Bei zu hohen Cholesterinwerten werden Anionenaustauscher eingesetzt. Sie verhindern die Aufnahme von Cholesterin-Vorläufern aus dem Darm. Allerdings können Anionenaustauscher auch eine optimale Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen stören – insbesondere von fettlöslichen Vitaminen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Vitamine und Mineralstoffe betroffen sind und wie die Mikronährstoffmedizin einem Mangel vorbeugen kann.
Tipp
Wie Sie mit Mikronährstoffen den Cholesterinspiegel senken können, erfahren Sie im Artikel zu erhöhten Cholesterinwerten.
Anionenaustauscher: Wirkung, Anwendung und Nebenwirkungen
Ionenaustauscher einfach erklärt
Ionenaustauscher sind große unlösliche Moleküle („Harze“). Sie binden geladene Teilchen (Ionen). Negativ geladene Teilchen heißen Anionen; Anionenaustauscher fischen demnach Anionen aus einer Flüssigkeit und halten sie fest. Damit können geladene Stoffe aus dem Darm entfernt werden.
Info
Im Alltag gibt es ein einfaches Beispiel: Mithilfe von Ionenaustauscherharzen lässt sich entionisiertes (demineralisiertes) Wasser herstellen; dem Wasser werden dabei geladene Mineralstoffe wie Calcium- und Magnesiumionen entzogen.
Anionenaustauscher senken den Cholesterinspiegel: Sie binden im Darm Gallensäuren, die von sich aus negativ geladen sind. Dadurch entstehen Komplexe, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Der Körper muss dem Blut dann Cholesterin entziehen, um daraus neue Gallensäuren zu bilden. Dabei verbraucht er Cholesterin und die Cholesterinwerte im Blut sinken.
Es gibt folgende Wirkstoffe, als Tabletten oder Granulat:
- Colestyramin, zum Beispiel: Lipocol Merz Kautabletten®, Colestyramin Hexal®, Vasosan P Granulat®
- Colesevelam: Cholestagel® Tabletten
Einsatzgebiete von Anionenaustauschern
Meist werden Anionenaustauscher zur Senkung der Cholesterinwerte eingesetzt. Hohe Werte an LDL-Cholesterin sind ursächlich beteiligt an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (zum Beispiel Arteriosklerose und Thrombosen). Deshalb kommen Anionenaustauscher auch bei diesen Krankheiten zum Einsatz, wenn der Arzt hohe Cholesterinwerte gemessen hat.
Im Vergleich zu Statinen werden Anionenaustauscher allerdings nicht so häufig verordnet, weil viele Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten. Die Anionenaustauscher sind meist eine Ergänzung, wenn Statine alleine nicht ausreichen oder nicht vertragen werden.
Seltener werden Anionenaustauscher angewendet, wenn zu viel Gallensäuren gebildet werden oder wenn sie im Darm nicht ausreichend aufgenommen werden (Gallensäureverlustsyndrom). Grund für eine erhöhte Ausscheidung an Gallensäuren ist meist eine Schädigung des Darms (etwa durch eine Bestrahlungstherapie oder durch entzündliche Darmerkrankungen (CED). Hohe Mengen an Gallensäuren im Darm führen zu Bauchschmerzen, Durchfall und zu einer Reizung der Haut am After mit Juckreiz und Schmerz (Analekzem). Anionenaustauscher binden Gallensäuren und lindern ihre reizende Wirkung.
Nebenwirkungen: Anionenaustauscher verursachen Verdauungsprobleme
Die Nebenwirkungen der Anionenaustauscher betreffen meist den Magen-Darm-Trakt. Am häufigsten treten Verstopfung und Verdauungsstörungen auf. Oft kommt es zu Blähungen, Aufstoßen, Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Sodbrennen, Übelkeit und Erbrechen. Auch eine Erhöhung der Leberwerte kann auftreten. Daher sollten diese Werte überwacht werden. Bei Colesevelam wurden zudem Kopfschmerzen und eine Erhöhung der Triglyceride festgestellt.
