Vitamin D und Übergewicht: beeinflussen sie die Testosteronwerte?

Wie Vitamin D die männlichen Sexualhormone regulieren könnte

Mann steht bei Sonnenuntergang auf einem Dach
Übergewichtige haben häufig niedrige Vitamin-D- und Testosteronwerte. Vitamin D könnte unter Umständen die Testosteronspiegel anheben. Bild: iStock.com/vgajic

Testosteron: das wichtigste Hormon des Mannes

Testosteron ist das Sexualhormon des Mannes. Es wird hauptsächlich in den Hoden gebildet und ist verantwortlich für typisch männliche Körpermerkmale wie eine tiefere Stimme und den Bart. Zudem wirkt es sich auf die Erektionsfähigkeit und den Sexualtrieb (Libido) aus. Bei Übergewicht kann es sinken, worunter einige Männer leiden. Aktuell wird daran geforscht, warum sich der Testosteronwert verringert und wie man gegensteuern kann.

Neben dem niedrigen Testosteronspiegel haben Übergewichtige häufig einen Vitamin-D-Mangel. Die Frage ist daher, ob sie ihren Testosteronspiegel durch die Einnahme von Vitamin D verbessern können. Tatsächlich zeigt eine Laborstudie, dass ein Ausgleich des Vitamin-D-Mangels das Testosteron wieder steigen lassen könnte. Informieren Sie sich über die Hintergründe und wie weit die Forschung gerade ist.

 

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Ab einem Alter von 30 Jahren bildet der Körper von Natur aus weniger Testosteron. In manchen Fällen sinkt der Testosteronspiegel jedoch zu stark. Dann leidet die Fruchtbarkeit. Mögliche Folgen sind außerdem sexuelle Unlust, Verlust von Muskelmasse, vermehrte Fetteinlagerung am Bauch und vermehrtes Brustgewebe (Gynäkomastie). Mit niedrigem Testosteronspiegel steigt außerdem langfristig das Risiko für Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Übergewicht, Testosteron- und Vitamin-D-Spiegel – Ursache und Wirkung

Die drei Faktoren Übergewicht, Vitamin-D- und Testosteronmangel treten gleichzeitig auf. Das zeigt eine Studie, in der stark übergewichtige Männer mit einem Vitamin-D-Mangel geringere Testosteronwerte im Blut hatten als Männer mit normalem Vitamin-D-Status. Bei geringem Übergewicht sah man den Zusammenhang kaum. Das lässt darauf schließen, dass bei sehr fettleibigen Personen ein direkter Einfluss des Vitamin-D-Spiegels auf die Testosteronwerte möglich ist.

Bei übergewichtigen Männern wandeln Fettzellen Testosteron in das weibliche Sexualhormon Östrogen um. Das kann die Ausbildung weiblicher Körpermerkmale begünstigen, wie Brustansätze. Wird Männern vom Arzt verschriebenes künstliches Testosteron gegeben, sinkt häufig das Übergewicht.

Das Fettgewebe dürfte außerdem für die niedrigen Vitamin-D-Werte verantwortlich sein: Das fettlösliche Vitamin D (Calcidiol) wird bevorzugt auf Gewebe mit hohem Fettanteil verteilt wie Leber und Fettpolster. Dadurch verschwindet bei Übergewichtigen mehr Vitamin D im Gewebe. Folglich sinken die Werte im Blut.

Beide Mangelzustände fallen gerade im Winter deutlich stärker aus. Forscher stellten fest, dass sowohl die Testosteron- als auch die Vitamin-D-Werte überraschend ähnliche Schwankungen über den Jahresverlauf hatten. Im Sommer waren die Testosteronspiegel am höchsten. In dieser Jahreszeit bildet der Körper durch Sonnenlicht reichlich Vitamin D. Nach der dunklen Winterzeit waren die Testosteronwerte am niedrigsten.

Erhöht Vitamin D den Testosteronspiegel bei Männern?

Die genannten Fakten weisen alle darauf hin, dass Vitamin D und Testosteron zusammenhängen.

