können den Schlaf beeinträchtigen. Und andersherum führt chronischer Schlafmangel zu oxidativem Stress und zu Entzündungen – und kann obendrein die Hormone der Darm-Hirn-Achse verändern, wie eine Studie mit Mäusen aus dem Jahr 2023 gezeigt hat. Dadurch kann ein Teufelskreis aus Entzündungen und Schlafstörungen entstehen.
In der genannten Studie konnte eine Probiotika-Gabe die oxidativen Schäden verringern, die Hormonspiegel regulieren und vor allem die Entzündungen reduzieren. Zahlreiche Studien haben die entzündungshemmende Wirkung diverser Probiotika belegt. Zum Beispiel können auch GABA-produzierende Probiotika antientzündlich wirken.
Fazit: Probiotika als Therapie-Option bei Schlafstörungen
Die Übersichtsarbeit belegt das Potenzial von Probiotika, Menschen mit Schlaflosigkeit zu einer besseren Schlafqualität zu verhelfen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass sie als sicher und gut verträglich befunden wurden. Die (wenigen) Nebenwirkungen waren nur mild und vorübergehend.
Studien und Quellen:
DocCheck Flexikon. Hamilton Depression Scale. Stand: 21.07.2025. Hrsg.: DocCheck Community GmbH. https://flexikon.doccheck.com/de/Hamilton_Depression_Scale, zuletzt abgerufen am 06.08.2025
Liu Y et al. Impact of probiotics on sleep quality and mood states in patients with insomnia: a systematic review and meta-analysis. Front Microbiol. 2025 Jul 16: 16: 1596990. https://www.frontiersin.org/journals/microbiology/articles/10.3389/fmicb.2025.1596990/full
Naturheilkunde-kompakt.de. Können Probiotika zu besserem Schlaf verhelfen? Stand: 05.08.2025. Hrsg.: HCP Publishing Group GmbH. https://naturheilkunde-kompakt.de/2025/08/05/koennen-probiotika-zu-besserem-schlaf-verhelfen/, zuletzt abgerufen am 06.08.2025
University of Pittsburgh. Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI). PDF (Extrakt aus: Shahid A et al. (eds.). STOP, THAT and One Hundred Other Sleep Scales. Book. Jan 2012: 187-190. ISBN: 978-1-4419-9892-7. https://www.med.upenn.edu/cbti/assets/user-content/documents/Pittsburgh%20Sleep%20Quality%20Index%20(PSQI).pdf, zuletzt abgerufen am 06.08.2025
Zheng Y et al. Probiotics Supplementation Attenuates Inflammation and Oxidative Stress Induced by Chronic Sleep Restriction. Nutrients. 2023 Mar 21; 15(6): 1518. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10054086/, zuletzt abgerufen am 06.08.2025