Da die durch Anionenaustauscher ausgeschiedenen Gallensäuren wichtig für die Fettverdauung sind, kann die Aufnahme von Fetten beeinträchtigt sein. Folge sind Fettstühle (Steatorrhoe); dabei werden Fette vermehrt ausgeschieden. Zudem gehen die fettlöslichen Vitamine D, K, E, A und Carotinoide verloren. Mikronährstoffmediziner empfehlen deshalb begleitend ein Kombinationspräparat, das alle fettlöslichen Vitamine enthält.
Möglicherweise ist auch die Aufnahme der wasserlöslichen Vitamine B12 und Folsäure vermindert und die Verwertung der Mineralstoffe Calcium, Magnesium, Eisen und Zink schlechter. Folge kann ein Mangel an Mikronährstoffen sein.
Daneben ist auch die Aufnahme von Medikamenten erschwert. Andere Medikamente müssen daher oft mit einem zeitlichen Abstand zu Anionenaustauschern eingenommen werden: mindestens eine Stunde vor oder vier Stunden nach der Einnahme von Anionenaustauschern.
Nebenwirkungen vermeiden
Anionenaustauscher stören die Vitamin-D-Aufnahme
Vitamin D: Hintergrund und Wirkweise
Anionenaustauscher stören durch Bindung von Gallensäuren vermutlich die Aufnahme von Vitamin D. Hinweise liegen vor, dass sich der Vitamin-D-Speicher des Körpers leert: In einer ersten Studie zu Colestyramin war bei Kindern weniger Vitamin D im Blut zu finden. Die Kinder wurden wegen einer familiären Stoffwechselstörung behandelt. Eine kleine Studie zeigt auch bei 20 Prozent der Patienten, die Colesevelam einnahmen, einen Vitamin-D-Mangel. Allerdings weist eine zusammenfassende Auswertung verschiedener Studien noch auf unklare Ergebnisse hin. Weitere Untersuchungen müssen nun herausfinden, warum es zu widersprüchlichen Ergebnissen kam.
Mikronährstoffexperten empfehlen grundsätzlich, die Vitamin-D-Werte regelmäßig überprüfen zu lassen: Vitamin D hat viele wichtige Wirkungen auf den Körper. Außerdem ist in unseren Breitengraden ein Vitamin-D-Mangel sehr häufig.
Bei einem Mangel an Vitamin D wird zu wenig Calcium aus der Nahrung aufgenommen. Folgen sind zu geringe Muskelspannung, Muskelkrämpfe, manchmal sogar Krampfanfälle. Außerdem kann nicht mehr ausreichend Calcium in die Knochen eingebaut werden, was bei Erwachsenen zu Osteoporose führt. Bei Kindern kann es zu Rachitis kommen. Dies hat eine Verkrümmung der Knochen zur Folge wie Rundrücken, X- oder O-Beine. Ebenso droht Karies, da der Zahnschmelz zu weich ist.
Inzwischen ist auch bekannt, dass Vitamin D viele weitere Funktionen erfüllt, zum Beispiel für das Immunsystem: Ein Mangel führt zu einer gestörten Immunabwehr.
Vitamin D: Dosierung und Einnahmeempfehlung
Begleitend zur Einnahme von Anionenaustauschern sind pro Tag 1.000 internationale Einheiten Vitamin D sinnvoll. Allerdings empfiehlt sich eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte, da die richtige Dosierung bei einem Vitamin-D-Mangel höher sein kann. Der Arzt sollte dann anhand der Werte die Dosis bestimmen.
Expertenwissen
Faustregel: 10.000 internationale Einheiten für 10 Tage (schnelle Anhebung) oder 1.000 internationale Einheiten täglich dauerhaft (langsame Anhebung) erhöhen den Blutspiegel um 10 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml).
Da Vitamin D ein fettlösliches Vitamin ist, sollte es zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden: Fett aus der Mahlzeit verbessert die Aufnahme im Darm. Halten Sie zudem einen Einnahmeabstand zwischen Vitamin D und dem Anionenaustauscher ein: entweder eine Stunde vorher oder vier Stunden danach.
