L-Carnitin ist für die Energiegewinnung in den Körperzellen unverzichtbar. Als Antioxidans schützt der hauptsächlich in Fleisch vorkommende Stoff zudem vor oxidativem Stress und vor dadurch ausgelösten Schäden. L-Carnitin wird im Rahmen der Mikronährstoffmedizin meist zur Förderung der Fruchtbarkeit, bei Leistungssport sowie bei verschiedenen Erkrankungen wie Diabetes eingesetzt. Lesen Sie hier, bei welchen weiteren Krankheiten L-Carnitin angewendet wird und was es bei der Einnahme zu beachten gibt.
Eigenschaften und Vorkommen in Lebensmitteln
Eigenschaften von L-Carnitin
L-Carnitin ist ein vitaminähnlicher Stoff und besteht aus den beiden Eiweißbausteinen (Aminosäuren) Lysin und Methionin. Im Gegensatz zu Vitaminen kann L-Carnitin vom Körper selbst gebildet werden und muss nicht zwangsläufig mit der Ernährung zugeführt werden.
Für die Herstellung von L-Carnitin werden neben den Grundbausteinen Lysin und Methionin auch Vitamin C, Niacin (Vitamin B3), Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure sowie Eisen und Magnesium benötigt. Ein Mangel an diesen Mikronährstoffen schränkt die Produktion von L-Carnitin ein.
Streng genommen gibt es auch D-Carnitin. D-Carnitin hat für den Menschen allerdings keine Bedeutung und ist biologisch wirkungslos. Wenn von „Carnitin“ gesprochen wird, ist immer L-Carnitin gemeint.
In welchen Lebensmitteln steckt viel L-Carnitin?
L-Carnitin ist sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln zu finden. Allerdings ist der L-Carnitin-Gehalt in tierischen Lebensmitteln wesentlich höher als in pflanzlichen Nahrungsmitteln. Gute Quellen sind zum Beispiel Ziegen- oder Lammfleisch.
Dadurch nehmen Vegetarier in der Regel deutlich weniger L-Carnitin auf als Mischköstler. Die durchschnittliche tägliche Aufnahmemenge kann sich bis zum 16-Fachen unterscheiden: Vegetarier nehmen durchschnittlich 2 Milligramm L-Carnitin auf; Mischköstler dagegen 32 Milligramm.
Die besten 5 Carnitin-Lieferanten: | Milligramm (mg) pro 100 Kilokalorien (kcal) | Milligramm pro 100 Gramm (g) |
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Ziegenkeule | 400 | 221 |
Hirschkalbsteak | 189 | 193 |
Lammkeule | 148 | 190 |
Rehkeule | 169 | 164 |
Lammfilet | 299 | 161 |
Bedarf und Funktionen im Körper
Täglicher Bedarf von L-Carnitin
Aufgrund der körpereigenen Herstellung von L-Carnitin ist es schwierig, den genauen Bedarf zu bestimmen. Schätzungsweise liegt der Tagesbedarf bei 50 bis 300 Milligramm L-Carnitin.
Auch wenn L-Carnitin selbst gebildet werden kann, ist es wichtig, ausreichend L-Carnitin mit der Nahrung aufzunehmen. In der Vergangenheit wurden Unterversorgungen und Mangelzustände beobachtet. Dies gilt vor allem für Risikogruppen, die zum Beispiel durch bestimmte Krankheiten einen gesteigerten Bedarf aufweisen.
L-Carnitin: Aufnahme und Verteilung im Körper
L-Carnitin wird im Dünndarm aufgenommen. Der Anteil, den der Körper aus der Nahrung aufnehmen kann, schwankt stark und liegt zwischen 16 und 87 Prozent. L-Carnitin gelangt über spezielle Transportsysteme erst in die Leber und dann über das Blut hauptsächlich in das Herz, in die Skelettmuskulatur, die Nieren und bei Männern auch in die Nebenhoden. In diesen Organen wird L-Carnitin auch gespeichert. Die Ausscheidung erfolgt im Wesentlichen über die Nieren.
Der Körper kann immer nur einen bestimmten Teil auf einmal aufnehmen. Der Rest bleibt im Darm und wird je nach Zusammensetzung der Darmflora zu anderen Produkten umgebaut, die nicht immer harmlos sind (zum Beispiel Trimethylamin-N-oxid). Deshalb sollte eine einzelne Zufuhrmenge nicht über 2.000 Milligramm L-Carnitin liegen.
Funktionen von L-Carnitin im Körper
L-Carnitin wird für die Energiegewinnung aus Fett benötigt. Die Bestandteile des Nahrungsfetts, die Fettsäuren, können nur in die Kraftwerke der Zellen (Mitochondrien) transportiert werden, wenn sie an L-Carnitin gebunden sind. L-Carnitin ist daher ein Transportstoff für Fettsäuren – insbesondere für langkettige Fettsäuren.
Expertenwissen
Ist L-Carnitin mit langkettigen Fettsäuren beladen, wird es sozusagen „aktiv“ und als Acylcarnitin bezeichnet. Es trägt dann einen „angehängten Acyl-Rest“, der in die Mitochondrien geschleust wird. Dort werden die „Acyl-Anhänge“ (Fettsäuren) zur Energiegewinnung genutzt.
Gleichzeitig transportiert L-Carnitin bestimmte Stoffwechselprodukte aus den Mitochondrien, damit sie sich dort nicht anreichern und Schäden hervorrufen. L-Carnitin trägt somit zur Entgiftung bei.
