Vitamin K2 und Statine kombinieren − die bessere Behandlung

Warum die Ergänzung von Vitamin K2 Nebenwirkungen von Statinen ausgleichen kann

Holzwürfel zeigen das Wort Statin
Statine senken die Cholesterinwerte im Blut. Doch sie können auch die Bildung von Vitamin K2 stören. Das kann langfristig die Gesundheit beeinträchtigen. Bild: iStock.com/Roman Didkivskyi

Was sind Statine und wann werden sie eingesetzt?

Statine sind die am häufigsten in Deutschland verschriebenen Cholesterinsenker. Sie senken bei erhöhten Blutwerten den Cholesterinspiegel. Erhöhte Cholesterinwerte – insbesondere des schlechten LDL-Cholesterins – stehen im Zusammenhang mit dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Somit können Statine beispielsweise zur Vorbeugung und Therapie von Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) und Bluthochdruck eingesetzt werden.

Darüber hinaus haben Statine weitere vielseitige Wirkungen. Dazu zählen unter anderem entzündungshemmende Effekte sowie eine Schutzfunktion für Nerven und Gefäßwände. Daher werden Statine auch bei anderen Erkrankungen wie Alzheimer oder Krebs getestet. Sie werden zudem aktuell als Therapieansatz bei COVID-19 diskutiert. So können Statine möglicherweise in das Infektionsgeschehen eingreifen, indem sie Einfluss auf den Rezeptor (ACE2) nehmen, über den das Coronavirus in die Zelle eintritt. Eine klare Empfehlung gibt es jedoch bisher nicht.

Info

Statine hemmen ein Enzym (HMG-CoA-Reduktase), das einen Ausgangsbaustein von Cholesterin (Mevalonat) herstellt. Durch die Hemmung wird weniger körpereigenes Cholesterin in den Zellen gebildet. Folglich senken Statine die Cholesterinwerte im Blut.

Statine beeinträchtigen die Vitamin-K2-Bildung

Wie viele Arzneimittel können auch Statine bei längerer Einnahme unerwünschte Nebenwirkungen haben. Wenn die Cholesterinbausteine fehlen, können auch andere Verbindungen nicht hergestellt werden. Zum Beispiel wird die Vitamin-K-Vorstufe K1 schlechter in das aktive Vitamin K2 (Menaquinon) überführt. Folglich ist ein Mangel an aktivem Vitamin K2  möglich, welches der Körper zum Beispiel für den Knochenstoffwechsel braucht.

Diesen Vitamin-K-Mangel beobachteten Forscher in einer Studie mit Statin-Anwendern. Die Teilnehmer hatten eine erhöhte Konzentration eines „unfertigen“ Hormons des Knochenstoffwechsels im Blut, das als Marker für einen Vitamin-K-Mangel dient (uncarboxyliertes Osteocalcin). Eine erhöhte Konzentration dieses Markers steht außerdem in Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Arteriosklerose.

Info

Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung, gesunde Knochen und Blutgefäße. Man unterscheidet verschiedene Unterformen. Vitamin K1 kommt in grünem Gemüse vor und Vitamin K2 wird von Bakterien gebildet. Im Körper kann Vitamin K1 in die eigentlich wirksame Form Vitamin K2 umgebaut werden, welche die größte Bedeutung für den Menschen hat.

Folgen für die Gesundheit von Herz, Knochen und Muskeln

Obwohl Statine bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden, um Cholesterin aus den Wänden der Blutgefäße zu senken, stehen sie andererseits im Verdacht, eine Verkalkung der Gefäßwände zu fördern. So hatten Statin-Anwender in der bereits genannten Studie eine höhere Kalkablagerung in den Herzkranzgefäßen. Die Autoren führen dies auf die unzureichende Versorgung mit Vitamin K2 zurück, die anhand der erhöhten Konzentrationen des speziellen Knochenstoffwechsel-Hormons (uncarboxyliertes Osteocalcin) festgestellt wurde.

Expertenwissen

Vitamin K ist als Cofaktor notwendig, um Proteine zu modifizieren, sodass sie Calcium binden können (Carboxylierung): Carboxyliertes Osteocalcin baut aktiv Calcium in die Knochen ein. Steht zu wenig Vitamin K zur Verfügung, sammelt sich uncarboxyliertes Osteocalcin an. Dieses hemmt wiederum den Einbau von Calcium in die Knochen. Folglich kommt es zu einem Überschuss an Calcium in den Blutgefäßen, welches die Verkalkung begünstigt.

Eine Beobachtungsstudie zeigt, dass Statine je nach Dosis mit dem Osteoporose-Risiko in Zusammenhang stehen. So führte eine niedrige Statin-Dosierung (bis 10 Milligramm) zu einer Senkung des Risikos. Hohe Dosierungen von − je nach Art des Statins − über 20 bis 40 Milligramm förderten hingegen die Entstehung von Osteoporose. Daher ist insbesondere bei Einnahme von hoch dosierten Statinen auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin K2 zu achten. Vor allem Vitamin K2 sorgt für die Knochenfestigkeit und für eine Mineralisierung des Knochens.

Welche Vitamin-K-Form ist die beste?