Vitamin D: Laboruntersuchung
Ob ein Vitamin-D-Mangel vorliegt, kann im Labor bestimmt werden. Dafür wird die Transportform, das sogenannte 25(OH)-Vitamin D (Calcidiol), im Blutserum gemessen. Als Blutserum bezeichnet man die Flüssigkeit des Blutes ohne die Blutzellen. Es ist sinnvoll, die Vitamin-D-Werte zweimal im Jahr kontrollieren zu lassen. Für eine optimale Versorgung sollte der Vitamin-D-Spiegel im Blut zwischen 40 und 60 Nanogramm pro Milliliter liegen.
Vitamin D: zu beachten bei Erkrankungen und Medikamenteneinnahme
Personen mit Nierenerkrankungen sollten Vitamin D nur in Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. Vitamin D steigert durch die verbesserte Calciumaufnahme im Darm die Calciumspiegel im Blut. Kranke Nieren können überschüssiges Calcium nicht gut ausscheiden; es könnte zu einer Überdosierung kommen. Der Arzt kann begleitend zur Vitamin-D-Einnahme die Calciumwerte im Blut kontrollieren.
Auch bestimme Entwässerungsmedikamente (Diuretika) steigern die Calciumspiegel im Blut und sollten nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt mit Vitamin-D-Präparten kombiniert werden. Dazu zählen Entwässerungsmedikamente aus der Wirkstoffgruppe der Thiazide: Hydrochlorothiazid (Disalunil®, Esidrix®), Indapamid (zum Beispiel Inda Puren®, Sicco®) und Xipamid (zum Beispiel Aquaphor®, Neotri®).
Vitamin-K-Mangel durch Anionenaustauscher möglich
Vitamin K: Hintergrund und Wirkweise
Die Aufnahme von Vitamin K als fettlösliches Vitamin kann bei der Einnahme von Anionenaustauschern gestört sein: Bei einzelnen Patienten ließen sich erniedrigte Werte an Vitamin K feststellen. Meist tritt der Mangel einige Wochen bis Monate nach Beginn der Therapie mit Anionenaustauschern auf; in einigen Fällen allerdings auch erst später. Weitere Studien sind notwendig, um zu klären, warum Patienten so unterschiedlich darauf ansprechen. Mikronährstoffexperten empfehlen eine Kontrolle der Vitamin-K-Werte während der gesamten Behandlungsdauer.
Bei einem Mangel an Vitamin K können zunächst allgemeine Beschwerden wie Durchfall und verminderter Appetit auftreten. Später treten eventuell auch Blutungen auf, denn Vitamin K ist für die Blutgerinnung verantwortlich. Vitamin K sorgt außerdem dafür, dass Calcium an den richtigen Stellen, wie dem Knochen, eingebaut wird.
Dosierung und Einnahmeempfehlung von Vitamin K
Vitamin K wird mit einer Dosis von bis zu 100 Mikrogramm täglich empfohlen. Die Einnahme von Vitamin K sollte zu einer fetthaltigen Mahlzeit erfolgen, damit die Aufnahme ausreichend stattfinden kann. Besonders wichtig ist auch der zeitliche Abstand zu den Anionenaustauschern, da Vitamin K sonst schlechter aufgenommen wird. Empfohlen wird ein Abstand von einer Stunde vor und vier Stunden nach Einnahme des Anionenaustauschers.
Tipp
Hochwertige Präparate enthalten beide Vitamin-K-Formen: Vitamin K1 und K2. Der Vorteil von Vitamin K2 ist, dass es länger im Blut bleibt und deshalb seine Wirkungen am Knochen besser erfüllen kann.
Vitamin K: Laboruntersuchungen
Ob ein Vitamin-K-Mangel vorliegt, kann durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden. Normale Werte liegen bei 1 Nanomol pro Liter Blutplasma (Flüssigkeit des Blutes). Da diese Werte allerdings stark schwanken können, messen Ärzte meist auch Blutgerinnungswerte; darunter die Prothrombinzeit (INR-Wert). Sie sollte zwischen 0,85 und 1,2 liegen.