Darüber hinaus ist L-Carnitin an der Energiegewinnung aus anderen Stoffen beteiligt, etwa aus bestimmten Eiweißbausteinen (verzweigtkettigen Aminosäuren). Auch wirkt L-Carnitin als Antioxidans und schützt den Körper vor Schäden durch freie Radikale (oxidativen Stress).
Mangel erkennen und beheben
Gibt es Beschwerden bei einem L-Carnitin-Mangel?
Obwohl der Körper L-Carnitin selbst herstellen kann und es über die Nahrung zugeführt wird, hat man in der Vergangenheit Mangelerscheinungen festgestellt. So kann ein L-Carnitin-Mangel angeboren sein oder im Laufe des Lebens erworben werden. Bei einem angeborenen L-Carnitin-Mangel liegt oft ein Fehler im Stoffwechsel vor.
Symptome eines L-Carnitin-Mangels sind:
- rasche Ermüdung, Erschöpfung und ausgeprägte Schläfrigkeit (Lethargie)
- Muskelerkrankungen, Muskelkrämpfe, Herz- und Muskelschwäche
- Hirnfunktionsstörungen, welche die Wahrnehmung und das Denken beeinträchtigen
- Vergrößerung der Leber und Fettleber (durch gestörte Fettverwertung und Fetteinlagerung)
- Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei Kindern
- Unterzuckerungen
- niedriger Blutdruck
- gesteigerte Infektanfälligkeit
Forscher vermuten, dass verschiedene krankhafte Mechanismen durch eine chronische Unterversorgung mit L-Carnitin ausgelöst werden und für das Auftreten der Beschwerden verantwortlich sind. Sehr wahrscheinlich sammeln sich Fette (Triglyceride) in der Skelett- und Herzmuskulatur sowie in der Leber an, wenn sie nicht zur Energiegewinnung genutzt werden können. Es kommt zu einer Zerstörung von Muskelfasern.
Risikogruppen für einen L-Carnitin-Mangel
Frühgeborene haben einen erhöhten L-Carnitin-Bedarf und damit ein Risiko für einen Mangel: Bei ihnen ist die körpereigene Bildung noch ungenügend. Auch andere Personengruppen können besonders anfällig für eine Unterversorgung mit L-Carnitin sein. Dazu gehören Personen mit:
- chronischen Nierenerkrankungen, insbesondere Dialyse-Patienten
- Magen-Darm-Operationen
- schweren Infektionen wie HIV oder Diphtherie
- Lebererkrankungen
- Krebs
- Unterzuckerungen und Diabetes
- Alzheimer
- Herzschwäche und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- chronischer Müdigkeit
- Unfruchtbarkeit (besonders Männer)
- Muskelerkrankungen
- Magersucht und Unterernährung
- vegetarischer und veganer Ernährungsweise
- starker körperlicher Belastung, zum Beispiel Leistungssportler
Wie kann man auf einen L-Carnitin-Mangel testen?
Die Bestimmung von L-Carnitin im Blut lässt nur bedingt auf eine Unterversorgung schließen, da die Konzentration in den Geweben bis zu 200-fach höher ist als im Blut. Falls die Konzentration von freiem L-Carnitin im Blutserum unter 35 Mikromol pro Liter (Mann) oder unter 30 Mikromol pro Liter (Frau) liegt, deutet dies aber auf eine Unterversorgung mit L-Carnitin hin. Das Blutserum ist die Flüssigkeit des Blutes ohne die Blutzellen.
Freies L-Carnitin im Blutserum in Mikromol pro Liter (µmol/l) | |
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Mangel (Mann) | unter 35 |
Mangel (Frau) | unter 30 |
L-Carnitin-Mangel beheben
Die Dosierung von L-Carnitin bei einem Mangel richtet sich hauptsächlich nach den Beschwerden sowie nach dem jeweiligen Krankheitsbild. Meist empfehlen Mikronährstoff-Mediziner eine Gesamtdosis pro Tag von 1.000 bis 6.000 Milligramm L-Carnitin – aufgeteilt auf ein- bis dreimal täglich, sodass eine einzelne Dosierung zwischen 1.000 und 2.000 Milligramm L-Carnitin liegt.
Dosierungsempfehlung von L-Carnitin pro Tag bei einem Mangel | |
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L-Carnitin-Mangel | 1.000 bis 6.000 Milligramm (mg) |
Einsatz bei Krankheiten
Mitochondriopathien: Fettverbrennung braucht L-Carnitin
Bei einer Mitochondriopathie ist der Energiestoffwechsel durch geschädigte Mitochondrien gestört. Forscher vermuten, dass eine Ergänzung von L-Carnitin einige Formen von Mitochondriopathien bessern kann.
L-Carnitin könnte die Behandlung unterstützen, indem es Fettsäuren zur Energiegewinnung in die Mitochondrien transportiert. Es trägt aber auch zur Entgiftung der Mitochondrien bei, indem es Stoffwechselzwischenprodukte abtransportiert. Bei einer unzureichenden Versorgung mit L-Carnitin sammeln sich giftige Stoffwechselzwischenprodukte in der Zelle an und es kommt zur Störung des Energiestoffwechsels. Zur Wirksamkeit von L-Carnitin bei Mitochondriopathien gibt es erste Hinweise. Hochwertige Studien mit einer großen Teilnehmerzahl müssen die ersten positiven Ergebnisse jedoch noch bestätigen.