Die Frage ist nun, ob die Theorie auch in der Praxis funktioniert. In der Tat stiegen in einer hochwertigen Studie die Testosteronwerte bei der Einnahme von Vitamin D.

Untersucht wurden übergewichtige Männer, die ein Jahr lang täglich entweder circa 3.300 Internationale Einheiten (I. E.) Vitamin D oder ein Scheinmittel einnahmen. Zu Beginn der Studie hatten die Männer einen Vitamin-D-Mangel und Testosteronwerte im unteren Normbereich.

Ob die Ergänzung von Vitamin D die Testosteronspiegel bei allen Männern anheben kann, ist jedoch umstritten. In anderen Studien führte Vitamin D bei Gesunden, Männern mit anderen Erkrankungen oder Altersschwäche nicht zu einem Testosteronanstieg – auch dann nicht, wenn die Teilnehmer zu Beginn niedrige Testosteron- oder Vitamin-D-Spiegel hatten. Möglicherweise profitieren nur Männer von einer Ergänzung, die einen Vitamin-D-Mangel und gleichzeitig erhebliches Übergewicht haben. Das muss in kommenden Studien genauer untersucht werden.

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Im Hoden wurden Vitamin-D-Rezeptoren nachgewiesen. Die Rezeptoren sind Voraussetzung dafür, dass Vitamin D dort wirken kann. In einem Laborversuch wurde gezeigt, dass es die Bildung von Testosteron anregte: Vitamin D hatte die Gene für die Testosteronproduktion angeschaltet.

Fazit: Was können Männer für einen ausgeglichenen Testosteronspiegel tun?

Der Nutzen von einer Vitamin-D-Ergänzung zur Erhöhung des Testosteronspiegels ist noch nicht bewiesen. Übergewichtige neigen aber zu einem Vitamin-D-Mangel. Da dadurch das Risiko für niedrige Testosteronspiegel steigt, könnten vorbeugend täglich 1.000 bis 2.000 Internationale Einheiten Vitamin D helfen. Manche Experten sagen sogar, dass man pro Kilogramm Körpergewicht 40 bis 60 Internationale Einheiten einnehmen sollte – bei 95 Kilogramm sind dies 3.800 bis 5.700 Internationale Einheiten.

Generell ist es ratsam, den Vitamin-D-Status regelmäßig – mindestens einmal im Jahr – zu überprüfen. Liegt ein Mangel vor, muss dieser in jedem Fall ausgeglichen werden. Die Dosierung legt je nach gemessenem Wert der Arzt oder Mikronährstoff-Experte fest.

Zudem sollten Betroffene versuchen, das Übergewicht abzubauen. Wichtig dabei sind eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Mit Mikronährstoffen wie Glucomannan oder Grüntee-EGCG kann man eine Gewichtsreduktion unterstützen.

Expertenwissen

Vorsicht: Bei einer Diät zum Abnehmen darf nicht gänzlich auf Fett verzichtet werden! Auch das kann sich wiederum negativ auf die Testosteronspiegel auswirken. Insbesondere auf eine ausreichende Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren ist zu achten.

Verzeichnis der Studien und Quellen

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Über die Autorin

Dr. med. Annette Balz-Fritz

Frau Dr. med Balz-Fritz ist niedergelassene Ärztin mit dem Schwerpunkt Urologie, Proktologie, Ernährungs- und Präventionsmedizin in einer urologischen Gemeinschaftspraxis. Sie erwarb im Februar 2001 die Zusatzqualifikation zur Ernährungsmedizinerin in DAEM/DGEM und qualifizierte sich zum Männerarzt (CMI Institut). Frau Dr. med. Balz-Fritz ist Mitglied bei der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM), bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin und beim Berufsverband Deutscher Ernährungsmediziner.  Wenn ihre Arbeit in der gemeinsamen  Praxis und das Familienleben ihr noch Zeit lassen, treibt sie gerne Sport und ist eine begeisterte Köchin.