Jodüberschuss durch Meeresalgen?

Aktuelle Studie zeigt: Der regelmäßige Verzehr von Algen kann zu einem Jodüberschuss führen

Unterschiedliche Algenarten liegen in Schüsseln
Algen können eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans sein. Doch sie enthalten teilweise große Mengen Jod, sodass leicht eine Überversorgung entsteht. Bild: iStock.com/Plateresca

Was wurde untersucht?

In einer aktuellen Studie aus Norwegen waren Teilnehmer, die regelmäßig Meeresalgen essen, mit Jod überversorgt. Das zeigten die Jodwerte in ihrem Urin.

Für diesen massiven Überschuss machen die Forscher den Verzehr von Algen verantwortlich: Sie erfassten die geschätzte Jodaufnahme über die Ernährung und berechneten, welchen Anteil an Jod die Teilnehmer über Algen aufnahmen. Es ist bekannt, dass einige Arten einen extrem hohen Jodgehalt aufweisen.

Info

Jod ist ein wichtiger Mikronährstoff in der täglichen Ernährung. Er ist an der Bildung der Schilddrüsenhormone beteiligt. Gute Jodquellen sind fettreicher Seefisch, Milch und Milchprodukte sowie mit Jod angereichertes Speisesalz. Vor allem bei Veganern und Vegetariern kann die Versorgung kritisch sein, da sie tierische Jodquellen meiden. Jodsalz allein reicht oft nicht aus, um den Jodbedarf zu decken. Meeresalgen dagegen enthalten stark schwankende Mengen, was eine Überversorgung bewirken kann.

Wie war die Studie aufgebaut?

An der Studie nahmen 44 Personen aus Norwegen teil. Die Wissenschaftler sammelten von jedem Teilnehmer zwei Urinproben. Anhand dieser wurde die Versorgung mit Jod bestimmt. Die erste Probe wurde drei bis vier und die zweite sieben bis acht Stunden, nachdem die Teilnehmer die Algen gegessen hatten, genommen.

Zudem füllte jeder Teilnehmer einen Fragebogen aus, damit die Forscher das Ernährungsverhalten erfassen konnten. Dadurch zogen sie Rückschlüsse auf die Jodzufuhr aus Algen und anderen Lebensmitteln.

Ergebnis der Studie: deutliche Überversorgung mit Jod durch Algen

Bei der Auswertung der Urinproben stellten die Wissenschaftler fest, dass die Jodwerte bei Personen, die Algen aßen, durchschnittlich bei 1.200 Mikrogramm pro Liter Urin lagen. Schon ab 300 Mikrogramm pro Liter spricht man von einem Überschuss. Jod aus Algen trägt somit erheblich zur Jodversorgung bei.

Die Teilnehmer nahmen im Mittel 2.430 Mikrogramm Jod pro Tag zu sich. In der Studie wurde damit der sichere Höchstwert für Jod von 600 Mikrogramm pro Tag um das Vierfache überschritten. Das kann Auswirkungen auf die Schilddrüse haben, wie die Wissenschaftler diskutieren. Die Schilddrüsenwerte wichen leicht von den Durchschnittswerten ab. Für genauere Aussagen ist die Studie jedoch zu klein.

Expertenwissen

Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass der Anteil des anorganisch und organisch gespeicherten Jods für die unterschiedliche Bioverfügbarkeit von Jod in Algen verantwortlich ist. So kann man anorganisches Jod – Kaliumjod (KI) oder Jodat (IO3-) – besser aufnehmen als organisches Jod wie Mono- und Diiodthyrosin (MIT und DIT). Zusätzlich hängt die Aufnahme im Darm möglicherweise von dem vorliegenden Jodstatus und der Schilddrüsenfunktion ab.

Welche Algenarten führten zu dem Jodüberschuss?

Rund ein Drittel der Teilnehmer konsumierte täglich Algen. Die häufigsten Algenarten waren die Braunalgen Zuckertang und Flügeltang sowie die Rotalgen Lappentang und Purpurtang. Bei den meisten Meeresalgen oder Algenprodukten fehlte die Kennzeichnung des Jodgehalts. Von den Algen mit vorhandener Kennzeichnung reichte der Jodgehalt von 63 Mikrogramm pro Gramm bis 35.000 Mikrogramm pro Gramm.

Die Balance zwischen zu wenig und zu viel Jod

Sowohl ein Jodmangel als auch ein Zuviel an Jod können nachteilig für die Gesundheit sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen täglich eine Zufuhr von 200 Mikrogramm Jod.

Der sichere Höchstwert ist auf 600 Mikrogramm pro Tag festgelegt (Tolerable Upper Intake Level). Dieser Wert beschreibt die maximale dauerhafte Menge, bei der keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen erwartet werden. Eine darüber liegende Jodzufuhr sollte langfristig vermieden werden. Insbesondere Personen mit bereits bestehender Schilddrüsenerkrankung – wie Hashimoto-Thyreoiditis – müssen auf ihre Jodzufuhr achten. Bei Unsicherheiten kann der Arzt die Jodausschneidung im Urin messen.

Fazit für die Praxis

Jod ist wichtig für die Gesundheit, da es unter anderem für die Funktion der Schilddrüse gebraucht wird. In Deutschland nehmen wir jedoch tendenziell zu wenig Jod auf. Deshalb greifen manche Menschen, vor allem Veganer, zu Algen. Algen bringen jedoch die Gefahr einer Überversorgung mit sich. Bei Algen sollten Sie beachten, dass der Jodgehalt und die Verfügbarkeit für den Körper stark schwanken können. Für diese Schwankungen sind nicht nur Unterschiede zwischen den jeweiligen Algenarten verantwortlich. Auch Züchtung, Verarbeitung sowie Lagerung der Algen wirken sich auf den Jodgehalt aus. Der Jodgehalt derselben Algenart kann sich daher erheblich unterscheiden.

Beispielsweise können Nori-Algen ab und an bedenkenlos verzehrt werden. Nori-Algen werden zur Herstellung von Sushi verwendet. Etwa drei Blätter (7,5 Gramm) liefern 225 bis 340 Mikrogramm Jod. Kombu-Algen sind dagegen nicht geeignet. Sie enthalten sehr viel Jod.

Man sollte bei regelmäßigem Konsum von Algen grundsätzlich darauf achten, dass der Jodgehalt angegeben ist. Auch die angegebene maximale Verzehrmenge sollte man einhalten. Alternativ können Mikronährstoffpräparate mit Jod eingenommen werden; diese ermöglichen eine gleichmäßige und sichere Versorgung mit Jod.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Aakre, I., et al. (2020): Iodine Status and Thyroid Function in a Group of Seaweed Consumers in Norway. Nutrients, 12(11), 3483. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33202773/, abgerufen am: 18.05.2021  

Aquaron, R., et al. (2002): Bioavailability of seaweed iodine in human beings. Cellular and molecular biology (Noisy-le-Grand, France), 48(5), 563–569. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12146713/, abgerufen am: 18.05.2021 

Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.) (2020): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2. Auflage, 6. aktualisierte Ausgabe.  

EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Panel on Dietetic Products Nutrition and Allergies) (2014): Scientific Opinion on Dietary Reference Values for iodine. EFSA Journal 2014;12(5):3660, 57 pp. https://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3660, abgerufen am: 18.05.2021  

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