Mikronährstoffe: Bedarf und Zufuhrempfehlungen

Was ist der Bedarf an Mikronährstoffen und wie wird er durch Krankheiten und bestimmte Lebensumstände gesteigert?

Der Bedarf an Mikronährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen hängt von verschiedenen Faktoren ab wie dem Alter, dem Lebensstil und der Einnahme von Medikamenten. Bestimmte Faktoren wie Erkrankungen können den Bedarf für die Betroffenen erhöhen − oft so stark, dass die normalen Zufuhrempfehlungen nicht mehr gelten. Erfahren Sie, welchen Einfluss diese Faktoren haben und ob die normalen Empfehlungen für Sie gültig sind. 

Wenn Sie nach Zufuhrempfehlungen für einen einzelnen Nährstoff suchen, finden Sie diese in dem Artikel über den Nährstoff über die Suche oder in der Nährstoffliste.

Tomaten, Lachs, Beeren, Knoblauch auf einem Brett
Der Bedarf an Mikronährstoffen ist von Person zu Person unterschiedlich. Er kann unter anderem durch den Lebensstil, das Alter, die Gene, Krankheiten und Medikamente erhöht sein. Bild: Aamulya/iStock/Getty Images Plus

Der Mikronährstoffbedarf und seine Einflussfaktoren

Referenzwerte für die Mikronährstoffzufuhr und wie sie beeinflusst werden

Der Bedarf an einem Nährstoff ist die minimale Menge des Nährstoffs, die der Körper täglich braucht, um optimal zu funktionieren − also um gesund und leistungsfähig zu sein. Der Bedarf unterscheidet sich von Person zu Person.

Aus dem durchschnittlichen Bedarf einer Bevölkerungsgruppe − zum Beispiel erwachsene Frauen in Deutschland − werden Zufuhrempfehlungen oder Referenzwerte berechnet. Sie enthalten Sicherheitszuschläge, um die Schwankungen von Person zu Person zu berücksichtigen. Dabei werden nur gesunde Personen betrachtet.

Was für Referenzwerte gibt es?

Ärztin spricht mit Patientin
Ein Arzt kann durch ein Gespräch und gegebenenfalls durch Laboruntersuchungen den individuellen Nährstoffbedarf herausfinden. Bild: Ridofranz/iStock/Getty Images Plus

Verschiedene Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) oder die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geben Empfehlungen für die Zufuhr an Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen. Beiden gemeinsam ist: Ihre Empfehlungen sind für gesunde Menschen ausgelegt, die einen normalen Stoffwechsel haben.

Aus der Sicht von Mikronährstoffexperten reicht das oft nicht aus: Der Einfluss von Krankheiten, Lebensumständen wie Stress und anderen Faktoren wird dabei nicht beachtet.

Selbst für Gesunde mit wenig Stress und einem gesunden Lebensstil können die Empfehlungen zu niedrig sein: Manche Menschen haben einen höheren Bedarf an bestimmten Nährstoffen als andere. Das kann daran liegen, dass sie Nährstoffe schlechter aufnehmen, verwerten oder einen höheren Verbrauch haben. In solchen Fällen ist eine Nährstoffzufuhr in Höhe der Zufuhrempfehlungen meistens zu niedrig, um einen bestehenden Mangel auszugleichen; je nach Nährstoff und Schwere des Mangels muss die Zufuhrempfehlung dafür deutlich überschritten werden.

Tipp

Sie können Sicherheit über Ihren persönlichen Nährstoffbedarf erhalten, indem Sie einen Arzt aufsuchen, der sich mit diesem Thema auskennt. Er kann herausfinden, ob Sie einen erhöhten Bedarf an einem oder mehreren Nährstoffen haben. Dazu wird er sich mit Ihnen unterhalten und bei Bedarf Laboruntersuchungen durchführen. Spezialisten auf diesem Gebiet sind Ernährungsmediziner und Ärzte, die Fortbildungen zum Orthomolekularmediziner oder zum Mikronährstofftherapeuten durchgeführt haben.

