Vitamin D zur Vorbeugung von Diabetes?

Laut aktuellen Studien besteht ein Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Spiegel und Diabetesrisiko

Person hält eine Vitamin-D-Kapsel gegen das Sonnenlicht
itamin D wird auch als Sonnenvitamin bezeichnet. Es hat zahlreiche positive Effekte auf den Stoffwechsel. Bild: iStock.com/Helin Loik-Tomson

Die Zahl der Typ-2-Diabetiker nimmt weltweit zu. Gründe hierfür sind unter anderem ein ungesunder Lebensstil mit mangelnder Bewegung und Übergewicht. Um Diabetes vorzubeugen, empfehlen Mediziner eine gesunde Ernährung und regelmäßigen Sport.

Doch es gibt noch einen weiteren Punkt: Bekannt ist, dass Vitamin D einen positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel hat. Ein Vitamin-D-Mangel ist weit verbreitet – sowohl bei Gesunden als auch bei Personen mit erhöhtem Diabetesrisiko. Vitamin D kann zwar vom Körper selbst gebildet werden, dies reicht jedoch häufig nicht aus: Oft ist die Sonne zu schwach und viele halten sich zu wenig im Freien auf.

Aus diesem Grund könnte die Einnahme von Vitamin D wichtig sein für die Vorbeugung von Diabetes mellitus Typ 2. Doch gibt es dazu Studien? In den letzten Jahren häufen sich die Hinweise, dass an der Vermutung etwas dran ist. Wer profitiert und was sollte man beachten?

Vitamin D verbessert den Zuckerstoffwechsel

Vitamin D reguliert den Zuckerstoffwechsel, indem es auf die Bauchspeicheldrüse und die Körperzellen Einfluss nimmt: Es fördert die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Somit steht mehr Insulin zur Verfügung. Gleichzeitig unterstützt Vitamin D die Insulinwirkung im Körper. Folglich wird der Zucker schneller aus dem Blut in die Zellen aufgenommen. Der Blutzucker sinkt.

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Insulin sorgt dafür, dass der Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen aufgenommen wird. Ist dieser Prozess gestört, spricht man von einer verminderten Insulinwirkung oder Glukosetoleranz (Prädiabetes). Der Nüchternblutzucker ist dabei leicht über dem Normbereich (über 100 Milligramm pro Deziliter). Schreitet die Erkrankung fort, kommt es zu einer Insulinresistenz. Dabei ist zwar Insulin vorhanden, doch die Zellen sprechen nicht mehr darauf an. Die Bauchspeicheldrüse muss somit mehr herstellen, bis sie zunehmend erschöpft ist. Dann liegt Diabetes Typ 2 vor.

Die Wirkung von Vitamin D könnte daher Personen mit erhöhtem Diabetesrisiko oder Diabetes-Vorstufe (Prädiabetes) zugutekommen. Vitamin D hilft dabei, dass der Körper wieder besser auf Insulin reagiert, sodass er den Zucker wieder besser aufnimmt.

Vitamin-D-Mangel bei Prädiabetikern verschlechtert die Prognose

In einer großen Beobachtungsstudie untersuchten Forscher, ob sich bei Prädiabetes und Vitamin-D-Mangel häufiger Typ-2-Diabetes entwickelt. Zu Beginn der Studie hatte keiner der Teilnehmer Diabetes. Nach acht bis zehn Jahren beobachteten die Forscher eine klare Tendenz: Je höher der Vitamin-D-Spiegel am Anfang ausfiel, desto eher sank das Risiko, dass aus einem Prädiabetes ein Typ-2-Diabetes wurde: Es war um 25 Prozent niedriger, wenn der Vitamin-D-Wert um 4 Nanogramm pro Milliliter höher lag. Auch andere Forscher kamen zu vergleichbaren Ergebnissen.

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Der Vitamin-D-Wert wird im Blut bestimmt und in Nanogramm pro Milliliter angegeben. Ein Mangel liegt bei einem Wert unter 20 Nanogramm pro Milliliter vor. Einen bestmöglichen gesundheitlichen Nutzen hat man bei Werten zwischen 40 und 60 Nanogramm pro Milliliter.

Schützt die Einnahme von Vitamin D vor Diabetes?