Vitamin K: zu beachten bei Medikamenteneinnahme
Vorsicht ist geboten bei Medikamenten zur Blutverdünnung, die Phenprocoumon oder Warfarin enthalten, zum Beispiel Marcumar®, Falithrom®, Marcuphen® oder Coumadin®. Hier darf kein Vitamin K eingenommen werden, da sonst die erforderliche Blutverdünnung nicht ausreichend ist.
Vitamin E: ein wichtiger Radikalfänger
Vitamin E: Hintergrund und Wirkweise
Die Vitamin-E-Spiegel könnten durch die Therapie mit Anionenaustauschern sinken: Eine Beobachtungsstudie mit Kindern, die aufgrund einer familiären Stoffwechselstörung Colestyramin einnehmen mussten, zeigt einen Abfall von Vitamin E. Die Werte blieben aber noch im Normbereich. Eine Anwendungsbeobachtung bei 25 Patienten, die Colestyramin zusätzlich zu einem Statin einnahmen, zeigt dagegen keine Verminderung von Vitamin E. Allerdings erfolgten die Studien nur in einem Zeitraum von zwölf Wochen. Weitere Untersuchungen sind nötig, um den Einfluss einer längeren Einnahme der Anionenaustauscher auf Vitamin E zu untersuchen.
Ein Vitamin-E-Mangel führt zu vermehrtem oxidativem Stress und so zu einer schnelleren Alterung des Gewebes. Vitamin E ist ein wichtiges Antioxidans im Körper, das freie Radikale abfängt. Dadurch kann Vitamin E auch verhindern, dass LDL-Cholesterin durch freie Radikale angegriffen wird (oxidiert): Dieser Prozess ist andernfalls maßgeblich für eine Arterienverkalkung verantwortlich.
Die Beschwerden bei einem leichten Mangel sind zunächst uncharakteristisch. Es kann zu Nervosität, Reizbarkeit, Müdigkeit, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen kommen. Wird der Mangel stärker, können auch Nervenschmerzen und Muskelschwäche, auch des Herzmuskels, auftreten. Alle diese Schäden sind durch eine Zufuhr von Vitamin E wieder zu beheben.
Vitamin E: Dosierung und Einnahmeempfehlung
Für Vitamin E wird eine Dosierung meist von 20 bis 30 Milligramm pro Tag begleitend zum Medikament empfohlen. Die Einnahme erfolgt zur Mahlzeit, da Vitamin E fettlöslich ist, und mit einem zeitlichen Abstand zum Anionenaustauscher (eine Stunde vor und vier Stunden nach Einnahme des Anionenaustauschers).
Tipp
Vitamin E gibt es in acht Unterformen. Hochwertige Präparate sollten alle Unterformen enthalten und nicht nur, wie häufig üblich, Alpha-Tocopherol.
Vitamin-A-Mangel vermeiden
Vitamin A: Hintergrund und Wirkweise
Anionenaustauscher beeinflussen die Aufnahme von Vitamin A: Eine kleine Beobachtungsstudie mit Kindern, die Colestyramin wegen einer familiären Stoffwechselstörung einnehmen mussten, zeigt einen Abfall der Vitamin-A-Werte im Blut. Der Wert blieb aber noch im Normbereich. Empfohlen wird daher die Vitamin-A-Versorgung sicherzustellen, um einen Mangel zu verhindern.
Ein Vitamin-A-Mangel kann ganz uncharakteristisch mit fehlendem Appetit und Müdigkeit beginnen. Dann kommen trockene, raue Haut, spröde Nägel und vorzeitiges Ergrauen der Haare hinzu. Besonders charakteristisch ist die Nachtblindheit und Blendempfindlichkeit, wenn es dunkel ist: Vitamin A ist zwingend notwendig für unsere Augen und das Hell-Dunkel-Sehen. Zudem kann durch einen Mangel an Vitamin A die Immunfunktion gestört sein, sodass es häufiger zu Atemwegsinfekten kommt.