Mikronährstoff-Mediziner raten bei Mitochondriopathien, zwischen 2.000 und 4.000 Milligramm L-Carnitin täglich einzunehmen – aufgeteilt auf zum Beispiel dreimal täglich 1.000 Milligramm.
Blutfettwerte wieder ins Lot bringen mit L-Carnitin
Hohe Blutfettwerte wie Triglyceride und Cholesterin sind ein Risikofaktor für zahlreiche Erkrankungen, zum Beispiel für Arteriosklerose und Herzinfarkt. L-Carnitin scheint die Triglycerid- und Cholesterinspiegel zu regulieren. In Vorstudien an Patienten mit erhöhten Triglycerid- und Cholesterinwerten, Bluthochdruck und/oder Herzerkrankungen normalisierten sich durch die Einnahme von L-Carnitin die Triglycerid- und Cholesterinwerte wieder.
Auch bei Diabetes übt L-Carnitin höchstwahrscheinlich positive Effekte auf den Fettstoffwechsel aus: Im Versuch mit an Diabetes leidenden Tieren brachte zugeführtes L-Carnitin Triglycerid- und Cholesterinspiegel wieder ins Gleichgewicht.
Übersichtsarbeiten über mehrere Studien zeigen dagegen unterschiedliche Ergebnisse: In einigen Studien war L-Carnitin wirksam, in anderen nicht. Zukünftig sind weitere Studien notwendig, um herauszufinden, ob und wem die Behandlung mit L-Carnitin hilft.
L-Carnitin werden auch antioxidative Eigenschaften zugeschrieben: Daher wirkt es gefäßschützend und kann oxidiertes LDL-Cholesterin verringern. Oxidiertes LDL-Cholesterin verursacht Ablagerungen in Blutgefäßen. Passiert dies in den Herzkranzgefäßen, kann das zu einem Herzinfarkt führen. Mikronährstoff-Mediziner raten bei erhöhten Blutfettwerten zu einer Dosierung von 2.000 bis 3.000 Milligramm pro Tag.
L-Carnitin für die Fettverbrennung bei Ausdauersportlern
Ausdauersportler weisen einen erhöhten Bedarf an L-Carnitin auf, da sie sehr viel Energie bereitstellen müssen. Der erhöhte Bedarf resultiert aus einer gesteigerten Carnitin-Ausscheidung und aus einer erhöhten Fettverbrennung durch die starke körperliche Belastung: Ausdauersportler gewinnen einen Großteil der Energie aus der Fettverbrennung. Besonders in der Skelett- und Herzmuskulatur sind hohe L-Carnitin-Konzentrationen notwendig, um aus Fett ausreichend Energie zu gewinnen. Die körperliche Leistungsfähigkeit kann bei einem geringen L-Carnitinspiegel deshalb vermindert sein.
Viele Forscher untersuchten die Wirkung von L-Carnitin bei Sportlern. Dabei wurden folgende Effekte festgestellt:
- gesteigerter Protein- und Muskelaufbau
- verbesserte Ausdauer und Leistungsfähigkeit, zum Beispiel erhöhte Laufgeschwindigkeit
- erhöhte Fettverbrennung
- verbesserte Durchblutung
- verbesserte Regeneration, weniger Muskelschäden und Muskelschmerzen
- schnellere Reaktion des Muskels
- weniger oxidativer Stress
- geringere Herzfrequenz
Mikronährstoff-Mediziner empfehlen bei Ausdauer- und Leistungssport, L-Carnitin in einer Dosierung von 1.000 bis 2.000 Milligramm im Training einzunehmen. In Wettkampfsituationen liegen die empfohlenen Dosierungen zwischen 2.000 und 4.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag.
L-Carnitin kann Stoffwechselstörungen bei Diabetes entgegensteuern
Bei Diabetes ist der Zucker- und Insulinstoffwechsel aus dem Gleichgewicht geraten. Es wird vermutet, dass L-Carnitin einen Einfluss auf den Zucker- und Insulinstoffwechsel ausübt. Dafür scheinen folgende Mechanismen verantwortlich zu sein:
- erhöhte Umwandlung von langkettigen Fettsäuren in Energie, ohne die es zu einer Ansammlung von Fettsäuren kommen würde, die wiederum dazu beiträgt, dass Insulin ungenügend wirkt
- Regulation der Bildung und Aktivität von Enzymen, die wichtig für den Zuckerstoffwechsel sind
- Beeinflussung der Gene des Insulinstoffwechsels
Verschiedene Untersuchungen an Menschen und Tieren haben gezeigt, dass eine zusätzliche L-Carnitin-Einnahme die Blutfettwerte und die antioxidative Abwehr bei Diabetes verbessert. In einer ersten Studie senkte L-Carnitin zum Beispiel den HbA1c-Wert im Vergleich zu einem Scheinmedikament.Der HbA1c-Wert zeigt die Blutzuckerwerte der vergangenen zwei bis drei Monate an. Jedoch konnte nicht in allen Studien ein Effekt von L-Carnitin auf die Zuckerverwertung bei Diabetes festgestellt werden.