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) hat sich zwei Hauptzielen verschrieben: der ernährungswissenschaftlichen Forschung und der Ernährungsberatung. Daraus sind auch Zufuhrempfehlungen für viele Nährstoffe entstanden. Die Empfehlungen sind an Alter und Geschlecht angepasst, wenn das sinnvoll ist. Für Gesunde bieten sie damit eine gute Leitlinie.

Leider übernimmt die DGE neue Erkenntnisse oft nur langsam. Ein Beispiel: Bis zum Jahr 2012 hat die DGE 5 Mikrogramm Vitamin D pro Tag für Erwachsene empfohlen. Die meisten Experten haben schon Jahre zuvor viel höhere Werte empfohlen. Erst seit dem Jahr 2012 empfiehlt die DGE 20 Mikrogramm pro Tag. Vitamin-D-Experten halten diesen Wert immer noch für zu niedrig: Sie empfehlen knapp 90 Mikrogramm pro Tag.

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit − kurz EFSA − gibt Empfehlungen in Form von Referenzwerten. Auch diese Empfehlungen gelten nur für Gesunde und können im Einzelfall zu niedrig sein.

Diese Empfehlungen sind die Grundlage für die Kennzeichnung von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln: Auf deren Verpackungen steht in Tabellen, wie viel Prozent der Nährstoffe von der Empfehlung im Produkt enthalten ist. Daran erkennen Sie, wie viel von einem Vitamin oder Mineralstoff als wirksame Verbindung das Produkt aufweist. So können verschiedene Präparate leicht verglichen werden. Wichtig: Für viele Inhaltsstoffe, wie zum Beispiel Pflanzenstoffe, gibt es keine Referenzwerte. Bei solchen Inhaltsstoffen muss man also auf den genauen Gehalt der Wirkstoffe achten.

Einflussfaktoren auf den Nährstoffbedarf

Der Nährstoffbedarf wird von vielen Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten finden Sie im Folgenden. Details entnehmen Sie den Artikeln zu einzelnen Nährstoffen oder Krankheiten.

Alter

Je nach Alter verändert sich der Bedarf an manchen Nährstoffen. So haben Kinder durch das Wachstum einen erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen. Senioren können bestimmte Nährstoffe nicht mehr so gut aufnehmen.

Kinder

Kinder wachsen, lernen und entwickeln sich. Daher benötigen sie von einigen Nährstoffen im Verhältnis mehr als Erwachsene. Dazu gehören Calcium, Vitamin C und Vitamin D. Zudem wird angenommen, dass Kinder viel Lecithin benötigen, das für die Entwicklung und Funktion des Gehirns wichtig ist.

Senioren

Bei Senioren nimmt die Aufnahmefähigkeit des Körpers für Vitamin B12 ab. Zudem sinkt die Produktion an Coenzym Q10. Daher ist der Bedarf an beiden Nährstoffen im Alter erhöht. Zudem stuft die DGE bei Senioren die Versorgung mit folgenden Nährstoffen als kritisch ein: Vitamin D, Folat und die Mineralstoffe Calcium, Jod, Eisen und Zink.

Geschlecht

Frauen vor den Wechseljahren verlieren über die Monatsblutung Eisen; ihr Eisenbedarf ist damit höher als der von Männern.

Schwangerschaft

Ärztin spricht mit schwangeren Frau
Insbesondere in der Schwangerschaft muss man auf den Bedarf der Nährstoffe achten, da dieser oftmals gesteigert wird. Bild: RossHelen/iStock/Getty Images Plus

Die Schwangerschaft steigert den Bedarf vieler Nährstoffe. Gleichzeitig darf nicht viel mehr Energie aufgenommen werden, da der Energiebedarf weniger stark steigt als der Bedarf an Mikronährstoffen. Speziell diese Nährstoffe müssen in der Schwangerschaft vermehrt eingenommen werden:

Krankheiten

Krankheiten können den Bedarf auf unterschiedliche Art und Weise beeinflussen. Beispiele sind:

  • verminderte Aufnahme von Vitamin B12 bei Magen-Darm-Erkrankungen
  • erhöhter Verbrauch von Antioxidanzien durch Entzündungen, die oxidativen Stress verursachen
  • gesteigerte Ausscheidung von Mineralstoffen und Eiweiß durch geschädigte Nieren bei einem Diabetes

Über die Suchfunktion oder in dieser Liste finden Sie Krankheiten, bei denen eine gezielte Mikronährstoffzufuhr positiv wirken kann.