Der Körper kann Vitamin A aus der Vorstufe Beta-Carotin herstellen. Allerdings ist auch Beta-Carotin fettlöslich, sodass Anionenaustauscher die Aufnahme von Beta-Carotin ebenfalls stören.
Vitamin A: Dosierung und Einnahmeempfehlung
Vitamin A sollte mit einer Dosierung von 400 bis 800 Mikrogramm pro Tag eingenommen werden. Die Einnahme sollte immer zusammen mit einer Mahlzeit erfolgen: Das Fett aus dem Essen begünstigt die Aufnahme von Vitamin A im Darm. Empfehlenswert ist zudem die Vorstufe Beta-Carotin. Dabei entspricht 1 Mikrogramm Vitamin A 6 Mikrogramm Beta-Carotin. Mikronährstoffmediziner empfehlen oft auch ein Kombinationspräparat mit 400 Mikrogramm Vitamin A und 2 bis 5 Milligramm Beta-Carotin.
Achten Sie zudem auf einen zeitlichen Abstand zu den Anionenaustauschern, da Vitamin A und Beta-Carotin sonst schlecht aufgenommen werden. Empfohlen wird ein Abstand von einer Stunde vor und vier Stunden nach dem Medikament.
Vitamin A: zu beachten in der Schwangerschaft und bei Nierenerkrankungen
Schwangere sollten kein Vitamin A über Präparate einnehmen, da es schnell zu einer Überdosierung kommen kann. Für sie ist die Vitamin-A-Vorstufe Beta-Carotin besser geeignet; dabei kommt es nicht zu einer Überdosierung, da der Körper es selbst je nach Bedarf in Vitamin A umwandelt.
Vitamin A wird in der Niere abgebaut. Deshalb sollte es bei einer chronischen Nierenerkrankung nicht zusätzlich über Präparate eingenommen werden. Es besteht sonst das Risiko für eine Überdosierung.
Vitamin B12 und Folsäure schützen vor Blutarmut und Nervenschäden
Vitamin B12 und Folsäure: Hintergrund und Wirkweise
Anionenaustauscher stören eventuell auch die Aufnahme einiger wasserlöslicher Vitamine wie die von Folsäure und Vitamin B12. Vermutlich bindet Colestyramin an das Transporteiweiß, das für die Aufnahme von Vitamin B12 benötigt wird – den „intrinsischen Faktor“. In einer kleinen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Vitamin-B12-Aufnahme bei Einnahme von Colestyramin vermindert ist. Jedoch hat eine andere beobachtende Studie am Menschen nicht zu einem Vitamin-B12-Mangel geführt. Vermutlich gibt es hier noch mehr Faktoren, die untersucht werden müssen.
Wahrscheinlich bindet Colestyramin auch direkt Folsäure, sodass Komplexe entstehen, die nicht aufgenommen werden können. In einer Untersuchung einer kleinen Gruppe von Kindern, die Colestyramin wegen einer familiären Stoffwechselstörung einnahmen, konnte nach einiger Zeit ein deutlicher Abfall der Folsäurewerte festgestellt werden. Die Werte besserten sich, wenn vorübergehend 5.000 Mikrogramm Folsäure pro Tag geschluckt wurden.
Ein Mangel an Vitamin B12 und Folsäure kann zu erhöhten Homocysteinwerten (Hyperhomocysteinämie) führen. Homocystein entsteht im Stoffwechsel als Zwischenprodukt. Werden die Werte zu hoch, steigt das Risiko für eine Arterienverkalkung. Dies kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Besonders bei erhöhten Cholesterinwerten sollten hohe Homocysteinwerte deshalb vermieden werden.
Anzeichen eines Vitamin-B12- und Folsäuremangels sind zudem Müdigkeit, Erschöpfung, Anämie, eventuell auch ein geschwächtes Immunsystem mit gehäuften Infekten. Nach längerem Mangel können die Nerven erkranken, was sich beispielsweise in Nervenschmerzen, Kribbeln oder Taubheit zeigen kann. Auch Gedächtnisstörungen, Stimmungsschwankungen oder Depressionen können folgen.