Auch bei Diabetes-Folgeerkrankungen könnte die Einnahme von L-Carnitin helfen – insbesondere in Form von Acetyl- oder Propionyl-L-Carnitin: So verbesserten sich die durch Diabetes ausgelösten Nervenschädigungen (Neuropathie), Schmerzen sowie Erkrankungen der Blutgefäße. Auch ein vermindertes Empfindungsvermögen konnte verbessert werden. Dies zeigte sich sowohl in vorläufigen als auch in hochwertigen Studien.
Info
Tierstudien zeigen, dass Acetyl-L-Carnitin die Entstehung der bei Diabetes häufig auftretenden Trübung der Augenlinse (grauer Star) verhindern oder reduzieren kann: Acetyl-L-Carnitin senkt wahrscheinlich die Bildung von speziellen Zucker-Verbindungen (Advanced Glycation Endproducts, AGEs), die eine Rolle bei der Entstehung der Linsentrübung spielen. Zukünftig sind aber noch Studien am Menschen notwendig, um dies zu bestätigen.
Mikronährstoff-Experten empfehlen bei Diabetes 1.000 bis 3.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag. Insbesondere zur Vermeidung von Nervenschädigungen empfiehlt sich die Form Acetyl-L-Carnitin. Der Arzt sollte gleichzeitig den Krankheitsverlauf sowie die Insulinempfindlichkeit überwachen.
L-Carnitin: Schutz des Herz-Kreislauf-Systems
Das Herz ist auf Energie aus der Verbrennung von Fett angewiesen: Etwa 60 bis 70 Prozent der Energie stammen aus Fetten. Daher steht eine optimale L-Carnitin-Versorgung im Zusammenhang mit einer gesunden Herzfunktion und mit der Entstehung von Herzerkrankungen.
Beispielsweise verbesserte L-Carnitin die Energiebereitstellung im Herzmuskel und steigerte die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels bei chronischer Herzschwäche. Zudem linderte L-Carnitin die Beschwerden und senkte ein bestimmtes Hormon (Brain Natriuretic Peptide, BNP), das bei einer Herzschwäche erhöht ist und zur Kontrolle des Krankheitsverlaufs dient. Dies zeigt eine Auswertung von 17 Studien mit über 1.600 Teilnehmern. Ein Einfluss auf die Überlebensrate von Herzschwäche-Patienten konnte für L-Carnitin im Vergleich zu Scheinmedikamenten jedoch nicht festgestellt werden.
Auch bei Brustenge (Angina pectoris) war L-Carnitin wirksam. Angina pectoris ist das häufigste Anzeichen für eine Erkrankung der Herzkranzgefäße. In mehreren hochwertigen und vorläufigen Studien verbesserte die tägliche Einnahme von 900 bis 3.000 Milligramm L-Carnitin die körperliche Leistungsfähigkeit und die Beschwerden der Studienteilnehmer. Die Forscher vermuten anhand dieser Ergebnisse, dass die Einnahme von L-Carnitin sogar ein Fünftel der Patienten vollkommen von Angina pectoris befreien könnte. Umso länger L-Carnitin eingenommen wurde, desto stärker waren die positiven Wirkungen.
Weitere positive Effekte von L-Carnitin wurden in hochwertigen und vorläufigen Studien bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen beobachtet:
- Verbesserung der Durchblutungsstörungen in den Beinen („Schaufensterkrankheit“) und der Fähigkeit, eine größere Laufstrecke zurückzulegen
- gesteigerte Überlebensrate bei Herzinfarkt-Patienten
- Vorbeugung von Herzrhythmusstörungen
Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten daher auf eine ausreichende Zufuhr von L-Carnitin achten. In der Mikronährstoffmedizin wird bei Herzschwäche eine Dosierung von 1.000 bis 6.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag empfohlen – verteilt auf mehrere Mahlzeiten, zum Beispiel zweimal 1.000 Milligramm. Bei Patienten mit Angina pectoris und Erkrankungen der Herzkranzgefäße sind täglich 900 bis 3.000 Milligramm L-Carnitin ratsam. Nach einem Herzinfarkt empfehlen Mikronährstoff-Experten die Einnahme von 2.000 bis 6.000 Milligramm L-Carnitin. Ein Arzt sollte die Entwicklung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen überwachen.
Fruchtbarkeit: Carnitin fördert die Entwicklung und Beweglichkeit von Spermien
Die Entwicklung und Reifung von Spermien benötigt Energie. Für die Energiegewinnung aus Fett ist L-Carnitin unerlässlich. Es ist bekannt, dass ein geringer L-Carnitin-Gehalt der Samenflüssigkeit mit einer minderwertigen Spermienqualität einhergeht. Vermutlich schützt L-Carnitin durch seine antioxidativen Eigenschaften die Spermienzellen vor oxidativen Zellschäden.
Eine Übersichtsarbeit, in der Forscher verschiedene Studien auswerteten, zeigt, dass die Einnahme von L-Carnitin bei Männern mit verminderter Spermienqualität die Beweglichkeit von Spermien erhöhte, die Anzahl an fehlgebildeten Spermien reduzierte und dadurch die Schwangerschaftsrate steigerte. Die Einnahme von L-Carnitin kombiniert mit Acetyl-L-Carnitin erwies sich in zwei hochwertigen Studien als besonders wirksam.
Um die Spermienreifung und -beweglichkeit zu verbessern, empfehlen Mikronährstoff-Experten zwischen 1.500 und 3.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag. Die Menge sollte über den Tag verteilt eingenommen werden – zum Beispiel dreimal 500 Milligramm.