Einnahme von Medikamenten

Medikamente können wie Krankheiten den Bedarf von Mikronährstoffen auf verschiedene Arten verändern. Ein paar Beispiele:

  • schlechtere Aufnahme von Folsäure bei Einnahme der „Pille“ für die Frau
  • erhöhte Ausscheidung von Zink durch Diuretika (Medikamente, die die Ausschwemmung von Wasser über den Urin fördern)
  • verminderte Produktion von Coenzym Q10 durch Cholesterinsenker (Statine)

Über die Suche oder in dieser Liste finden Sie Medikamente, die den Bedarf an Nährstoffen beeinflussen.

Lebensstil

Ältere Frau und älterer Mann joggend im Park
Durch körperliche Aktivitäten steigt der Bedarf an bestimmten Nährstoffen. Bild: marcelmooij/iStock/Getty Images Plus

Stress

Stress im Beruf oder im Alltag kann den Bedarf an vielen Nährstoffen steigern, besonders an Antioxidanzien.

Rauchen

Rauchen steigert den Bedarf an Antioxidanzien wie Vitamin C, Selen und Vitamin E: Sie werden durch das Rauchen vermehrt verbraucht.

Alkoholkonsum

Ein gesteigerter Alkoholkonsum führt zu einem erhöhten Bedarf an vielen Mikronährstoffen. Besonders Mineralstoffe sind durch die erhöhte Ausscheidung davon betroffen, aber auch viele Antioxidanzien, B-Vitamine und andere.

Körperliche Aktivität

Hohe körperliche Belastungen durch Sport oder einen körperlich anstrengenden Beruf erhöhen den Bedarf an bestimmten Nährstoffen. Eine Ursache dafür ist vermehrtes Schwitzen: Dabei gehen wertvolle Mineralstoffe verloren.

Ausdauersportler zeigen einen erhöhten Bedarf an Eisen und Magnesium, während Kraftsportler von einer vermehrten Zufuhr an Eiweiß profitieren.

Genetische Faktoren

Auch die Gene haben Einfluss auf den Bedarf. So hat etwa die Hälfte der Deutschen eine genetische Veränderung, durch die Folate (Folsäure) aus der Nahrung schlechter verwertet werden. Der Bedarf an Folsäure steigt, je stärker diese genetische Veränderung ausgeprägt ist.

Zusammenfassung

Der Bedarf an Mikronährstoffen ist von Person zu Person unterschiedlich. Er kann unter anderem durch den Lebensstil, das Alter, die Gene, Krankheiten und Medikamente erhöht sein. Normale Zufuhrempfehlungen, die den Bedarf sicherstellen sollen, gelten nur für Gesunde, deren Bedarf nicht außerordentlich gesteigert ist. Um sicherzustellen, ob der persönliche Bedarf an Nährstoffen erhöht ist, kann ein Arztbesuch sinnvoll sein.

Literatur

Vaisman N. et al. (2008): Correlation between changes in blood fatty acid composition and visual sustained attention performance in children with inattention: effect of dietary n-3 fatty acids containing phospholipids. Am J Clin Nutr. 2008 May; 87(5): 1170-80.

Niklowitz, P. et al. (2016): Coenzyme Q10 serum concentration and redox status in European adults: influence of age, sex, and lipoprotein concentration. J Clin Biochem Nutr. 2016 May; 58(3): 240–245. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4865593/