Studien zum Erfolg der Einnahme von Vitamin B12 und Folsäure bei Colestyramin-Einnahme gibt es noch nicht. Möglicherweise verbessern die Vitamine aber die Befindlichkeit.
Vitamin B12 und Folsäure: Dosierung und Einnahmeempfehlung
Die empfohlene Dosierung von Vitamin B12 beträgt 5 bis 10 Mikrogramm täglich. Bei weiteren Risikofaktoren (bei Magenerkrankungen, Senioren oder Veganern) kann es sinnvoll sein, diese Dosis von einem Mikronährstoffmediziner nach einer Bestimmung der Blutwerte anpassen zu lassen, da oft höhere Dosierungen nötig sind. Folsäure wird in einer Dosierung von 200 bis 400 Mikrogramm täglich empfohlen. Sinnvoll ist die Einnahme zum Essen, da Kapseln so oft besser vertragen werden.
Info
Wird ein zu hoher Homocysteinwert festgestellt, sollte in jedem Fall ein Kombinationspräparat in geeigneter Dosierung verwendet werden: Hier sind manchmal höhere Dosierungen notwendig. Dann ist außerdem Vitamin B6 sinnvoll.
Zwischen der Einnahme von Vitamin B12 und Folsäure ist ein Abstand von einer Stunde vor und vier Stunden nach dem Anionenaustauscher einzuhalten, um die Aufnahme im Darm nicht zu behindern.
Homocystein: Laboruntersuchung
Der Homocysteinwert gibt Aufschluss über die Versorgung mit Vitamin B12 und Folsäure. Homocystein wird im Blutplasma bestimmt. Das ist der flüssige Teil des Blutes ohne Blutzellen. Als Normwerte gelten 5 bis 9 Mikromol pro Liter. Ab einem Wert von 10 bis 25 Mikromol pro Liter spricht man von einer milden Form von Hyperhomocysteinämie.
Vitamin B12 und Folsäure: zu beachten in der Schwangerschaft und Stillzeit und bei Nierenerkrankungen
In der Schwangerschaft und Stillzeit sollte hoch dosiertes Vitamin B12 nur bei nachgewiesenem Mangel und in Absprache mit dem Frauenarzt eingenommen werden.
Diabetiker mit Nierenschaden und andere Nierenpatienten müssen besonders umsichtig sein: Vitamin B12 sollten Nierenpatienten nicht in Form von Cyanocobalamin, sondern als Methylcobalamin einsetzen. Hoch dosiertes Cyanocobalamin ist für Nierenpatienten vermutlich schädlich.
Mineralstoffmangel vermeiden: Calcium, Magnesium, Zink und Eisen
Hintergrund und Wirkweise
Colestyramin behindert die Aufnahme von Fetten im Darm. Deshalb können freie Fettsäuren im Darm bleiben und mit Magnesium, Calcium, Eisen und Zink, die nicht aufgenommen werden, Komplexe bilden. In einem Tierversuch wurde darüber hinaus gezeigt, dass Calcium und Magnesium vermehrt mit dem Urin ausgeschieden werden, wenn Colestyramin verabreicht wurde. Untersuchungen am Menschen liegen dazu noch nicht vor.
Die Folgen eines Mineralstoffmangels können gravierend sein:
- Calcium: Wenn ein Calciummangel besteht, kann nicht ausreichend Calcium in den Knochen eingebaut werden, was auf Dauer zu einer Schwächung der Knochen führt.
- Magnesium: Bei einem Mangel können Muskelbeschwerden auftreten wie Krämpfe, Verspannungen und Muskelzittern. Bei Verspannung der Darmmuskulatur wird eine Verstopfung begünstigt. Auch Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Depressionen und Kopfschmerzen sind mögliche Folgen.
- Zink: Bei zu niedrigen Zinkwerten kommt es zu Müdigkeit, Geruchs- und Geschmacksstörungen und Appetitlosigkeit. Später können auch Haarausfall, eine gestörte Immunabwehr, brüchige Nägel, Hautausschläge und eine verzögerte Wundheilung hinzukommen.