Ist L-Carnitin bei chronischer Erschöpfung wirksam?
Ein Mangel an L-Carnitin wird in Zusammenhang mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom gebracht: In einer Vorstudie mit 35 Betroffenen zeigten diejenigen mit höheren L-Carnitin-Werten im Blut weniger Funktionseinschränkungen der Mitochondrien als diejenigen mit niedrigeren Werten. Da Mitochondrien für die Energieproduktion verantwortlich sind, könnten solche Funktionsstörungen zum chronischen Erschöpfungssyndrom beitragen. In einer anderen kleinen Beobachtungsstudie konnte allerdings kein Zusammenhang festgestellt werden.
In einer vorläufigen Studie verglichen Forscher die Wirksamkeit des Medikamentenwirkstoffs Amantadin und L-Carnitin bei Patienten mit chronischem Erschöpfungssyndrom. Nach zweiwöchiger Einnahme stellten die Forscher fest, dass L-Carnitin deutlich verträglicher und gleichzeitig wirksamer war als Amantadin. Amantadin wird üblicherweise bei der Nervenerkrankung Parkinson eingesetzt. Die größten Verbesserungen durch L-Carnitin traten zwischen der vierten und achten Studienwoche auf.
In Zukunft sind hochwertige Studien notwendig, um die Wirkungen von L-Carnitin beim chronischen Erschöpfungssyndrom zu bestätigen. Aufgrund erster positiver Ergebnisse empfehlen Mikronährstoff-Experten die Einnahme von 2.000 Milligramm L-Carnitin am Tag.
Hilft L-Carnitin bei Leberkrankungen?
L-Carnitin verhindert, dass sich giftige Verbindungen in den Zellen anreichern. Einzelne kleine Vorstudien legen nahe, dass die Einnahme von 900 bis 1.200 Milligramm L-Carnitin bei einer Fettleber und einer Vernarbung der Leber (Leberzirrhose) zu einer Verbesserung der Leberwerte sowie zu einer Verminderung des Schweregrades führen kann. Auch können sich Beschwerden wie Muskelkrämpfe verbessern.
Bei Patienten mit einer leberbedingten Beeinträchtigung der Hirnleistung scheint die Gabe von L-Carnitin außerdem den Ammoniakspiegel zu senken und die Hirnfunktionen zu verbessern. Bei einer leberbedingten Hirnleistungsstörung reichert sich Ammoniak im Körper an. Ammoniak muss durch die Leber entgiftet werden, was jedoch bei einer Schädigung der Leber nicht mehr funktioniert.
Insgesamt ist der Nutzen von L-Carnitin bei Leberkrankungen allerdings noch wenig untersucht. Auf der Grundlage der bisher durchgeführten Untersuchungen empfehlen Mikronährstoff-Mediziner 1.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag. Die Einnahme sollte mit einem Arzt abgesprochen werden.
L-Carnitin und Multiple Sklerose
Bei Multipler Sklerose (MS) schädigt eine chronische Entzündung die Nervenzellen im Gehirn und im Rückenmark. Mit der Zeit verlieren sie ihre Funktion, was unter anderem zu Lähmungserscheinungen führt. Oft kommt eine chronische Erschöpfung hinzu.
Ob die Einnahme von L-Carnitin diese Erschöpfungsbeschwerden lindern kann, ist bisher nicht ganz klar – so das Ergebnis einer Übersichtsarbeit mehrerer Studien. Häufig weisen MS-Patienten jedoch geringe L-Carnitinspiegel im Blut auf. Forscher gehen deshalb davon aus, dass ein Zusammenhang zur chronischen Erschöpfung besteht.
Bisher zeigen mehrere Vorstudien und eine kleine hochwertige Studie, dass sich die chronische Müdigkeit durch die Einnahme von L-Carnitin oder Acetyl-Carnitin lindern lässt. Forscher stellten fest, dass L-Carnitin genauso oder sogar wirksamer war als der Wirkstoff Amantadin. Amantadin dient eigentlich zur Behandlung von Parkinson, wird aber auch bei chronischer Erschöpfung von MS-Patienten eingesetzt. In anderen, teils hochwertigen Studien waren die beiden Carnitin-Verbindungen jedoch nicht wirksam. In den durchgeführten Studien wurde L-Carnitin als Tablette, Kapsel oder Infusion eingesetzt. Bei L-Carnitin in Form von Kapseln empfiehlt sich eine Dosierung von 2.000 Milligramm pro Tag.
Dosierungsempfehlungen auf einen Blick
Dosierungsempfehlung von L-Carnitin pro Tag in Milligramm (mg) | |
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Mitochondriopathien | 2.000 bis 4.000 |
Erhöhte Cholesterin- und Triglycerid-Werte | 2.000 bis 3.000 |
Sportler | 1.000 bis 2.000 im Training 2.000 bis 4.000 zum Wettkampf |
Diabetes | 1.000 bis 3.000 (als Acetyl-L-Carnitin) |
Herz-Kreislauf-Erkrankungen | 1.000 bis 6.000 |
Verbesserte Spermienreifung und -beweglichkeit | 1.500 bis 3.000 |
Chronisches Erschöpfungssyndrom | 2.000 |
Lebererkrankungen | 1.000 |
Multiple Sklerose | 2.000 |
Einsatz bei Medikamenten
L-Carnitin senkt Nebenwirkungen von Krebsmedikamenten
Während einer Chemotherapie mit Platinderivaten (zum Beispiel Cisplatin wie PlatiCept®) ist die Ausscheidung von freiem L-Carnitin und Acetyl-L-Carnitin erhöht. Forscher vermuten deshalb, dass Patienten mit einer ungenügenden Carnitin-Zufuhr einen Mangel entwickeln können, wenn sie eine Chemotherapie mit Platinderivaten bekommen. Ein L-Carnitin-Mangel kann den Allgemeinzustand und die körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Es gibt Hinweise aus Tierexperimenten und Vorstudien, dass eine ausreichende L-Carnitin-Versorgung vor Nebenwirkungen der Krebsmittel schützen kann. Dazu zählen chronische Erschöpfung sowie Nerven- und Nierenschäden. Um dies zu bestätigen und das Langzeitüberleben der Patienten zu untersuchen, müssen noch weitere Studien durchgeführt werden.
