Sporenbildende Bakterien: neue Hilfe bei Darmerkrankungen?

Sogenannte Sporebiotics überleben die Magensäure in großer Zahl und verbessern die Darmflora

Frau nimmt sporenbildene Bakterien ein
Präparate mit sporenbildenden Bakterien könnten bald eine Therapiemöglichkeit sein. Bild: fizkes

Was ist der Unterschied zwischen Probiotika und Sporebiotics?

Der Darm ist wichtig für die Gesundheit. Daher ist seine bakterielle Besiedelung entscheidend. Sollte das Gleichgewicht der Bakterien einmal kippen, können Probiotika die Wiedererlangung desselben positiv beeinflussen. Probiotika sind lebende Bakterien, die im Darm ein gesundes Klima schaffen. Jedoch gibt es ein Problem: Die Bakterien müssen nach der Einnahme die Magensäure überstehen. Sie tötet die meisten Bakterien ab. Daher nutzen Hersteller Strategien, um die Überlebensfähigkeit zu verbessern: Magensaftresistente Kapselhüllen zum Beispiel lösen sich erst im Darm auf und setzen die Bakterien dort frei.

Nun erforschen Wissenschaftler Bakterien, die resistenter gegen Säure sind. Man nennt solche Bakterien auch Sporebiotics. Sie können resistente Sporen mit dicken Wänden bilden. In den Sporen sind die Bakterien geschützt und überleben widrige Umstände wie Trockenheit, UV-Licht und Säure. Diese Widerstandsfähigkeit hat sie in der Natur sehr erfolgreich gemacht. Aus demselben Grund sind sporenbildende Bakterien auch als Probiotika in der Mikronährstoffmedizin vielversprechend: Sie können gut getrocknet und lange als Pulver gelagert werden – beste Voraussetzungen für ein Präparat zum Einnehmen.

Sporenbildende Bakterien: Wo werden sie bereits genutzt?

Sporenbildende Bakterien werden seit langer Zeit bei der Herstellung von Lebensmitteln und in der Biotechnologie verwendet. Zum Beispiel helfen sie bei

  • der Fermentation von Nahrungsmitteln mit Soja (Natto und fermentierte Sojabohnenpaste).
  • der Tierzucht. Sie sollen das Immunsystem der Tiere stärken und den Einsatz von Antibiotika reduzieren. Bakterien wie Bacillus subtilis beschleunigen zudem die Gewichtszunahme.
  • biotechnologischen Prozessen: Bakterien werden genutzt, um zum Beispiel Enzyme und Grundstoffe für Industrie, Landwirtschaft und Medizin zu produzieren.

Mittlerweile gibt es erste Studien an Menschen, um Sporebiotics auch in der Medizin einzusetzen. Die Ergebnisse zur gesundheitlichen Wirkung sind sehr ermutigend.

Sporebiotics bei Verdauungsstörungen

Forscher untersuchten in einer hochwertigen Studie die Wirkung sporenbildender Bakterien bei Verdauungsstörungen (Bacillus coagulans und Bacillus subtilis). Dabei bekamen 32 Betroffene das Präparat und 36 ein Scheinpräparat. Eingesetzt wurden zweimal 2,5 × 109 koloniebildende Einheiten pro Tag. Nach acht Wochen hatten die Verdauungsbeschwerden nach dem Essen in der Gruppe mit dem „Sporebioticum“ häufiger abgenommen. Gleichzeitig verbesserten sich die Darmflora und das überaktive Immunsystem. Etwa die Hälfte der Teilnehmer sprach auf die Behandlung an.

Es gibt noch weitere erfolgreiche Studien, zum Beispiel bei Reizdarm und Blähungen. Darüber hinaus liegen Hinweise vor zu Durchfall und Verstopfung, Darmentzündung und Immunerkrankungen.

Sporebiotics: Einnahme und Sicherheit

Ohne Frage haben sporenbildende Probiotika ein großes Potenzial in der Medizin. Aber Experten fordern noch mehr Daten zur Wirkung und Sicherheit. Daneben muss man untersuchen, welche Bakterien am besten geeignet sind und ob sie Vorteile gegenüber nicht sporenbildenden Bakterien haben. Einige Bakterien können nämlich Gifte oder Antibiotika herstellen. Dennoch gibt es mit vielen Bakterien schon eine lange Anwendungspraxis. Zum Beispiel sind einige Stämme von Bacillus coagulans und Bacillus subtilis in Europa und Amerika schon als sicher anerkannt.

Möchten Sie sporenbildende Bakterien einnehmen, fragen Sie am besten einen Arzt oder Mikronährstoff-Experten. Bestehen Zweifel, sind herkömmliche Probiotika eine gute Alternative. Auch diese können die Magensäure überleben – eventuell nur in geringer Anzahl.

Verzeichnis der Studien und Quellen

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