Sind Eier doch gesund?

Neue Studien zeigen: Eier könnten theoretisch die Cholesterinwerte senken

Eier auf einem Brot
Eigelb enthält Phospholipide. Diese wirken sich günstig auf die Cholesterinwerte aus. Bild: Bild: iStock.com/Arx0nt 

Eier verschlechtern die Cholesterinwerte – doch nur ein Mythos?

Der Verzehr von Eiern hat seit Langem einen schlechten Ruf. Aufgrund des hohen Cholesteringehalts sollen Eier die Cholesterinwerte erhöhen. Hohe Cholesterinwerte sind ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die übliche Empfehlung war daher, dass man im Rahmen einer gesunden Ernährung wenig Eier essen sollte. Diese Theorie steht seit einiger Zeit auf dem Prüfstand.

Denn es gibt Studien, die zeigen, dass ein hoher Eierverzehr für viele Menschen unbedenklich ist. Mehr noch: Unter bestimmten Umständen könnten Eier sogar positive Effekte auf Stoffwechsel- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.

Doch wie kommt es zu der neuen Sichtweise? Welche Inhaltsstoffe in Eiern wirken sich positiv auf die Cholesterinwerte aus? Kann man diese Stoffe gezielt zuführen?

Erhöhen oder senken Eier das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Der Eierverzehr wurde bereits in mehreren Beobachtungsstudien betrachtet. Ein Teil dieser Arbeiten zeigt, dass kein Zusammenhang zwischen Eiern und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht.

Die Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit aus Asien berichten, dass ein hoher Eierkonsum keinen negativen Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatte. Interessanterweise zeigte sich sogar ein positiver Effekt: Aßen die Teilnehmer mehr als ein Ei pro Tag, sank das Risiko für koronare Herzkrankheiten (Arterienverkalkung).

Die Frage ist daher, ob und wie sich ein hoher Eierkonsum auf die Cholesterinwerte auswirkt. In großen Studien können Effekte verloren gehen, wenn viele verschiedene Personen und Ernährungsweisen gemeinsam ausgewertet werden.

Darum sahen sich zum Beispiel Forschende von der Connecticut-Universität in Amerika die Situation mit gezielten Versuchen an: Gesunde Teilnehmer aßen vier Wochen lang bis zu drei Eier täglich. In der Folge gab es keine negativen Auswirkungen. Die Cholesterinwerte verbesserten sich sogar.

Das bedeutet: Eine generelle Warnung vor Eiern ist nicht zielführend. Es gilt zu klären, warum und bei wem Eier den Cholesterinspiegel sinken lassen.

Ei-Phospholipide erhöhen eventuell „gutes“ HDL-Cholesterin

Eier wurden lange Zeit auf ihren hohen Cholesteringehalt reduziert. Dabei enthalten sie viele wertvolle Nährstoffe wie Phospholipide. Nach dem Verzehr von Eiern steigt der Phospholipid-Gehalt im Blut. Dadurch kann mehr Cholesterin aus den Zellen aufgenommen und abtransportiert werden.

Denn Phospholipide lassen wahrscheinlich das „gute“ HDL-Cholesterin steigen. Seine Aufgabe ist es, überschüssiges Cholesterin aus den Zellen zurück zur Leber zu bringen. Dort wird es anderweitig verstoffwechselt oder ausgeschieden. Daher gilt hohes HDL-Cholesterin als Hinweis auf ein niedrigeres Herz-Kreislauf-Risiko.

Klar ist aber auch, dass Menschen sehr individuell reagieren. In einer Übersichtsarbeit hob der Eierkonsum die HDL-Werte in der Summe nur geringfügig an.

Info

Eier enthalten neben Cholesterin viele wertvolle Inhaltsstoffe: Sie sind reich an den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin. Carotinoide sind fettlösliche sekundäre Pflanzenstoffe. Aus Eiern sind sie aufgrund des fettreichen Eigelbs besonders gut für den Körper verfügbar. Sie schützen vor oxidativem Stress und wirken Entzündungen entgegen. Dadurch dürften sie ebenfalls einen günstigen Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.

Phosphatidylcholin aus Eiern senkt vermutlich die Cholesterin-Aufnahme

Ein sehr wichtiges Phospholipid aus Eiern ist Phosphatidylcholin. Es hemmt möglicherweise die Aufnahme von Cholesterin im Darm. Spaltprodukte der Fette bilden im Darm mit Cholesterin und Gallensäuren Fetttröpfchen (Mizellen), die dann an der Darmwand aufgenommen werden. Sehr viel Phosphatidylcholin verändert die Struktur der Fetttröpfchen sowie die Fettverdauung. Dadurch wird Cholesterin schlechter aufgenommen.