Auch bei einer Chemotherapie mit Anthrazyklinen (zum Beispiel Mitoxantron wie Novantron®, Onkotrone®) könnte L-Carnitin helfen, Nebenwirkungen wie Herzschäden oder Müdigkeit zu lindern. Dies legen Vorstudien nahe. Um gesicherte Aussagen treffen zu können, sind jedoch noch weitere hochwertige Studien notwendig.
Zur Besserung von Müdigkeit, ausgelöst durch Platinderivate, liegt die Dosierung bei 1.500 bis 6.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag. Um das Herz vor einer Schädigung durch Anthrazykline zu schützen, können versuchsweise täglich 3.000 bis 6.000 Milligramm L-Carnitin eingenommen werden.
Die Einnahme von L-Carnitin bei Krebs sollte immer mit dem Arzt abgesprochen werden. Bei bestimmten Krebsformen sollte L-Carnitin nicht eingesetzt werden.
Hepatitis: L-Carnitin gegen Mangelerscheinungen bei Adefovir-Einnahme
Das Anti-Hepatitis-Mittel Adefovir erhöht die Ausscheidung von L-Carnitin über die Nieren. Hinzu kommen Nierenschäden, die durch Adefovir ausgelöst werden und den Carnitin-Verlust verstärken.
Kinder mit chronischer Hepatitis B wiesen in einer Beobachtungsstudie niedrigere Carnitinspiegel auf als gesunde Kinder. Je stärker der Mangel, desto schlimmer war auch eine Schädigung der Leber durch Hepatitis. Eine zusätzliche Einnahme von Carnitin zu Adefovir scheint daher ratsam. Größere hochwertige Studien müssen die Wirksamkeit jedoch noch bestätigen. Vor allem bei Patienten, die durch die Hepatitis bereits eine Leberzirrhose haben, scheint zusätzlich eingenommenes L-Carnitin den Energiestoffwechsel anzukurbeln.
Bei Langzeittherapie mit Adefovir sollte der Mangel an L-Carnitin ausgeglichen werden: Eine zusätzliche Einnahme von 500 bis 2.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag ist empfehlenswert.
Herzrhythmusstörungen: L-Carnitin gegen Amiodaron-Nebenwirkungen
Zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen wird der Medikamentenwirkstoff Amiodaron (Cordarex®, Amiohexal® und Amiogamma®) eingesetzt. In einem Laborversuch hat Amiodaron die Mitochondrien geschädigt und zu einem Absterben von Lungenzellen geführt. Amiodaron kann unter anderem die Lunge schädigen. Gaben die Forscher in diesem Laborversuch L-Carnitin oder L-Acetyl-Carnitin hinzu, traten die giftigen Effekte von Amiodaron nicht mehr auf.
Studien am Menschen zur Kombination von Amiodaron und L-Carnitin gibt es allerdings noch nicht. Es wird aber vermutet, dass L-Carnitin die Mitochondrien schützt. Mikronährstoff-Mediziner empfehlen deshalb eine Dosierung von 200 bis 500 Milligramm L-Carnitin bei einer Amiodaron-Einnahme.
Epilepsie: L-Carnitin beugt bei Valproinsäure-Einnahme Leberschäden vor
Der bei Epilepsie eingesetzte Wirkstoff Valproinsäure (Ergenyl®, Orfiril®) verringert die Carnitin-Werte, da er vermutlich die Carnitin-Ausscheidung erhöht. Ein Mangel an Carnitin führt wiederum zu hohen Ammoniumwerten. Ammonium wird normalerweise über die Leber abgebaut. Reichert sich Ammonium jedoch im Körper an, führt dies zu Organschäden wie Leberschäden.
Epilepsie-Patienten mit Leberschäden und einem erhöhten Risiko für Leberschäden durch Valproinsäure müssen daher besonders auf eine ausreichende Carnitinversorgung achten. Fallberichte geben Hinweise, dass eine Gabe von L-Carnitin über die Vene die Einnahme von Valproinsäure unterstützen kann: L-Carnitin verbessert die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Leberschäden. Ob auch Carnitin über Tabletten oder Kapseln diesen Effekt zeigt, müssen weitere Studien untersuchen. Die Einnahme ist aber einen Versuch wert: Einige Patienten berichten von einem besseren Wohlbefinden, wenn Valproinsäure zusammen mit L-Carnitin eingenommen wird.