- Eisen: Durch einen Eisenmangel entsteht Blutarmut. Betroffene werden müde und haben Konzentrationsprobleme. Eisen ist im Blut am Sauerstofftransport beteiligt. Bei schlechter Sauerstoffversorgung tritt Kurzatmigkeit auf. Äußerlich treten trockene Haut und Haare, Haarausfall und Blässe auf – manchmal auch rissige Haut.
Calcium, Magnesium, Zink und Eisen: Dosierung und Einnahmeempfehlung
Mikronährstoffmediziner empfehlen meist ein Kombinationspräparat, das die Mineralstoffe in folgenden täglichen Dosierungen enthält: 400 Milligramm Calcium, 200 Milligramm Magnesium und 10 bis 15 Milligramm Zink.
Tipp
Organische Mineralstoffverbindungen werden besser und schneller im Darm aufgenommen. Achten Sie deshalb auf ein Präparat, das zum Beispiel Magnesium-, Calcium- und Zinkcitrat enthält.
Die richtige Dosierung von Eisen sollte sich an den aktuellen Blutwerten orientieren und auch kontrolliert werden, da eine Überdosierung möglich ist. Bei einem leichten Mangel können 20 bis 40 Milligramm sinnvoll sein. Alles über Eisenmangel erfahren Sie hier.
Die Einnahme von Mineralstoffen wird zusammen mit einer Mahlzeit empfohlen. Auch bei Mineralstoffen sollte ein zeitlicher Abstand zum Anionenaustauscher eingehalten werden, um die Aufnahme zu gewährleisten. Dieser sollte eine Stunde vor oder vier Stunden nach der Einnahme betragen.
Eisen und Magnesium: Laboruntersuchungen
Eisen: Der Arzt erhebt bei Verdacht auf Eisenmangel mehrere Eisen-Laborwerte. Er kann zum Beispiel den eisenhaltigen Blutfarbstoff Hämoglobin oder das Eisen-Transporteiweiß Ferritin bestimmen lassen. Die Hämoglobinwerte sollten bei Frauen über 12 und bei Männern über 15 Gramm pro Deziliter liegen. Ferritin beträgt bei Männern 34 bis 310 Mikrogramm pro Liter und bei Frauen 23 bis 110 Mikrogramm pro Liter.
Magnesium: Um einen Magnesiummangel zu erkennen, wird der Magnesiumgehalt im Vollblut gemessen. Als normal gelten Werte von 1,38 bis 1,5 Millimol pro Liter. Ein Wert unter 1,38 Millimol pro Liter deutet auf einen Mangel hin.
Calcium, Magnesium, Zink und Eisen: zu beachten bei Medikamenteneinnahme und Nierenerkrankungen
Calcium, Magnesium und Zink können die Aufnahme verschiedener Medikamente herabsetzen, wenn sie gleichzeitig eingenommen werden. Das trifft zu für:
- Gyrasehemmer: Ciprofloxacin (zum Beispiel Ciloxan®, Ciprobay), Enoxacin (zum Beispiel Enoxor®), Levofloxacin (zum Beispiel Tavanic®), Moxifloxacin (zum Beispiel Avalox®), Norfloxacin (zum Beispiel Bactracid®, Norfluxx®) und Ofloxacin (zum Beispiel Floxal®, Tarivid®)
- Tetrazykline: Tetracyclin (zum Beispiel Achromycin®, Supramycin®, Tefilin®), Doxycyclin (zum Beispiel Supracyclin®, Vibramycin®) und Minocyclin (zum Beispiel Aknosan®, Skinocyclin®)
- Bisphosphonate: Alendronat (zum Beispiel Fosamax®, Tevanate®), Clodronat (zum Beispiel Bonefos®), Etidronat (zum Beispiel Didronel®), Ibandronat (zum Beispiel Bondronat®), Pamidronat (zum Beispiel Aredia®), Risedronat (zum Beispiel Actonel®) und Tiludronat (zum Beispiel Skelid®)
Zudem hemmt Calcium die Aufnahme des Schilddrüsenhormons L-Thyroxin (zum Beispiel Eltroxin®, Euthyrox®, Tirosint®).