Es sollte unbedingt ein Mikronährstoffpräparat gewählt werden, das neben Vitamin K1 auch K2 enthält. Vitamin K1 wird vorwiegend in der Leber genutzt und kommt kaum in anderen Organen an. Daher ist Vitamin K2 die wichtigere Unterform für die Knochen- und Herzgesundheit. Außerdem bleibt Vitamin K2 länger im Blut aktiv. Für Vitamin K2 gibt es wiederum unterschiedliche Unterformen. Am bekanntesten sind MK-4 und MK-7. In Studien hat sich MK-7 als am wirkungsvollsten erwiesen: Diese Form wird am besten aufgenommen und bleibt am längsten im Blut.

Fazit: Bei einer Therapie mit Statinen sollte Vitamin K2 ergänzt werden

Die medikamentöse Therapie mit Statinen kann sich auf den Mikronährstoffhaushalt auswirken. Davon betroffen ist unter anderem Vitamin K2. Daher ist es sinnvoll, die Versorgung mit Vitamin K2 im Blut mindestens einmal im Jahr beim Arzt überprüfen zu lassen. Bei unzureichender Versorgung sollte Vitamin K2 über ein Mikronährstoffpräparat ergänzt werden. Negative Auswirkungen einer Statin-Therapie wie die Verkalkung von Gefäßen können somit möglicherweise minimiert werden.

Es bieten sich beispielsweise Mikronährstoffpräparate mit einer Dosierung von 50 bis 100 Mikrogramm Vitamin K2 pro Tag an. Bei der Einnahme von Blutverdünnern vom Cumarin-Typ (zum Beispiel Marcumar®) muss die Einnahme von Vitamin K unbedingt vorher mit dem Arzt besprochen werden, da sonst die Wirkung des Medikaments abgeschwächt wird.

Tipp

Welche weiteren Mikronährstoffe neben Vitamin K2 bei der Einnahme von Statinen ergänzt werden sollten, können Sie hier nachlesen. Zum Beispiel hat sich die begleitende Einnahme von 100 bis 300 Milligramm Coenzym Q10 als hilfreich erwiesen, um Muskelbeschwerden zu lindern. Muskelschmerzen sind eine häufige Nebenwirkung von Statinen. Grund dafür ist, dass Statine vermutlich die Kraftwerke der Muskelzellen (Mitochondrien) schädigen.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Daniels, L. B. et al. (2020): Relation of Statin Use Prior to Admission to Severity and Recovery Among COVID-19 Inpatients. Am J Cardiol. 2020 Dec 1; 136: 149–155. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/labs/pmc/articles/PMC7492151/, abgerufen am: 29.11.2021.

Gröber, U. (2021): Statine – Hemmung der Mevalonatsynthese mit Folgen. In: Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 19 (02), S. 23–27. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1484-8101, abgerufen am: 29.11.2021.

Gröber, U. et al. (2020): Important drug-micronutrient interactions: A selection for clinical practice. Crit Rev Food Sci Nutr. 2020;60(2):257-275. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30580552/, abgerufen am: 29.11.2021.

Gröber, U. (2018): Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung. 4. aktualisierte Auflage, 540 S., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2018.

Harshman, S. G. et al. (2019): Atorvastatin Decreases Renal Menaquinone-4 Formation in C57BL/6 Male Mice. J Nutr. 2019 Mar; 149(3): 416–421. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/labs/pmc/articles/PMC6398385/, abgerufen am: 29.11.2021.

Kieronska-Rudek, Al. et al. (2021): Exogenous Vitamins K Exert Anti-Inflammatory Effects Dissociated from Their Role as Substrates for Synthesis of Endogenous MK-4 in Murine Macrophages Cell Line. Cells. 2021 Jul; 10(7): 1571. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/labs/pmc/articles/PMC8303864/, abgerufen am: 29.11.2021.

Leutner, M. et al. (2019): Diagnosis of osteoporosis in statin-treated patients is dose-dependent. Annals of the rheumatic diseases, 78(12), 1706–1711. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31558481/, abgerufen am: 29.11.2021.

Torres-Peña, J. D. et al. (2021): Could Statin Therapy Be Useful in Patients With Coronavirus Disease 2019 (COVID-19)?. Frontiers in cardiovascular medicine, 8, 775749. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34778421/, abgerufen am: 29.11.2021.

Zhelyazkova-Savova, M. D. et al. (2021): Statins, vascular calcification, and vitamin K-dependent proteins: Is there a relation?. The Kaohsiung journal of medical sciences, 37(7), 624–631. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33634559/, abgerufen am: 29.11.2021.

Über den Autor

Uwe Gröber

Uwe Gröber ist Leiter der Akademie für Mikronährstoffmedizin und zählt zu den führenden Mikronährstoffexperten Deutschlands mit seinen Spezialgebieten Pharmakologie, Mikronährstoffmedizin, Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Mikronährstoffen, Metabolic Tuning, Ernährungs-, Sport- und Präventivmedizin sowie komplementäre Verfahren in der Diabetologie und Onkologie (z.B. Tumoranämie). Er ist europaweit seit Jahren aktiv in der Aus- und Fortbildung von Ärzten, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern tätig, unter anderem als Dozent an der Dresdner International University (DIU). Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).