Eine Dosierung von 25 bis 100 Milligramm L-Carnitin pro Kilogramm Körpergewicht ist für Kinder sinnvoll (maximal 2.000 Milligramm pro Tag). Für Erwachsene eignet sich eine Dosierung von 500 bis 3.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag.
Dosierungsempfehlungen auf einen Blick
Dosierungsempfehlung von L-Carnitin pro Tag in Milligramm (mg) | |
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Platinderivate | 1.500 bis 6.000 |
Anthrazykline | 3.000 bis 6.000 |
Adefovir | 500 bis 2.000 |
Amiodaron | 200 bis 500 |
Valproinsäure | 500 bis 3.000 |
Einnahmeempfehlung
Wann und wie sollte L-Carnitin eingenommen werden?
Im Normalfall sind die körpereigene Bildung von L-Carnitin und die Zufuhr über die Ernährung ausreichend. Bei Beschwerden wie Müdigkeit, bestimmten Erkrankungen oder bei einem Risiko für einen Mangel empfehlen Mikronährstoff-Experten die Ergänzung von L-Carnitin. L-Carnitin gibt es in Form von Kapseln, Tabletten, als Pulver oder als Infusion, die der Arzt direkt in die Vene geben kann.
Die Einnahme der Gesamtdosis von L-Carnitin sollte über den Tag verteilt werden. Eine einzelne Dosis von mehr als 2.000 Milligramm L-Carnitin kann der Darm nicht mehr optimal aufnehmen. Bakterien im Darm könnten nicht aufgenommenes L-Carnitin dann zu ungesunden Stoffwechselprodukten abbauen – darunter TMAO (Trimethylamin-N-oxid).
Am besten sollte L-Carnitin zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden, da sich dadurch die Verträglichkeit für den Magen verbessert. Empfehlenswert sind Mahlzeiten mit Obst und Gemüse: Ballaststoffe und Pflanzenstoffe (Polyphenole) vermindern vermutlich die Bildung der ungesunden Stoffwechselprodukte.
Unterschiedliche Carnitin-Verbindungen
In Präparaten werden in der Regel unterschiedliche L-Carnitin-Verbindungen eingesetzt:
- ungebundenes L-Carnitin (Levocarnitin)
- Acetyl-L-Carnitin
- L-Carnitin-L-Tartrat
- L-Carnitin-Hydrochlorid
Während Acetyl-L-Carnitin hauptsächlich zur Stärkung der Nerven und der geistigen Leistungsfähigkeit eingesetzt wird, kommen die anderen Formen in den übrigen Bereichen zum Einsatz. L-Carnitin-L-Tartrat ist vor allem im Sport zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit bekannt.
Was machen gute L-Carnitin-Präparate aus?
Wer L-Carnitin in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen möchte, sollte beim Kauf darauf achten, dass es sich um ein reines Präparat mit L-Carnitin handelt ohne Zusatzstoffe wie Farb- und Aromastoffe oder technische Hilfsstoffe. Technische Hilfsstoffe setzen Produzenten meist zur besseren Abfüllbarkeit ein. Substanzen, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, sollten ebenfalls nicht in guten Präparaten zu finden sein.
Die Form L-Carnitin-Tartrat bietet gegenüber L-Carnitin als Hydrochlorid den Vorteil, dass es magenverträglicher ist. L-Carnitin-Tartrat wird im Magen-Darm-Trakt in L-Carnitin und L-Tartrat aufgespalten. Der Körper kann L-Carnitin-Tartrat genauso gut aufnehmen und nutzen wie ungebundenes L-Carnitin.
Überdosierung, Wechselwirkungen und Hinweise bei Erkrankung
Ist eine Überdosierung von L-Carnitin möglich?
L-Carnitin gilt in einer Dosierung zwischen 500 und 2.000 Milligramm als sehr sicherer und nebenwirkungsarmer Mikronährstoff. Manchmal empfehlen Mikronährstoff-Experten in Rücksprache und für einen festgelegten Zeitraum auch höhere Dosierungen, die in der Regel problemlos vertragen werden.
In einer Dosierung ab 3.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag können in seltenen Fällen Übelkeit, Erbrechen, Magen-Darm-Beschwerden wie leichte Krämpfe, Schluckauf oder Durchfall auftreten. Nach Absetzen von L-Carnitin verschwinden die Nebenwirkungen wieder.
Dauerhaft sollte eine Dosierung von 2.000 Milligramm L-Carnitin pro Tag nicht überschritten werden.
Kann L-Carnitin in der Schwangerschaft eingenommen werden?
L-Carnitin kann in der Schwangerschaft eingenommen werden (200 bis 1.000 Milligramm). Die Einnahme von L-Carnitin zeigte in späten Schwangerschaftsphasen positive Effekte. In der Schwangerschaft ist der Energiebedarf erhöht, weshalb L-Carnitin nützlich sein kann.
L-Carnitin: Wechselwirkungen mit Blutgerinnungshemmern
In sehr seltenen Fällen kann L-Carnitin die Wirkung von Blutgerinnungshemmern vom Cumarin-Typ (Vitamin-K-Antagonisten) verstärken. Zu diesen Medikamenten zählen Phenprocoumon (Marcuphen®, Falithrom®, Marcumar®), Ethylbiscoumacetat (Tromexan®) und Warfarin (Coumadin®). Deshalb sollte die Einnahme von L-Carnitin begleitend zu Blutgerinnungshemmern mit dem Arzt abgesprochen werden. Der Arzt kann gegebenenfalls die Blutgerinnungswerte kontrollieren und die Dosis von L-Carnitin oder der Medikamente anpassen.