Blutdruck- und Entwässerungsmittel aus der Klasse der Thiaziddiuretika (zum Beispiel Disalunil® oder Esidrix®) und das Psychopharmakon Lithium hemmen die Ausscheidung von Calcium durch die Nieren. Werden dann Calciumpräparate eingenommen, können die Calciumwerte zu stark ansteigen. Besprechen Sie die Einnahme daher mit Ihrem Arzt.
Auch Eisen führt zu Wechselwirkungen. Hier sind folgende Medikamente betroffen: ACE-Hemmer (zum Beispiel Enalapril®, Captopril®), Bisphosphonate, Parkinsonmittel (zum Beispiel Duodopa®, Levopar®), L-Thyroxin, Antibiotika (zum Beispiel Unacid®, Minocyclin®, Ciprofloxacin®, Rifa®) und Penicillamin (zum Beispiel Metalcaptase®).
Personen mit Nierenerkrankungen sollten Mineralstoffe nicht ohne ärztliche Kontrolle einnehmen. Schwache Nieren können überschüssige Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium und Zink nicht ausscheiden. Bei Neigung zu Nierensteinen ist bei Calcium Vorsicht geboten.
Dosierungen auf einen Blick
Mikronährstoffempfehlung pro Tag bei Anionenaustauscher-Einnahme | |
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Vitamine | |
Vitamin D | 1.000 Internationale Einheiten (IE); oder je nach Blutspiegel |
Vitamin K | bis 100 Mikrogramm (µg) (als Vitamin K1 und K2) |
Vitamin E | 20 bis 30 Milligramm (mg) (aus allen 8 Unterformen) |
Vitamin A | 400 bis 800 Mikrogramm |
Beta-Carotin | 2 bis 5 Milligramm |
Vitamin B12 | 5 bis 10 Mikrogramm |
Folsäure | 200 bis 400 Mikrogramm |
Mineralstoffe | |
Calcium | 400 Milligramm |
Magnesium | 200 Milligramm |
Zink | 10 bis 15 Milligramm |
Eisen | je nach Laborwerten |
Sinnvolle Laboruntersuchungen auf einen Blick
Sinnvolle Blutuntersuchungen bei Anionenaustauscher-Einnahme | |
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Optimalwert | |
Vitamin D | 40 bis 60 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) |
Vitamin K | 1 Nanomol pro Liter (nmol/l) Prothrombinzeit (INR-Wert): 0,85 bis 1,2 |
Homocystein | unter 10 Mikromol pro Liter (µmol/l) |
Eisen | Hämoglobin: Frauen über 12 Gramm pro Deziliter (g/dl) Männer über 15 Gramm pro Deziliter Ferritin: Frauen 23 bis 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l) Männer 34 bis 310 Mikrogramm pro Liter |
Magnesium | 0,38 bis 1,5 Millimol pro Liter (mmol/l) |
Zusammenfassung
Anionenaustauscher werden hauptsächlich zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte eingesetzt, wenn Statine alleine nicht ausreichen oder nicht vertragen werden.
Durch die Störung der Fettaufnahme wird die Aufnahme der fettlöslichen Vitamine D, K, E und A behindert. Daneben könnte es auch zu Engpässen bei der Versorgung mit Vitamin B12, Folsäure und den Mineralstoffen Calcium, Magnesium, Zink und Eisen kommen. Dies führt zu Nebenwirkungen wie Müdigkeit. Aber auch schwere Mangelerscheinungen wie Osteoporose, Blutungen, Schwäche des Immunsystems, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Blutarmut könnten auftreten. Dies kann mit geeigneten Präparaten verhindert werden. Dabei sollten die Laborwerte von Vitamin D und K sowie von Eisen und Magnesium immer im Auge behalten werden.
Bei gemeinsamer Einnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Medikamenten ist immer auf einen deutlichen Zeitabstand zu achten: Eine Stunde vor und vier Stunden nach dem Anionenaustauscher sollten eingehalten werden, um die Wirkung nicht zu gefährden.
Verzeichnis der Studien und Quellen
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