WHO warnt vor Jodmangel in Europa

Gesteigerter Verzehr pflanzlicher Alternativen zu wichtigen Jodquellen wie Milch und Milchprodukten trägt zu mangelnder Jodaufnahme in Europa bei.

Jodreiche Lebensmittel
Jod steckt in Meeresfischen und -früchten sowie Algen. Eier und Milch(produkte) enthalten Jod, das die Tiere mit dem Futter aufgenommen haben. Bild: photka/iStock/Getty Images Plus

Aufgrund veränderter Ernährungsgewohnheiten sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO die Jodversorgung in Europa in Gefahr. Denn anstatt wichtige Jodquellen wie Milch, Molkereiprodukten und Fisch zu verzehren, greifen immer mehr Menschen zu pflanzlichen Alternativen.

Zu wenig Jod in Boden und Wasser

Europa – insbesondere Nord- und Mitteleuropa – ist zu einem großen Teil Jodmangelgebiet, in dem die Böden und Oberflächenwasser zu wenig Jod enthalten.  Entsprechend sind auch landwirtschaftliche Erzeugnisse und Süßwasserfisch jodarm. Dagegen sind Seefisch und andere Meeresfrüchte natürlich jodreich. Daher lautet die Empfehlung der WHO, mindestens zweimal pro Woche Fisch oder Meeresfrüchte zu verzehren.

Außerdem wird an Landwirte appelliert, ihre Tiere jodreich zu füttern, so dass Eier und Milch ausreichend Jod enthalten. Doch immer mehr Menschen – besonders Frauen – greifen zu pflanzlichen Milchalternativen, denen kein zusätzliches Jod zugesetzt wird. Das kann gerade bei Schwangeren mit gesteigertem Jodbedarf kritisch werden. Dabei benötigt das sich entwickelnde Kind ausreichend Jod für Gehirnentwicklung und Körperwachstum.
Daher fordert die WHO auch pflanzliche Milchalternativen mit Jod anzureichern.

Info

Als Baustein für die Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) ist Jod für eine geregelte Schilddrüsenfunktion unverzichtbar. Bei Jodmangel drohen ein Kropf und andere Schilddrüsenerkrankungen.
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Jodverzehr rückläufig

Eine der wichtigsten Jodquellen in Europa ist jodiertes Speisesalz. Doch immer weniger Produzenten nutzen Jodsalz bei der Herstellung von Lebensmitteln. Neben Brot sind Fertiggerichte und verarbeitete Fleischwaren die hauptsächliche Quelle für Salz in der täglichen Ernährung: Oft machen sie 70 bis 80 Prozent der Gesamtzufuhr an Salz aus. Während in den 1980er Jahren nach Einführung der Jodierung viele Hersteller Jodsalz nutzten, sind es aktuell in Deutschland nur noch magere neun Prozent. In der Schweiz sind es immerhin noch 34 Prozent. Dagegen wird in 24 weiteren Ländern kein Jodsalz bei der Produktion gängiger Lebensmittel verwendet.

Die Schweiz, Schweden, Finnland und Großbritannien gelten in Europa als die Länder mit (weitgehend) gelösten Jodmangelproblemen. Dagegen weisen 32 Prozent der Erwachsenen und 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Jodunterversorgung auf.
Um eine ausreichende Versorgung mit Jod sicher zu stellen, raten Fachleute für Ernährung und auch Mikronährstoffexperten, regelmäßig Jodsalz zu nutzen und zweimal in der Woche Seefisch zu verzehren. Algen enthalten ebenfalls Jod, aber Achtung: manchmal auch zu viel.

Menschen mit einer Schilddrüsenerkrankung sollten vor der Einnahme von Jodtabletten stets ihren Arzt um Rat fragen. Und wie immer gilt: Zu viel des Guten kann auch schaden. So ist eine Überversorgung mit Jod ebenfalls ungesund.

Verzeichnis der Studien und Quellen

Aezteblatt (Hrsg.) (2024): WHO: Europäische Bevölkerung stärker durch Jodmangel gefährdet. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/152774/WHO-Europaeische-Bevoelkerung-staerker-durch-Jodmangel-gefaehrdet, abgerufen am 16.07.2024.

Bessinger, K. et al. (2018): Repräsentative Markterhebung zur Verwendung von Jodsalz in handwerklich und industriell gefertigten Lebensmitteln. Justus-Liebig-Universität-Giessen. https://jlupub.ub.uni-giessen.de/server/api/core/bitstreams/4cfc3c60-057c-4b8b-a1e4-341c4ec0a619/content, abgerufen am 16.07.2024.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2023): Jodversorgung in Deutschland: Ergebnisse des Jodmonitorings bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/degs-jod-studie.html, abgerufen am 16.07.2024.

Spektrum (Hrsg): Jodmangelgebiete. https://www.spektrum.de/lexikon/ernaehrung/jodmangelgebiete/4572, abgerufen am 16.07.2024.

Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.) (2024): Bevölkerung der Europäischen Region der WHO aufgrund veränderter Ernährung stärker durch Jodmangel gefährdet. https://www.who.int/europe/de/home/28-06-2024-people-in-the-who-european-region-at-greater-risk-of-iodine-deficiency-due-to-changing-diets, abgerufen am 16.07.2024.

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