Vorsicht bei Diabetesmedikamenten und L-Carnitin
L-Carnitin kann bei Diabetikern die Zuckerwerte verbessern. Wird L-Carnitin gleichzeitig mit blutzuckersenkenden Medikamenten eingenommen, besteht die Gefahr einer Unterzuckerung. Hierzu zählen unter anderem Metformin (Diabesin®, Siofor® und Glucophage®) und Sulfonylharnstoffe (Euglucon®, Semi-Euglucon® oder Maninil®). Eventuell muss die Dosierung der Medikamente angepasst werden. Eine regelmäßige Kontrolle des Blutzuckerspiegels und eine Absprache mit dem Arzt sind empfehlenswert.
Vorsicht bei hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes
In den letzten Jahren nahm die Erkenntnis zu, dass aus L-Carnitin möglicherweise Stoffwechselprodukte im Darm gebildet werden, die in größeren Mengen das Risiko für Arterienverkalkung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Zu diesen Substanzen gehört beispielsweise TMAO (Trimethylamin-N-oxid).
Vermutlich spielt die Zusammensetzung der Darmflora eine Rolle: Es gibt Hinweise aus vorläufigen Studien, dass ein hoher Ballaststoffverzehr die Bildung von TMAO reduziert, indem die Darmflora positiv beeinflusst wird.
Eine regelmäßige L-Carnitin-Einnahme sollte bei hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ärztlich begleitet werden. Zudem sollte eine einzelne Carnitin-Dosierung unter 2.000 Milligramm liegen, da der Darm immer nur einen bestimmten Teil auf einmal aufnehmen kann. Der Rest bleibt im Darm und könnte durch die Darmflora zu solchen Stoffwechselprodukten umgebaut werden.
Zudem könnte TMAO im Blut mit einer schlechten Empfindlichkeit für Insulin in Verbindung stehen. Bei Diabetes und Vorformen von Diabetes (metabolischem Syndrom) sollte daher der Arzt das Ansprechen auf Insulin überwachen. Wenn die Werte schlechter werden, sollte L-Carnitin wieder abgesetzt werden.
Bei Herzinfarkt: Carnitin nicht plötzlich absetzen
Wird Carnitin bei einem Herzinfarkt plötzlich abgesetzt, könnten sich dadurch die Schäden am Herzen verschlimmern. Dies legen Hinweise aus einem Tierversuch nahe. Bei einem Herzinfarkt sollte der Arzt über die Carnitin-Einnahme informiert werden.
Vorsicht bei Krebs
Bei Krebserkrankungen sollte die Einnahme von L-Carnitin mit dem Arzt abgesprochen werden. Bei bestimmten Krebsarten mit erhöhtem Fettstoffwechsel könnte L-Carnitin das Krebswachstum fördern. Dazu zählen zum Beispiel Blasen- und Prostatakrebs. Die Einnahme von L-Carnitin bei diesen Krebsarten ist nicht empfehlenswert.
Noch ist nicht klar, wie sich eine langfristige L-Carnitin-Zufuhr auf Darmkrebs auswirkt. Patienten mit Darmkrebs haben erhöhte Werte des möglicherweise schädlichen Stoffwechselprodukts TMAO. L-Carnitin könnte die TMAO-Werte weiter steigern.
L-Carnitin: Einnahmehinweise bei Nieren- und Lebererkrankungen
Menschen mit Funktionsstörungen der Niere (chronische Niereninsuffizienz) sollten die Einnahme von hoch dosierten L-Carnitin-Präparaten (über 1.000 Milligramm) mit dem Arzt absprechen, da die Langzeiteinnahme noch nicht ausreichend untersucht wurde.
Bei Lebererkrankungen könnte L-Carnitin die Leber über die Wirkung der schädlichen Stoffwechselprodukte (TMAO) zusätzlich belasten: Im Tierversuch bewirkte die direkte Gabe von TMAO Fetteinlagerungen in die Leber und verschlimmerte eine nichtalkoholische Fettleber. Wenn L-Carnitin bei Lebererkrankungen erwogen wird, sollte die Einnahme von einem Arzt begleitet werden.
Zusammenfassung
Der vitaminähnliche Stoff L-Carnitin ist für die Energiegewinnung aus Fettsäuren unverzichtbar. L-Carnitin kommt in hohen Konzentrationen in Organen vor, die viel Energie brauchen, wie Herz und Muskulatur. L-Carnitin kann der Körper selbst bilden; es kommt aber auch in Lebensmitteln vor: Der Gehalt in tierischen Produkten wie Fleisch ist besonders hoch.
In der Mikronährstoffmedizin kommt L-Carnitin bei Störungen der Mitochondrien zum Einsatz oder bei Diabetes mellitus sowie dessen Folgeerkrankungen, etwa bei Schäden an den Nerven (diabetische Neuropathie). Weitere Erkrankungen, bei denen L-Carnitin helfen kann, sind: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhte Blutfettwerte, Lebererkrankungen, Multiple Sklerose oder das chronische Erschöpfungssyndrom. Bekannt ist L-Carnitin auch im Ausdauersport zur Verbesserung der Leistung oder bei Kinderwunsch zur Verbesserung der Spermienqualität. Darüber hinaus können bestimmte Medikamente durch L-Carnitin unterstützt werden.
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