Die Zufuhr von Phosphatidylcholin könnte demnach eine Mitursache dafür sein, dass Eier nicht unbedingt die Cholesterinwerte verschlechtern. Für diese Wirkungen im Darm sind jedoch relativ hohe Mengen an Phosphatidylcholin nötig. Ob man das über einen durchschnittlichen Eierkonsum erreicht, ist fraglich. Eine Alternative sind Präparate, die reines Phosphatidylcholin enthalten.

Auf der anderen Seite entsteht bei manchen Menschen in Abhängigkeit von der Ernährung aus Phospholipiden ein Stoff, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen könnte (Trimethylaminoxid (TMAO)). Möglich ist, dass man dem mit einer ballaststoffreichen und pflanzlichen Ernährung sowie Probiotika entgegenwirken kann. Aber hier sind noch viele Fragen ungeklärt.

Die Gene haben einen starken Einfluss auf den Cholesterinstoffwechsel

Aufgrund einer erblichen Veranlagung nehmen einige Menschen Cholesterin besonders gut im Darm auf oder können es aus dem Blut nicht mehr entfernen. Zusätzliches Cholesterin könnte bei diesen Menschen zum Problem werden. Günstige Effekte anderer Inhaltsstoffe werden dadurch überlagert.

Daher können Eier bei manchen Menschen die Blutfette verschlechtern. In großen Studien kommen solche individuellen Unterschiede oft nicht zum Vorschein, da die Ergebnisse die Durchschnittswerte aller Studienteilnehmer sind. Menschen mit hohen Cholesterinwerten wird daher weiterhin empfohlen, ihren Eierkonsum einzuschränken.

Fazit: Eier sind bei gesunder Ernährung in der Regel kein Problem

Eier sind nicht entscheidend für hohe Cholesterinwerte verantwortlich. Auch steigern sie nicht automatisch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es lohnt sich, genauer zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die Blutfette durch eine eireiche Ernährung verbessert werden. Denn: Eier enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe wie Phosphatidylcholin. Diese können die Cholesterinwerte positiv beeinflussen, zum Beispiel über einen Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterins.   

Der Verzehr von Eiern in üblichen Mengen ist somit für gesunde Menschen unproblematisch. Vor allem bei vegetarischer Ernährung sind Eier eine hochwertige Eiweißquelle. Wichtig ist es, auf eine generell gesunde Ernährung zu achten und die Cholesterinwerte von Zeit zu Zeit beim Arzt prüfen zu lassen. Die moderne Labormedizin bietet die Möglichkeit, neben LDL-Cholesterin auch verschiedene Untertypen bestimmen zu lassen (wie small dense LDL). 

Anders ist es, wenn man bereits hohe Cholesterinwerte aufgrund einer genetischen Veranlagung hat (familiäre Hypercholesterinämie). Dann sollte man den Effekt des Eierkonsums auf die Cholesterinwerte genauer überprüfen und den Verzehr von Eiern bei Bedarf reduzieren. Eine Beratung beim Arzt auf Basis von Laboranalysen ist sehr empfehlenswert.

Die positiven Wirkungen von Phosphatidylcholin kann man sich zudem in der Mikronährstoffmedizin zunutze machen. Es gibt Präparate (Nahrungsergänzungsmittel) allein mit Phosphatidylcholin, die kein Cholesterin wie in Eiern enthalten. Meistens wird es aus Soja gewonnen. Soja-Phosphatidylcholin erhöhte in Studien ebenfalls das HDL-Cholesterin und senkte die Cholesterinwerte. Sinnvoll ist eine Menge von 1.000 bis 2.000 Milligramm pro Tag. Weitere Mikronährstoffe mit einem Cholesterin-senkenden Effekt wie Hafer-Beta-Glucane als Ballaststoffe können ergänzend genutzt werden. 

Verzeichnis der Studien und Quellen

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Über den Autor

Niels Schulz-Ruhtenberg

Nils Schulz-Ruhtenberg ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin.  Nach dem Medizinstudium in Göttingen, Hamburg und Südafrika spezialisierte er sich auf Präventivmedizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin. In seiner Hamburger Arztpraxis bietet er seit 2001 modernste medizinische Diagnostik und Therapie an in Sachen Ernährung, Mikronährstoffe, Gewichtsreduktion, funktionelle Medizin und Leistungsoptimierung im Job und Sport an. Schwerpunkte sind die Vermeidung und Linderung von lebensstilbedingten Erkrankungen durch ein effektives Gesundheits- und Selbstmanagement. Im Mittelpunkt stehen dabei oft die Verbesserung der Stresstoleranz sowie die Steigerung der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit durch natürliche nebenwirkungsfreie Methoden, z. B. durch eine optimale Nährstoffversorgung.