Anhand der Beobachtungstudien könnte man schlussfolgern, dass gut gefüllte Vitamin-D-Speicher die Entwicklung von Typ-2-Diabetes hinauszögern. Daher sollte die kontrollierte Einnahme von Vitamin D Prädiabetiker schützen. Es gibt bereits Studien, die das bestätigen: Die Einnahme von Vitamin D verbesserte in einer hochwertigen Studie die Insulinwirkung. Zu Beginn hatten die Teilnehmer geringe Vitamin-D-Werte (unter 30 Nanogramm pro Milliliter). Anschließend nahmen sie über zwölf Wochen hoch dosiertes Vitamin D ein. Dies hob den Spiegel nachweislich an.

Auch zahlreiche weitere Studien bestätigen dies. Forscher haben sie in großen Übersichtsarbeiten mit folgenden Ergebnissen ausgewertet:

  • Prädiabetiker mit einem Vitamin-D-Mangel profitieren am meisten von einer Einnahme. Waren die Teilnehmer stattdessen schon gut versorgt, fiel der Nutzen geringer aus.

  • Wirksam sind Dosierungen über 1.000 Internationalen Einheiten Vitamin D pro Tag. Erst diese Menge erhöht wahrscheinlich den Vitamin-D-Spiegel wirksam.

Einige Forscher fanden in ihren Übersichtsarbeiten keinen Effekt. Allerdings wurden diese Punkte dann nicht berücksichtigt.

Expertenwissen

Ein frühzeitiger Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels könnte ebenso das Risiko für Typ-1-Diabetes senken. Bei dieser Diabetesform greift das Immunsystem die Insulin produzierenden Betazellen an. Vitamin D könnte aufgrund seiner immunmodulierenden Wirkung die Betazellen vor der Zerstörung schützen und den Krankheitsverlauf bremsen. Ein guter Vitamin-D-Status im Kindesalter ist mit einem verminderten Risiko für Diabetes mellitus Typ 1 assoziiert. Allerdings gibt es viele genetische Varianten im Vitamin-D-Stoffwechsel, sodass die individuelle Wirkung stark schwankt.

Fazit: für Diabetes-Schutz auf gute Vitamin-D-Versorgung achten

Bei einem erhöhten Diabetesrisiko ist es wichtig, den Vitamin-D-Spiegel frühzeitig zu überprüfen. Dies kann man beim Hausarzt machen lassen. Ist der Wert zu gering, empfiehlt sich die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten. Als Faustregel für die Dosierung gilt: 1.000 Internationale Einheiten Vitamin D pro Tag, zusätzlich zur körpereigenen Bildung, erhöhen den Spiegel dauerhaft um 10 Nanogramm pro Milliliter. Bei einem erhöhten Diabetesrisiko sollten Werte zwischen 40 und 60 Nanogramm pro Milliliter angestrebt werden.

Zur schnelleren Steigerung des Vitamin-D-Wertes können für einige Wochen auch höhere Dosierungen sinnvoll sein. Dies sollte jedoch mit einem Experten abgesprochen sein, denn Vitamin D kann auf Dauer auch überdosiert werden.

Durch den Ausgleich des Vitamin-D-Mangels verbessert sich der Zuckerstoffwechsel und die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes mellitus wird deutlich verlangsamt. Vitamin D kann somit das Diabetesrisiko senken und sollte als eine wichtige Maßnahme zur Vorbeugung von Diabetes betrachtet werden.

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Auch Personen mit bereits bestehendem Typ-2-Diabetes profitieren von Vitamin D. Forscher beobachteten in einer Studie eine Verbesserung des Zuckerstoffwechsels. Weiterhin steht ein geringer Vitamin-D-Wert mit einer starken Ausprägung des metabolischen Syndroms in Zusammenhang. Als metabolisches Syndrom wird die Kombination aus Fettleibigkeit (Adipositas), erhöhten Blutfettwerten, Bluthochdruck und gestörtem Blutzucker bezeichnet. Daneben könnten Diabeteskomplikationen wie ein diabetischer Fuß günstiger verlaufen, wenn kein Mangel vorliegt.

Verzeichnis der Studien und Quellen

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Über den Autor

Uwe Gröber

Uwe Gröber ist Leiter der Akademie für Mikronährstoffmedizin und zählt zu den führenden Mikronährstoffexperten Deutschlands mit seinen Spezialgebieten Pharmakologie, Mikronährstoffmedizin, Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Mikronährstoffen, Metabolic Tuning, Ernährungs-, Sport- und Präventivmedizin sowie komplementäre Verfahren in der Diabetologie und Onkologie (z.B. Tumoranämie). Er ist europaweit seit Jahren aktiv in der Aus- und Fortbildung von Ärzten, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern tätig, unter anderem als Dozent an der Dresdner International University (DIU). Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).